Sucht den Dialog mit Homosexuellen, bietet aber keine Neuigkeiten: Berlins Erzbischof Heiner Koch
In einem Interview mit dem Magazin "Vatican News" zum dem seit Dienstag stattfindenden Weltfamilientreffen der katholischen Kirche in Dublin hat der Berliner Erzbischof Heiner Koch Erwartungen homosexueller Christen gedämpft.
Der 64-Jährige betonte, wie wichtig das "offene Gespräch" und der "Austausch mit homosexuellen Menschen" sei. Zuvor hatte er allerdings bereits eingeschränkt, dass man zu Menschen stehe, "egal wie sie geprägt sind", dass man aber "auch eine klare Diskussion" führe, "warum wir zum Beispiel nicht für die 'Ehe für alle' sind, was für uns das Besondere der Ehe ist, und warum diese für uns und nach meiner Überzeugung nicht nur für die, die gläubig sind, sondern für die ganze Gesellschaft, einen eigenen Wert hat, den andere Beziehungen nicht haben." Aus dieser "Wertschätzung der Ehe" werde er "niemals eine Diskriminierung anderer Menschen ableiten können".
Koch betonte, dass gerade diejenigen Homosexuellen, die zur Kirche stünden, sich "doppelt heimatlos" fühlten: "In der Kirche wird ihnen der Segen verweigert, und in der Gesellschaft, unter den Gleichgesinnten, wird ihnen vorgeworfen, dass sie sich noch zu der Kirche bekennen, die so mit ihnen umgeht." Die "Sorge dieser Menschen" sei der Kirche "ganz, ganz wichtig" und man werde sie "in ihrer Not nicht alleine lassen", so Koch. "Aber wir werden auch dazu stehen, warum wir auch Unterschiede hochhalten und dass es keine Willkür ist, kein autoritäres System, sondern eine innerliche Überzeugung."
Ablehnung der kirchliche und staatlichen Ehe für Alle
Erst im letzten Jahr hatte Koch, der auch Vorsitzender der Kommission Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz ist, sich in Interviews mehrfach deutlich gegen eine Segnung von Homo-Paaren ausgesprochen: "Wir werden alles unterlassen, was die Vermutung nahelegt, Verbindungen Homosexueller seien mit der Ehe gleich. Eine Segnung kommt deshalb nicht in Frage", so der Bischof etwa in der "Passauer Neuen Presse". Für ihn sei die Ehe "ein Sakrament, das der Schöpfungsordnung entspricht" (queer.de berichtete).
Im Zuge der Debatte um die Öffnung der Ehe im Bundestag hatte Koch in jenem Sommer auch mehrfach die staatliche Ehe für Homosexuelle abgelehnt. So meinte er, dass es keine Diskriminierung sei, wenn zwischen den Ehen heterosexueller Paare und den Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Paare unterschieden werde. Dies sei nicht etwa "homophob motiviert", sondern trage "der Unterschiedlichkeit der Lebensformen adäquat Rechnung" (queer.de berichtete). Wenige Monate zuvor hatte Koch bereits in der "taz" den Gedanken betont, dass sich homosexuelle Christen sowohl in der Kirche als auch in der "Homosexuellen-Community" als "Außenseiter" fühlten, letzteres sogar "mehr" (queer.de berichtete).
Irischer Premier will mit Papst über LGBT reden
Bei dem alle drei Jahre stattfindenden Weltfamilientreffen werden tausende Gläubige aus aller Welt erwartet, um über die Sorgen und kirchlichen Aspekte von Familien und über aktuelle Spannungsfelder zu beraten. Der Umgang mit homosexuellen Gläubigen und Regenbogenfamilien steht dabei, trotz mancher Kontroverse zwischen Irland und dem Vatikan rund um den Umgang mit Homosexuellen sowie entsprechenden Diskussionen vor der Familiensynode im Vatikan vor drei Jahren kaum auf der Tagesordnung und wurde teilweise regelrecht verdrängt: Dem Global Network of Rainbow Catholics, einer Vereinigung von Gruppen homosexueller Katholiken, wurde ein Infostand verweigert, auch wurden Bilder gleichgeschlechtlicher Paare aus offiziellen Broschüren zu dem Event nachträglich durch andere Bilder ersetzt. Im Vorfeld wurde zudem aus einem Videogrußwort eines amerikanischen Bischofs die Erwähnung von Regenbogenfamilien gestrichen.
Trotz einer Petition katholischer Fundamentalisten mit zehntausenden Unterschriften soll an diesem Donnerstag dennoch im Rahmen eines offiziellen Programmpunkts zumindest ein amerikanischer Jesuitenpriester zum Thema referieren dürfen. Der Vortrag von James Martin steht unter dem Titel: "'LGBT'-Menschen und ihre Familien willkommen heißen und ihnen Respekt zeigen".
Hedwig von Beverfoerde von der "Demo für alle" sieht in dem Vortrag von Martin den Beginn der Apokalypse
Papst Franziskus wird erst am Samstag für 36 Stunden anreisen. Der irische Premier und schwule Politiker Leo Varadkar hatte im Vorfeld angekündigt, mit ihm auch über LGBTI-Rechte sprechen zu wollen. Ein großes Thema gerade in Irland für den Papst werden die früher und aktuell bekannt gewordenen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche werden. Zuletzt hatten einige US-Bischöfe begonnen, dafür "homosexuelle Netzwerke" verantwortlich zu machen (queer.de berichtete) – eine Sicht, die auch von fundamentalistischen Gläubigen wie etwa von der homo- und transfeindlichen Aktivistin Hedwig von Beverfoerde oder den Netzwerken rund um die AfD-Politikerin Beatrix von Storch um die Welt getragen wird (nb).
Das ist der Treppenwitz der katholischen Geschichte