Teilnehmerin des CSD in St. Petersburg vor wenigen Wochen, der von der Polizei aufgelöst wurde (queer.de berichtete)
Die jahrelange russische Regierungs- und Medien-Propaganda, der Westen wolle mit LGBTI-Rechten den Russen seine eigenen Werte aufzwingen, die denen des Landes gegenüberstünden, erzielt offenbar die gewünschte Wirkung.
Laut einer Umfrage des staatlichen "Allrussischen Zentrums für die Erforschung der öffentlichen Meinung" (WZIOM) sind jeweils rund zwei Drittel der befragten Russen Anhänger mehrerer vom Institut als "Verschwörungstheorien" bezeichneter Theorien. So glaubten 66 Prozent, es gebe eine "Gruppe von Menschen", die die russische Geschichte umschreiben und historische Fakten angreifen wollten, um Russland zu schaden und seine Größe zu vermindern.
63 Prozent der Befragten bestätigten die Aussage: "Es gibt eine Gruppe von Menschen, die versuchen, die geistigen Werte, die von Russen geformt wurden, durch die Propagierung nicht-traditioneller sexueller Beziehungen zu zerstören". Die Aussage greift damit eine Formulierung aus dem vor fünf Jahren erlassenen landesweiten Gesetz gegen "Homo-Propaganda" auf.
Während 13 Prozent der Befragten eine Antwort anhand der beiden ausformulierten Möglichkeiten schwierig fand, kreuzten 24 Prozent die Alternative und simple Wahrheit an: "Es gibt keine Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen in Russland. Menschen, die für die Rechte von sexuellen Minderheiten eintreten, verfolgen keine zerstörerischen Ziele."
Jüngere weniger für Verschwörungstheorien empfänglich
Einen Lichtblick in der Umfrage gibt es: Bei der jüngsten Befragtengruppe liegt letzte Antwort mit 48 Prozent Zustimmung knapp in der Mehrheit, bei 44 Prozent Zustimmung zur homophoben Verschörungstheorie. Dieser folgen hingegen 69 Prozent der 45-59-Jährigen und 67 Prozent der jeweils jüngeren und älteren Altersklasse um diese herum. Die Ältesten ab 60 Jahre glauben zugleich mit 20 Prozent am wenigsten, dass "Homo-Propaganda" keine zerstörerischen Ziele verfolge.
Das "Allrussische Zentrum für die Erforschung der öffentlichen Meinung" (WZIOM) kommentierte die Aussagen der Bevölkerungsmehrheit in Überschrift und Bildsprache als Verschwörungstheorien
Bereits im Juli hatte das WZIOM eine Umfrage veröffentlicht, nach der 67 Prozent der Russen an eine geheime "Weltregierung" glauben, angeführt von Banken und Oligarchen. Vor vier Jahren waren noch 45 Prozent dieser Ansicht.
Laut einer Anfang des Jahres vom Lewada-Institut veröffentlichten Umfrage gehört Russland zu den wenigen Ländern, in denen der Hass auf Homosexuelle in den vergangenen 20 Jahren angestiegen ist. Demnach halten jetzt 83 Prozent der russischen Bevölkerung gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen immer oder fast immer für "verwerflich" (queer.de berichtete). Dies hat auch nachweisbar Auswirkungen: Laut einer vergangenes Jahr veröffentlichten Studie hat sich die Zahl der Hassverbrechen gegen LGBT seit Einführung des Gesetzes gegen Homo-"Propaganda" im Jahr 2013 verdoppelt (queer.de berichtete). (nb)
Mit den Oligarchen und Banken haben sie sogar recht - aber nicht als Weltherrschaft, sondern direkt vor ihren Augen im korrupten, putinfaschistischen Mütterchen Russland.