Ein Gesetzesverstoß oder schlicht Spaß? Teilnehmer mit Hundemaske bei einem früheren CSD in Köln (Bild: nb)
Die Essener Polizei hat es zur Parade des CSD in Essen am Samstag einer Gruppe von Teilnehmern untersagt, mit Fetischmasken mitzulaufen. Das erfuhr queer.de aus mehreren Quellen.
Die Beamten hätten Teilnehmer "aus der Fetischszene unter Androhung von Platzverweisen und Strafverfahren dazu aufgefordert, auf der Demonstration keine Fetischmasken zu tragen, und sich dabei auf ein angebliches 'Vermummungsverbot' berufen", beklagt etwa die Arbeitsgemeinschaft DIE LINKE.queer in einer Pressemitteilung.
Zu dem Vorfall kam es Augenzeugenberichten zufolge gegen 13 Uhr bei der Aufstellung am Willy-Brandt-Platz kurz vor Beginn der Demonstration, der sich in Folge verzögerte. Die angesprochen Teilnehmer, rund 10 bis 15 Vertreter der homo- wie heterosexuellen Petplayer-Community, fügten sich schließlich den Forderungen der Beamten und konnten an der Parade teilnehmen – die Masken hatten sie dafür teilweise auf dem Kopf getragen, anstatt sie über diesen zu ziehen. Andere Gruppen, auch aus dem Fetisch-Bereich, waren von dem Vorgehen der Beamten offenbar nicht betroffen.
Linke: Rechte der Demonstranten verletzt
"Mit einer völlig absurden und rechtlich unhaltbaren Argumentation hat die Essener Polizei verhindert, dass Mitglieder der Fetischszene mit entsprechenden Masken an der CSD-Parade teilnehmen konnten", kommentierte Frank Laubenburg, der Bundessprecher der BAG queer der Linken, den "bundesweit einmaligen Vorgang".
Eine Gruppe von Petplayern beim CSD in Düsseldorf 2013. Bild: nb
Nach Einschätzung der Linken handle es sich bei CSD-Paraden um jene "hergebrachten Volksfeste", für die das im Versammlungsgesetz aufgeführte "Vermummungsverbot" gar nicht gelte. "Mit ihrer eigenwilligen Rechtsauffassung, die diese Ausnahme ignoriert, müsste die Essener Polizei demnächst wohl jeden Schützenumzug verhindern, weil dort Waffen und Uniformen getragen werden, was nach dem Versammlungsgesetz ja ebenfalls verboten ist", so Laubenburg. Das Verbot gelte auch nicht absolut, sondern nur, wenn das Ziel sei, die Feststellung der Identität zu verhindern.
Durch das Masken-Verbot sei in das "Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Demonstrierenden" und das Recht auf Versammlungsfreiheit "massiv eingegriffen" worden, so Laubenburg, der eine Entschuldigung des Polizeipräsidenten forderte. "Das darf man der Essener Polizei nicht durchgehen lassen. Andernfalls droht, dass beim nächsten CSD auch Drag-Queens als Vermummte gelten und nicht mehr teilnehmen dürfen."
Teilnehmer- und Wetter-Glück bei Parade
Die Essener Aidshilfe als offizieller Veranstalter der Pride-Demonstration war am Sonntag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Dietrich Dettmann vom Vorstand des Ruhr-Pride betonte gegenüber queer.de allgemein, man begrüße die Teilnahme von Vertretern des Fetisch-Bereichs, die die Vielfalt der Szene widerspiegelten.
An der Demonstration zum 15. CSD in Essen, der unter dem Motto "One World – One Love" stand, hatten rund 2.500 Menschen teilgenommen, darunter laut Dettmann so viele Jugendliche wie nie. Die "Glück-Auf-Parade" wurde von Essens offen schwulen Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) mit angeführt. Auch Vertreter anderer Parteien sowie zahlreicher Gruppen und Organisationen aus dem Ruhrgebiet waren bei der Demonstration und dem zweitägigen Straßenfest auf dem Willy-Brand-Platz vertreten. (nb)
Update 13.8., 14.30h: Aids-Hilfe: Frage löste sich im Einvernehmen
Wie der Vorstand des Ruhr-Pride ist die Aidshilfe Essen als Ausrichter der CSD-Demonstration bemüht, den Vorfall nicht zu hoch zu kochen. Drohungen über Platzverweise oder Strafverfahren seitens der Polizei könne er nicht bestätigen, so Markus Willeke, Geschäftsführer der Aidshilfe, gegenüber queer.de. Vielmehr habe die Polizei Bedenken geäußert und im Gespräch mit den betreffenden CSD-Teilnehmern sei es schnell zu der Bereitschaft gekommen, die Masken nicht zu tragen. "Die Sache war schnell aus der Welt", so Willeke, und habe sich nur auf die Demonstration und nicht auf das CSD-Straßenfest bezogen. Er habe die Polizei im Vorfeld des CSD "sehr kooperativ" erlebt und wolle die Frage vor dem Pride im nächsten Jahr näher mit der Polizei klären. (nb)