Der Oberste Gerichtshof des mittelamerikanischen Staates Costa Rica hat am Mittwochabend die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben innerhalb der nächsten 18 Monate angeordnet. Die Deadline beginnt, sobald das Urteil offiziell veröffentlicht ist.
Mit dem Urteil folgt der Corte Suprema de Justicia einer Entscheidung des Interamerikanische Gerichtshofs für Menschenrechte, der Anfang des Jahres erklärt hatte, dass das Ehe-Verbot für gleichgeschlechtliche Paare gegen die Amerikanische Menschenrechtskonvention verstößt (queer.de berichtete).
Richter Fernando Castillo erklärte nach der Entscheidung in einer Pressekonferenz, dass nun der Gesetzgeber gefragt sei. Sollte das Parlament bis zur Deadline kein Gesetz zur Gleichstellung im Ehe-Recht beschlossen haben, dürften Schwule und Lesben auch ohne gesetzliche Änderung heiraten.
Der erst im Frühjahr ins Amt gewählte LGBTI-freundliche Präsident Carlos Alvarado Quesada begrüßte die Entscheidung der Höchstrichter. Er rief am Donnerstag das Einkammer-Parlament des fünf Millionen Einwohner zählenden Landes auf, schnell zu handeln, damit bis zur Deadline eine gesetzliche Regelung geschaffen werden kann. Auf Twitter erklärte der Mitte-Links-Politiker, dass der Staat alle Familien schützen müsse und niemand wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden dürfe.
Widerstand von religiösen Gruppen
Widerstand gegen die Gleichbehandlung kam insbesondere von der katholischen Kirche und von evangelikalen Aktivisten, die in Costa Rica zuletzt durch massive Missionierung an Einfluss gewonnen haben. In den letzten Jahrzehnten stieg der Anteil der Protestanten im Land von drei Prozent auf mehr als 20 Prozent an. 14 der 57 Parlamentsabgeordneten sind evangelikal – politisch vereint sie insbesondere die Ablehnung von Abtreibung und LGBTI-Rechten. Evangelikale Abgeordnete wie Jonathan Prendas Rodríguez kritisierten das Urteil scharf. Prendas erklärte, der Oberste Gerichtshof habe den Costa-Ricanern mit seiner Entscheidung "eine Pistole an den Kopf gesetzt".
Enrique Sanchez, der erste offen schwule Abgeordnete des Landes, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass er wegen der homophoben Tendenzen vieler Abgeordneter nicht daran glaube, dass sich das Parlament auf ein Gesetz zur Ehe-Öffnung einigen könne. Sanchez gehört der Partei von Präsident Quesada an.
Rund vier Fünftel der Bevölkerung von Nord- und Südamerika leben inzwischen in Ländern, in denen die Ehe für alle anerkannt wird – dazu zählen die USA, Argentinien, Brasilien und Kolumbien. Allerdings gibt es auf dem Doppelkontinent noch immer einige Staaten, die gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe stellen, darunter Guyana und Jamaika. (dk)