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Es geht nicht nur um Nicole Höchst
Die AfD hat in der Hirschfeld-Stiftung nichts zu suchen!
Die Rechtsaußenpartei diffamiert die Arbeit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld als "ideologischen Gesellschaftsumbau". Eine AfD-Vertretung im Kuratorium wäre absurd. Doch es gibt einen Ausweg.

Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld wurde nach dem Arzt, Sexualwissenschaftler und Mitbegründer der ersten Homosexuellen-Bewegung (1868-1935) benannt (Bild: Claire Merchlinksy)
31. Juli 2018, 15:53h 2 Min. Von
Über neun Monate nach seiner konstituierenden Sitzung hat der 19. Deutsche Bundestag noch immer keine neuen Mitglieder in das Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld gewählt. Es habe "Schwierigkeiten im Verfahren in Bezug auf die AfD" gegeben, hieß es dazu aus dem Büro des Grünen-Abgeordneten Sven Lehmann. Voraussichtlich erst im Herbst sei mit einer Wahl der Kuratoriumsvertreter zu rechnen.
Es ist zunächst sehr zu begrüßen, dass die demokratischen Parteien es der AfD nicht einfach durchgehen lassen, eine explizite Gegnerin von LGBTI-Rechten in das Kontrollgremium zu schicken. Zur Erinnerung: Bereits im Januar hatte die Rechtsaußenpartei ausgerechnet ihre Abgeordnete Nicole Höchst nominiert, die gegen eine angebliche "Frühsexualisierung" an Schulen kämpft, die die "Ehe für alle" als "Befriedigung von Kleinstinteressengruppen" ablehnt und behauptet, dass es unter homosexuellen Männern mehr Pädophile gibt (queer.de berichtete). Der absurde Vorschlag, den Bock zum Gärtner zu machen, hatte Anfang des Jahres ein breites Medienecho gefunden, was die Wahl sicherlich mitverzögert hat.
Es gibt keinen "besseren" AfD-Vertreter
Doch das Problem ist ja nicht Nicole Höchst allein, die weitgehend auf Parteilinie argumentiert, es ist die AfD als solche. Es gibt keinen "besseren" oder wenigstens "gemäßigten" AfD-Abgeordneten für das Kuratorium der Hirschfeld-Stiftung, die von der Rechtsaußenfraktion insgesamt abgelehnt wird.

Die AfD möchte die LGBTI-Gegnerin Nicole Höchst in das Kuratorium der Hirschfeld-Stiftung schicken (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
Erst Anfang Juli forderte die AfD während der Haushaltsverhandlungen in einem Entschließungsantrag (PDF), bei der Stiftung den Rotstift anzusetzen – unter der Überschrift "Ideologischen Gesellschaftsumbau stoppen". Es sei nicht "einsehbar, wie etwa die Magnus-Hirschfeld-Stiftung, die die 'Akzeptanz von Menschen mit einer nichtheterosexuellen Orientierung' fördert, einem 'justizspezifischen oder rechtspolitischen Vorhaben' dient", schrieb die AfD zur Begründung.
Verhöhnung homosexueller NS-Opfer
Laut Satzung gehören zu den Zielen der Bundesstiftung die Erinnerung an die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller, die wissenschaftliche Erforschung der gesellschaftlichen Lebenswelt von Schwulen und Lesben in Deutschland sowie ein Engagement gegen gesellschaftliche Diskriminierung. Eine Partei, die diese Aufgaben als "ideologischen Gesellschaftsumbau" diffamiert, verhöhnt die Opfer der staatlichen Homosexuellenverfolgung und hat sich für jedes Gremium der Stiftung disqualifiziert – auch wenn ihr formal ein Platz zusteht.
Das demokratische Dilemma bleibt. Um zu verhindern, dass sich die AfD als Opfer geriert und sich womöglich in das Kuratorium einklagt, bleibt eigentlich nur ein eleganter Ausweg: Der Bundestag verzichtet insgesamt auf die Entsendung von Abgeordneten in das Kontrollgremium. Das geht, denn die Satzung der Hirschfeld-Stiftung (PDF) sieht hier nur eine Kann-Bestimmung vor, keine Pflicht.
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