Der Profilkopf des AfD-Politikers Thomas Rudy bei Facebook und das von ihm in dem sozialen Netzwerk geteilte Bild einer transsexuellen Bundeswehr-Soldatin an einem Stand der Bundeswehr (Verpixelung durch queer.de). Er habe "nichts gegen Tunten, Homosexuelle oder Transen", schrieb er nun
Politiker der AfD haben am Wochenende mit weiterer Hetze und uninformiert-desinformierenden sowie diskriminierenden Stellungnahmen auf die Kritik reagiert, sich über eine transsexuelle Soldatin der Bundeswehr lustig zu machen und diese öffentlich vorzuführen.
Am Freitag hatte queer.de berichtet und kritisiert, wie sich die Bundestagsabgeordneten Jan Nolte und Corinna Miazga sowie der thüringische Landtagsabgeordnete Thomas Rudy an der Soldatin und der Bundeswehr abarbeiteten, weil diese in Frauenuniform ihren Arbeitgeber bei einem Stand der Verbrauchermesse "Ostbayernschau" in Straubing vertrat. Bei der tagelangen Kampagne arbeiteten einige AfDler auch mit dem Hetzportal "PI News" zusammen.
Auch in den neuen Äußerungen ignorieren die Politiker weiter, dass es sich bei der Soldatin laut Bundeswehr um eine transsexuelle Frau handelt, die in offiziellen Dokumenten als Frau geführt wird, und nicht um einen "Mann in Frauenkleidern" oder um andere Zuschreibungen. Konsequenzen seitens der Partei oder der Öffentlichkeit hatte dies bislang alles nicht – Hetze, die früher bei Abgeordneten mindestens zu Rücktrittsforderungen und tagelanger Empörung von Medien und anderen Parteien geführt hätten, scheint inzwischen Alltag zu sein.
Rudy macht sich weiter über Transpersonen lustig
Als Reaktion auf den queer.de-Bericht verlinkte Rudy am Samstagabend auf Facebook diesen seiner Meinung nach "blödsinnigen Artikel der links-grünen Systempresse." Der Politiker, der einst CSDs als "Dekadenz, Perversion und Selbsthass" bezeichnet hatte, beklagte, "wieder als Homohasser dargestellt" zu werden – "was nicht der Wahrheit entspricht. Ich habe sicherlich nichts gegen Tunten, Homosexuelle oder Transen."
Es folgten bizarren Ausführungen über "Transen" in Thailand oder den Philippinen, die "mit dieser sexuellen Orientierung in voller Transenmontur auf der Strasse laufen" oder arbeiteten, was niemanden störe. "Aber es ist nicht vorstellbar, dass z.B. in der thailändischen oder philippinischen Armee Transvestiten als Aushängeschild dienen würden", so Rudy. Kleiderordnungen dienten dazu, Respekt zu schaffen.

In Folge äußerte Rudy erneut den Gedanken, Transsexuelle werteten das Ansehen der Bundeswehr ab: "Wer unserer potentiellen Gegner hätte noch Achtung vor unserer Armee, wenn die (männlichen) Kommandeure mit Lippenstift schön geschminkt, mit Rock, Stöckelschuhen und Pferdeschwanz die Truppenparade abnehmen?"
Am Sonntag teilte Rudy auch ein Motiv seiner Partei gegen "Gender Studies" – Politiker der AfD hatten zu dem Thema in den letzten Tagen dutzende Motive in sozialen Netzwerken gepostet und dabei das Thema "Gender Studies" oder "Gender Mainstreaming" oft auch mit LGBTI-Themen verknüpft oder -Motiven bebildert
Nolte: Transsexuelle "Entfaltung" nicht beim Bund
Der Bundestagsabgeordnete Jan Nolte betonte hingegen am Sonntag auf Facebook, er habe einen Eintrag in dem sozialen Netzwerk, der ihn mit der Überschrift "Ich bin dagegen, dass männliche Soldaten im Dienst Frauenkleidung tragen" zeigte und entsprechende Ausführungen enthielt, inzwischen entfernt – dieser habe in Nutzerkommentaren (und nicht etwa in seinem Posting) dazu geführt, "dass fortwährend eine Einzelperson angegriffen und vorgeführt wurde", was er "nicht richtig" finde.
Eine Entschuldigung an die Soldatin enthält der Eintrag nicht. Sein "Post zu Soldaten in Frauenkleidern" bleibe inhaltlich "vollkommen richtig", so das Mitglied des Verteidigungsausschusses: "Diese Seite der persönlichen Entfaltung gehört ins Privatleben". Das Problem sei "der Zeitgeist, der meint, außergewöhnliche sexuelle Orientierungen in den Mittelpunkt rücken zu müssen und die Politik, die meint, das müsse nun eine Priorität der Bundeswehr sein."

