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Sorge bei LGBTI-Aktivisten
Australiens neuer Premier ist ein Gegner der Ehe für alle
Scott Morrison, neuer Anführer des Landes und der Liberal Party, setzt sich auch für "Religionsfreiheit" ein.

Scott Morrison MP - ScoMo / facebook) Morrison bei einem Auftritt vor seiner zerstrittenen Partei (Bild:
- 24. August 2018, 12:48h 3 Min.
Der neue australische Premierminister Scott Morrison sorgt für Sorgen unter den queeren Aktivisten und Bürgern des Landes: Der 50-Jährige gilt als Gegner von LGBTI-Rechten und Hardliner seiner Partei.
Diese hatte am Freitag den bisherigen Premierminister Malcolm Turnbull gestürzt: Nach nicht endenden parteiinternen Revolten ließ Turnbull erneut eine Kampfabstimmung über den Parteivorsitz der (konservativ-liberalen) Liberal Party abhalten, bei der er selbst nicht mehr antrat. Der bisherige Schatzmeister Morrison setzte sich dabei knapp gegen den bisherigen Einwanderungsminister Peter Dutton (45 zu 40 Stimmen) sowie gegen die Vizepremierministerin und Außenministerin Julie Bishop durch, die in der ersten Runde ausschied.
Der Parteivorsitzende der Regierungspartei übernimmt traditionell das Amt des nicht vom Volk gewählten Regierungschefs. Eine erste Kampfabstimmung gegen Dutton, der danach sein Ministeramt zurückgab, hatte Turnbull am Dienstag mit 48 zu 35 Stimmen noch überstanden. Als Drahtzieher des Parteiaufstands gilt der frühere Premierminister Tony Abbott vom konservativen Parteiflügel, der einst von Turnbull aus dem Amt gedrängt worden war.
Evangelikaler Hardliner
Morrison, ein Mitglied einer evangelikalen Pfingstgemeinde in Sydney, gilt ebenfalls als konservativer Hardliner. Als von Abbott berufener Minister für Einwanderung und Grenzschutz setzte er unter anderem strikte und umstrittene Richtlinien zur Abweisung und Internierung von Flüchtlingen durch.
Im letzten Jahr hatte Morrison bei der Volksabstimmung zur Ehe für alle öffentlich betont, dass es "ok" sei, als Wähler gegen die Gleichstellung zu stimmen, die er auch selbst ablehnt. Im Parlament stimmte er allerdings für den Schritt, was er wie viele Abgeordnete mit dem entsprechenden Ergebnis des Postal Vote in seinem Wahlkreis begründete. In den Debatten zum Gesetzentwurf sprach er sich für religiös motivierte Ausnahmen in der Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren aus; entsprechende, auch vom Ehe-Öffnungs-Gegner Abbott unterstützte Zusatzanträge scheiterten aber im Parlament (queer.de berichtete) – darunter sein Antrag, dass Eltern Kinder aus dem Schulunterricht nehmen dürften, wenn die "nicht-traditionelle" Ehe auf dem Lehrplan stehe.
Morrison ist generell ein Unterstützer weit gehender "religiöser Freiheiten" und beklagte mehrfach, dass Religiöse oft diskriminiert oder herabgesetzt würden. Als der Rugby-Spieler Israel Folau in diesem Jahr mit der Aussage, Homosexuelle kämen in die Hölle, wenn sie nicht ihre Sünden bereuten, in einen Shitstorm geriet, lobte und verteidigte ihn Morrison öffentlich: "Ich denke nicht, dass er jemanden verletzten wollte, weil das gegen den Glauben gerichtet ist, den er so leidenschaftlich vertritt, aber ich denke, er hat große Charakterstärke gezeigt, indem er für für seinen Glauben eintritt, und ich denke, das ist es, worum es in diesem Land geht."
"Wir sind besorgt, weil Morrison die Gleichstellung der Ehe während der postalischen Umfrage bekämpft hat und ein Befürworter der so genannten 'Religionsfreiheit' ist, die eine größere Diskriminierung von LGBTI-Personen ermöglichen würde", betonte Rodney Croome von der Organisation just.equal nach der Wahl. "Wir hoffen, dass Morrison für alle Australier regieren wird und nicht Religionsfreiheit als Vorwand benutzt, um gleiche Rechte und Schutz für LGBTI-Australier zu beschneiden."
Morrison wurde bereits am Freitag in sein Amt eingeführt, als fünfter Premier in fünf Jahren. In seiner Antrittsrede versprach er Reformen im Wirtschafts- und Sicherheitsbereich. Da Turnbull allerdings sein Mandat im Unterhaus zurückgeben will, könnte es zu vorgezogenen Neuwahlen kommen – die Koalitionsregierung kommt im Repräsentantenhaus bislang auf genau eine Stimme Mehrheit. Regulär wird im Mai 2019 gewählt. (nb)
