Screenshot eines Nachberichts der Webseite der Partei "Der Dritte Weg" zu einem Protest gegen den CSD in Siegen mit Redner Julian Bender. Rechts die aktuelle Ankündigung zur Kundgebung in Erfurt
Nach einer Kundgebung während des CSD in Siegen vor wenigen Wochen und nach dem Verteilen von Flugblättern gegen "Homo-Propaganda" während des CSD in Darmstadt am letzten Wochenende will die rechtsextreme Kleinpartei "Der Dritte Weg" am Samstag gegen den CSD in Erfurt mobilisieren.
Man werde "es nicht unwidersprochen lassen, dass diese öffentliche Zurschaustellung verschiedener Absurditäten ohne weiteres propagiert werden darf", begründet die Partei ihren "Widerstand gegen die widerlich selbstdarstellerische Homoparade". Entgegen dem Jugendschutz werde dort "ein völlig kaputtes Familienbild" propagiert, worauf man die Erfurter Bevölkerung in den letzten Wochen bereits mit Flyern hingewiesen habe.
Ankündigung der homofeindlichen Kundgebung im Auftritt der Partei im russischen sozialen Netzwerk vk
Die vom Verfassungsschutz beobachtete Partei will am Samstag daher eine Kundgebung unter dem Motto "Familien schützen! – Homo-Propaganda stoppen!" in Erfurt abhalten, ab 12 Uhr auf dem Anger. Auf dem Platz in der Innenstadt findet ab 14 Uhr das CSD-Straßenfest statt, nachdem zunächst ab 12 Uhr die Pride-Parade ab dem Hauptbahnhof durch die Stadt zieht. Der Erfurter CSD steht in diesem Jahr unter dem Motto "Akzeptanz macht Lust" und bietet derzeit bereits ein umfassendes Rahmenprogramm.
Der "Dritte Weg" hat hingegen die Stadtverwaltung angefragt, ob sie den CSD als Propagierung einer "exzessiven Pervertierung des traditionelles Familienbildes" und "Widernatürlichkeit" aus Jugendschutz-Gründen schon einmal habe beschneiden oder verbieten wollen. Die offizielle Anfrage des Stadtrats Enrico Biczysko (2014 mit 2,5 Prozent der Stimmen ursprünglich für die NPD in das Gremium gewählt) fragt auch die Haltung des Oberbürgermeisters und der übrigen Parteien zum CSD und zur "traditionellen" Familie ab.
"Dritter Weg": Extreme Hetze gegen Homosexuelle
Erst Ende Juli hatten rund 20 Rechtsextreme vom "Dritten Weg" einen Info-Stand an der Demo-Strecke des CSD in Siegen aufgebaut, ein meterlanges Transparent "Mann+Frau+Kinder=Familie" entrollt und Parolen in ein Mikrofon gebrüllt. Der von der Polizei abgeschirmte Pride ließ sich sich davon nicht einschüchtern (queer.de berichtete).
Auf ihrer Webseite beklagte "Der III. Weg" später, beim CSD seien "wieder Kinder instrumentalisiert worden, um sich der kranken Klientel unter der Regenbogenfahne anzuschließen". Auch wurde beklagt, dass durch "die Lügenpresse" mit "mit aller Gewalt versucht" werde, "Randminderheiten in die Mitte der Gesellschaft zu rücken".
Stand der Partei beim CSD in Siegen. Bild: Ansgar D.
Der "Gebietsleiter 'West', Julian Bender", wird mit dem Gedanken zitiert, dass die späte Abschaffung des Paragrafen 175 im Jahr 1994 zeige, "dass es scheinbar gute Gründe" gebe, Homosexuelle nicht rechtlich anzuerkennen. Homosexualität werde größtenteils "durch traumatische Ereignisse oder der Glorifizierung derartiger Lebensformen" hevorgerufen, so der "Dritte Weg" – was "jedes verantwortungsvolle und lebensbejahende Staatswesen dazu veranlassen" sollte, "die Ursachen für Homosexualität durch die Eindämmung der freien Entfaltung zu bekämpfen und den Bevölkerungsanteil Homosexueller weitestgehend zu minimieren." Dafür müsse "Homo-Propaganda" aus der Öffentlichkeit verschwinden und "über die schädlichen Folgen von Homosexualität durch die Medien" aufgeklärt werden.
"Entgegen der Behauptung linksliberaler Gutmenschen, man würde dadurch angeblich zum Hass gegen Homosexuelle aufrufen, lässt sich entgegenhalten, dass auch ein Staat, der Tuberkuloseerkrankungen bekämpft, nicht gegen den Erkrankten selbst vorgeht, sondern lediglich gegen die Ursachen der Krankheit", testet der "Dritte Weg" im Nachbericht zum Siegener CSD die Grenzen der rechtlichen Meinungsfreiheit weiter aus. "Homosexuelle, die ihre Veranlagungen nicht penetrant zur Schau stellen", sollten Bürgerrechte ausleben dürfen – der Zugang zu Berufen mit Kontakt zu Minderjährigen sei aber "stark" einzuschränken, da "Homosexualität und Pädophilie überproportional in Verbindung stehen".
Partei tritt zunehmend in Erscheinung
Der inzwischen in einigen Städten zum Einsatz gekommene Flyer der Rechtsextremen
Bereits im Jahr zuvor hatte die Partei anlässlich des Siegener CSD Flugblätter verteilt, auch wurde ein Büro der Linken mit der Aufschrift "No Homo" verziert (queer.de berichtete). Auf ihrer Webseite brüstet sich die Partei auch damit, erst am letzten Wochenende während des CSD in Darmstadt dem "Karneval der sexuellen Abnormalitäten" mit Flugblättern die eigene "Botschaft von einer gesunden und natürlichen Familie" entgegengesetzt zu haben. Der nachträgliche Bericht beklagt, dass sich "Schwulenpropaganda" vor allem an Kinder und Jugendliche richte, "welche noch nicht über die charakterliche Stärke verfügen, sich der marxistischen Zersetzungsideologie zu entziehen".
Im thüringischen Kahla hatten Anhänger der Partei in diesem Jahr zudem eine Aktion zum Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie mit dem Verteilen von Flyern und Patrouillen begleitet (queer.de berichtete). Nur wenige Bewohner trauten sich in Folge, mit den Aktivisten des "Demokratieladens" ins Gespräch zu kommen, die für Toleranz werben wollten.
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