"Anständiger" schwuler Landtagskandidat gegen "Tussi"
Transsexualität gehört also ins Privatleben und ist folglich mit einer Arbeit bei der Bundeswehr unvereinbar? Wer dachte, zumindest die "Alternativen Homosexuellen", die von der Partei nicht offiziell anerkannte Gruppe, die früher als "Homosexuelle in der AfD" bekannt war, würde da mal widersprechen und sich auf die Seite der von ihrer Partei regelmäßig angegriffenen LGBTI stellen, sah sich schnell im Irrtum.
Stattdessen teilten die Vereinigung bei Facebook einen Entrag eines schwulen AfD-Landtagskandidaten und früheren Soldaten aus Bayern, der sich dafür lobte, in seiner Bundeswehrzeit seine Homosexualität versteckt zu haben. Matthias Vogler ist bei der anstehenden Landtagswahl Direktkandidat in Nürnberg und steht auf der Regionalliste Mittelfranken seiner Partei auf Platz 10. In dem wirren und kaum zu zitierenden Traktat beklagte Vogler, mit "dieser Frau / Mann / Diversen Person" am Stand in Straubing habe die Bundeswehr den "maroden und kaputten Zustand der Bundeswehr perfekt auf den Punkt gebracht": "Ein vermeintlich männlicher Hauptfeldwebel stolzierte dort in Pömps, Rock und Damenfrisur herum."
Darüber hätten sich seine Parteikollegen zurecht empört, so Vogler, der sich selbst extrem abschätzig über die Soldatin äußerte: "Wie ich später erfuhr ist das HFw nun eine Frau, oder will zumindest eine werden. Divers wäre wohl zwischenzeitlich das richtige neue Geschlecht für es?" Die Soldatin führe zu Hohn und Spott. "Wir sollten nicht unsere Toleranzgrenze überschreiten und eine Streitkraft ist nun mal kein Spielplatz für verqueere Phantasien und überzogene weichgespülte Soldaten. Eine Truppe muss funktionieren und das schafft sie auch mit Homosexuellen. Zum Glück sind nicht alle Homosexuellen so wie der HFw und versuchen den Schaden welchen die 'Flintenuschi' verursacht hat etwas zu mildern."
Auch in den folgenden Zeilen distanzierte sich Vogler als schwuler Mann ausdrücklich von der Transsexuellen, wobei er offenkundig Schwierigkeiten hat, diese als solche wahrzunehmen geschweige denn anzuerkennen: "Auch wir in der AfD haben etliche Homosexuelle aber alle sind anständig geraten und tragen zumeist öffentlich keine Frauenkleider zur Schau". Seine Homosexualität sei in der Bundeswehr nie ein Problem gewesen, so Vogler, weil er diese "nach außen nie angesprochen" habe. "Es ist eben Privat und nicht jeder ist Gottlob so ein typische 'Tussi' als Mann."
Der Facebook-Eintrag von Vogler, mit dem er einen Hetz-Bericht von "PI-News" zum Thema teilte – und um ein Bild von sich in Bundeswehruniform ergänzte, mit dem er sich wie im Text von der transsexuellen Soldatin abzugrenzen suchte (Verpixelung von queer.de)
Bundeswehr: Vielfalt ist ein Gewinn
Nach einer kurzen telefonischen Stellungnahme zum Artikel vom Freitag hat die Bundeswehr derweil auch schriftlich auf Fragen von queer.de zu den Vorgängen geantwortet – wobei das in Köln angesiedelte Pressezentrum Personal um Verständnis bittet, dass man "zu persönlichen Daten von Bundeswehrangehörigen keine Auskünfte geben und keine Stellungnahmen zu Äußerungen von einzelnen Politikern tätigen" werde.
"Im Sinne der Gleichbehandlung duldet die Bundeswehr keinerlei Diskriminierungen jedweder Art. Die Qualität der militärischen Aufgabenerfüllung wird nicht an der sexuellen Orientierung oder Identität des Einzelnen gemessen", so die Stellungnahme. "Für die Bundeswehr spielen Eignung, Leistung und Befähigung von Menschen eine Rolle – unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder auch sexueller Orientierung oder Identität."
Die Bundeswehr begreife "Vielfalt und die damit einhergehenden unterschiedlichen Fähigkeiten und Erfahrungen unserer Frauen und Männer als Gewinn", so die Stellungnahme weiter. "Selbstverständlich spiegelt sich diese Vielfalt in allen Bereichen der Bundeswehr, auch bei Präsentationen der Bundeswehr auf Messen, wider."
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Frau von der Leyen hat immerhin für die Eheöffnung gestimmt, dann ist es Pflicht, diese Frau zu schützen!