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Honduras
Katholische Seminaristen beklagen "homosexuelles Netzwerk"
In Honduras geht es in der katholischen Kirche drüber und drunter: Ein Weihbischof muss zurücktreten, weil er Priesterschüler betatscht haben soll. Gleichzeitig beklagen heterosexuelle Schüler "homosexuelle Netzwerke" am Priesteseminar.

Im satirischen Porno-Film "Penance" macht sich das Label Bulldog über die katholischen Kirche lustig (Bild: Bulldog)
- 27. Juli 2018, 15:17h 3 Min.
Die katholische Kirche in Honduras wird von Skandalen um sexuelle Übergriffe und ein angeblich "homosexuelles Netzwerk" in einem Seminar, also einer Priesterschule, erschüttert. So haben laut Berichten katholischer Nachrichtenagenturen 48 (von insgesamt 180) Seminaristen der Schule in der Hauptstadt Tegucigalpa einen Brief an die Bischöfe unterzeichnet, in dem von "unwiderlegbaren Beweise" für ein "Netzwerk" aus Homosexuellen im Seminar die Rede ist. Einer der Unterzeichner sagte gegenüber dem "National Catholic Register", die heterosexuellen Schüler am Seminar seien wegen dieser Vorgänge "sehr niedergeschlagen".
Wörtlich heißt es in dem Brief, dass es im Seminar "wegen sehr unmoralischen Situationen zu Spannungen kommt, insbesondere wegen aktiver Homosexualität". Diese "Epidemie" würde jedoch von der Seminarleitung vertuscht.
Homosexualität an Priesterseminaren ist kein neues Phänomen: 2004 sorgte ein Sexskandal in einer Schule im österreichischen St. Pölten für den Rücktritt von Bischof Kurt Krenn (queer.de berichtete). 2016 kritisierte der Dubliner Erzbischof, dass die schwule Dating-App Grindr unter Seminaristen einer abgelegenen Priesterschule sehr populär war (queer.de berichtete). In beiden Seminaren gab es auch Berichte über sexuelle Belästigungen, in Österreich wurde sogar Kinderpornografie auf Computern des Seminars entdeckt (queer.de berichtete).
Weihbischof nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung zurückgetreten
Auch in Honduras wird der Skandal um mutmaßlich schwule Seminaristen von Missbrauchsvorwürfen begleitet. Deswegen trat Juan José Pineda bereits vergangene Woche als Weihbischof von Tegucigalpa zurück. Zwei ehemalige Seminaristen hatten Pineda vorgeworfen, sie 2017 unsittlich im Intimbereich berührt zu haben. Der Weihbischof war damals Lehrer am Seminar von Tegucigalpa. Einer der angeblich missbrauchten Schüler sagte aus, dass er nach der Zurückweisung des Weihbischofs aus der Schule gemobbt worden sei.

Juan José Pineda musste seinen Job als Weihbischof wegen Sexvorwürfen nach 13 Amtsjahren abgeben
Der Skandal bringt den durch homophobe und antisemitische Sprüche bekannten Chef der honduranischen Bischofskonferenz, Óscar Kardinal Rodríguez Maradiaga, in Bedrängnis. Der Erzbischof von Tegucigalpa erklärte etwa 2016 in Münster, dass niemand als Homosexueller geboren werde, sondern durch schlechte Einflüsse wie Pornografie dazu gemacht werde (queer.de berichtete).
Außerdem versuchte der heute 75-Jährige in der Vergangenheit, den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche als jüdische Weltverschwörung darzustellen: Er warf Juden generell vor, die Berichte über Missbrauch in den Medien aufbauschen zu wollen, um vom israelisch-palästinensischen Konflikt abzulenken.

Christoph Müller-Girod / flickr) Óscar Kardinal Rodríguez Maradiaga macht gerne Stimmung gegen Homosexuelle und Juden (Bild:
Trotz dieser Äußerungen gilt Rodríguez Maradiaga als enger Vertrauter von Papst Franziskus: So ist er seit 2013 Mitglied des neunköpfigen Kardinalsrats, eines päpstlichen Beratergremiums zur Reform der Leitung der römisch-katholischen Kirche. Vergangenes Jahr wurde er vom Pontifex nach Korruptionsvorwürfen in Schutz genommen.
Erst im Mai hatte Papst Franziskus italienische Bischöfe davor gewarnt, homosexuelle Schüler an Priesterseminaren zuzulassen – der 81-Jährige setzt sich dafür ein, nur noch Heterosexuelle als Priesterschüler anzunehmen (queer.de berichtete). (dk)
