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"Scherz auf Kosten von Minderheiten"
Grüner Kreisvorstand rügt Boris Palmer
Boris Palmers Parteifreunde vor Ort gehen auf Distanz zu ihrem Oberbürgermeister. Ihre Forderung: Palmer müsse sich bei der LGBTI-Community entschuldigen.

Bereits seit 2007 regiert Boris Palmer die Universitätsstadt Tübingen – seine markigen Lästereien gegen Minderheiten stoßen allerdings vielen seiner Parteifreunde sauer auf (Bild: Martin Grohe)
- 18. Juli 2018, 15:30h 3 Min.
Der Tübinger Kreisvorstand der Grünen hat am Mittwoch eine Erklärung veröffentlicht, in der er den grünen Oberbürgermeister Boris Palmer scharf für LGBTI-feindliche Aussagen kritisiert. "Boris Palmers Sprache ist inakzeptabel", heißt es darin.
Konkret kritisiert der Vorstand einen Facebook-Scherz Palmers, in dem der 46-Jährige einen rosafarbigen Anstrich in seiner Stadt Tübingen als "LSBTTQI-Ankerzentrum" bezeichnete (queer.de berichtete). Die Aussage des OBs führte zu einer aggressiven Facebook-Debatte, in der auch homo- und transphobe Kommentare erschienen sind. Palmer wies Homophobie-Vorwürfe empört zurück und beklagte sich über eine "Empörungsmaschine" von "rechts wie links".
"Das Akronym 'Anker' steht für Ankunft, Entscheidung, Rückfuhr. In den von der CSU durchgesetzten Ankerzentren sollen Flüchtlinge, die keine Bleibeperspektive haben, 48 Stunden festgehalten und nach der Entscheidung abgeschoben werden", belehrt nun der grüne Vorstand den grünen Stadtvorsteher. "Auch wenn Boris Palmer in der Installation am Europaplatz scherzhaft ein 'sichtbares Zeichen für mehr Toleranz und Vielfalt' ausmacht, so vermittelt die Wortwahl das Gegenteil. Demnach haben Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und queere Menschen keine Bleibeperspektive in Tübingen."
Der grüne Oberbürgermeister nutze die Installation, "um einen Scherz auf Kosten von Minderheiten zu machen". "Dass es Palmer dabei keineswegs um ein 'Zeichen für Toleranz und Vielfalt' geht, zeigt sich an den teils deutlich feindseligen Kommentaren gegenüber LSBTTIQ, die er einfach unkommentiert stehen lässt", kritisieren die Parteifreunde.
"Wir fordern Palmer auf, sich bei der LSBTTIQ-Community zu entschuldigen"
Dabei seien die Grünen eine Partei, "die für die Menschenrechte aller Menschen" kämpfe und einer "engstirinigen Sichtweise" entschieden entgegen trete. Mit seinem Beitrag auf Facebook habe Palmer jedoch Menschen verletzt. "Wir fordern Boris Palmer deshalb auf, sich bei der LSBTTIQ-Community und allen Menschen und Organisationen, die sich unermüdlich für die Menschenrechte einsetzen, zu entschuldigen", so der Vorstand.
In der Erklärung kritisiert der grüne Vorstand auch den Palmer-Begriff "Menschenrechtsfundamentalismus", den er in Bezug auf die Seenot-Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer verwendet hatte. In Themenfeld der Ausländerpolitik hatte Palmer bereits mehrfach Parteifreunde brüskiert.
So hatte der OB Anfang Mai für innerparteiliche Empörung gesorgt, als er in einem Interview mit der "Südwestpresse" über einen dunkelhäutigen Radfahrer in Ulm sprach, der ihn angeblich beinahe überfahren habe. Damals sagte er: "Ich wette, dass es ein Asylbewerber war. So benimmt sich niemand, der hier aufgewachsen ist mit schwarzer Hautfarbe. Das wäre völlig missglückte Integration."
Als Reaktion veröffentlichten Kreisvorstand, Stadtvorstand und grüne Parlamentsabgeordnete eine gemeinsame Erklärung, in der sie sich von den "rassistischen Äußerungen" ihres Parteifreundes distanzierten. Später bedauerte Palmer seine Aussagen als "Kommunikationsdesaster". (dk)

Wie kann man auf der einen Seite glaubhaft Seehofer, Dobrindt & Co. attackieren, während man auf der anderen Seite in den eigenen Reihen einen AfD-Imitator duldet? Versteh ich nicht.