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Landesrecht
Sachsen-Anhalt: LGBTI sollen 2019 in Verfassung aufgenommen werden
Bei einer Podiumsdiskussion des LSVD nannte Justizministerin Keding einen Zeitplan für die Aufnahme des Antidiskriminierungsmerkmals "sexuelle Identität".

Kundgebung mehrerer Gruppen vor dem Magdeburger Landtag 2016, als die AfD den Aktionsplan des Landes zur Akzeptanz von LGBTI stoppen wollte (Bild: CSD Magdeburg / facebook)
- 24. August 2018, 14:42h 3 Min.
Zwei Tage vor dem CSD in Magdeburg hat die Landesregierung am Donnerstag ihren Einsatz für LGBTI bekräftigt. Am Donnerstag fand im Familienhaus Magdeburg ein Streitgespräch des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) zum Thema "Sexuelle Vielfalt verfassungsrechtlich schützen" statt.
Neben Vertreterinnen und Vertretern von Landtagsfraktionen und des LSVD nahm auch die Ministerin für Justiz und Gleichstellung, die CDU-Politikerin Anne-Marie Keding, an der Diskussion teil. Im Rahmen des Gesprächs nannte die Ministerin nun erstmals einen Zeitplan für die Ergänzung der Landesverfassung um das Merkmal "sexuelle Identität" beim Schutz vor Diskriminierung. 2016 hatten die Regierungsparteien CDU, SPD und Grüne im Koalitionsvertrag die Aufnahme der Merkmals in Artikel 7 Absatz 3 der Landesverfassung zugesagt (queer.de berichtete).

Der Artikel in der aktuell gültigen Landesverfassung
Lösung im Land, aber nicht im Bund
Laut LSVD erläuterte Keding bei der Veranstaltung auf Nachfrage, dass sie die anderen Ministerien um Rückmeldung bis September 2018 gebeten habe, ob dort weitere Verfassungsänderungen geplant sind. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Siegfried Borgwardt, ergänzte, dass danach der parlamentarische Prozess zur Ergänzung der Landesverfassung im ersten Halbjahr 2019 stattfinden und abgeschlossen werden solle. Die CDU wolle demnach die Vereinbarung im Koalitionsvertrag umsetzen und bis dahin die notwendigen Mehrheiten sammeln.

Teilnehmer der Diskussion vom Donnerstag
Gegenwärtig haben die Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Bremen, Thüringen und das Saarland ihre Landesverfassung um entsprechende Formulieren ergänzt. Sachsen-Anhalt wäre damit das siebte Bundesland, das sich in seiner Landesverfassung gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von LGBTI aussprechen würde.
Erst vor wenigen Tagen hatte der LSVD Sachsen-Anhalt noch die Kenia-Koalition kritisiert, weil sie im Rechtsausschuss geschlossen gegen einen Antrag der Linken gestimmt hatte, im Bundesrat die – derzeit ruhende – Initiative mehrerer Länder für eine entsprechende Regelung im Grundgesetz zu unterstützen (queer.de berichtete). Laut einem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" lehnt die Union den Schritt weiter ab, während SPD und Grüne ihn befürworten. Vor der zweiten Beratung im Landtag nächste Woche wollen sie für eine freie Abstimmung der Abgeordneten kämpfen.

Justizministerin Keding im Mai, als sie sich im Landtag gegen eine Grundgesetzänderung aussprach, da Rechtsprechung, Grundrechtecharta der EU und die Menschenrechtskonvention LGBTI bereits schützen würden
"Wir sind erleichtert, dass nach dem Debakel um die Unterstützung der Bundesratsinitiative (…) nun endlich ein Zeitplan zur Erweiterung der Landesverfassung vorliegt", betonte Mathias Herrmann aus dem Landesvorstand des LSVD. "Die Ergänzung ist längst überfällig. Gerade in einer Zeit, in der Hass und Hetze wieder zunehmen, braucht es eine klare verfassungsrechtliche Absicherung, dass Ausgrenzung, Unterdrückung und Verfolgung in Deutschland nie wiederkehren können. Die Ergänzung der Landesverfassung ist der erste Schritt dorthin." Ein Einsatz auf Bundesebene sei nun folgerichtig.
Der angesprochene Hass und die Hetze lassen sich auch im Magdeburger Parlament verfolgen: Bei einer Debatte zum Linken-Antrag hatte der AFD-Politiker André Poggenburg den erwünschten Diskriminierungsschutz als "dekadent" bezeichnet (queer.de berichtete), 2016 nannten Redner der Partei im Landtag Homosexualität einen "Fehler der Natur" und eine "Normabweichung" (queer.de berichtete), im gleichen Jahr forderte ein Abgeordneter laut Protokoll gar die Bestrafung Homosexueller (queer.de berichtete). Das sind nur einige Beispiele.
Bei der Aufnahme in die Verfassungen gehe es "nicht um Sonderrechte, sondern um unsere Grundrechte", betont der LSVD. "Grundrechte schützen auch Verschiedenheit. Es braucht ein inklusives Verfassungsrecht. Mit der Ergänzung der Landesverfassung würde dokumentiert werden, dass Lesben, Schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI*) genauso schutzwürdig sind, wie die anderen in Art. 7, Abs. 3 aufgeführten Minderheiten und dass ihre Respektierung für das Zusammenleben in Sachsen-Anhalt unverzichtbar ist", so Landesvorstand Mathias Fangohr. (nb/pm)














