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Schwule angeblich schuld am Missbrauchsskandal
Bischof: Homosexuelle sind eine weniger "wertvolle Variante der Schöpfung"
In der Kirche gibt es einen offenen Kampf zwischen denjenigen Bischöfen, die Homosexuelle als Schuldige für den katholischen Kindesmissbrauch ansehen, und denjenigen, die zur Mäßigung aufrufen.

Marian Eleganti schiebt den Schwarzen Peter Schwulen zu, die angeblich für den weltweiten katholischen Missbrauchsskandal verantwortlich sein sollen (Bild: Screenshot EWTN)
- 28. August 2018, 12:52h 3 Min.
Der Churer Weihbischof Marian Eleganti hat in einem Interview mit dem katholischen Fernsehsender "Eternal Word Television Network" (EWTN) Homosexuelle für den Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche verantwortlich gemacht. Der 63-Jährige stellte am Freitag am Rande des katholischen Weltfamilientags in Dublin auch in Frage, ob Homosexuelle ebenso "wertvoll" in der Schöpfung seien wie verheiratete Heterosexuelle.
Zunächst äußerte sich Eleganti in dem Interview versöhnlich. Es sei positiv, so der katholische Würdenträger, dass sich nach 1968 die "Einstellung zur Homosexualität liberalisiert" habe. Die Kirche würde "jeden Menschen mit großem Respekt annehmen".
Zwei Sätze später macht er jedoch generell Homosexuelle für die sexuellen Übergriffe in seiner Kirche verantwortlich: "Aber dieser Missbrauchsskandal zeigt halt doch: Es hängt mit der Homosexualität zusammen", so Eleganti. Wenn man den neuen Bericht über Missbrauch in den USA anschaue, müsse man sagen: "90 Prozent stehen in einem direkten Zusammenhang mit einer homosexuellen Veranlagung und Neigung." Kinder, so Eleganti weiter, seien "gar nicht" Opfer der Priester geworden, sondern Jugendliche und junge Erwachsene.
Diese Aussage entspricht nicht der Wahrheit: Viele Berichte zum katholischen Missbrauchsskandal aus mehreren Ländern zeigen, dass eine große Anzahl der Vergewaltigungsopfer in Wirklichkeit Mädchen und Jungen im Kindesalter waren, teilweise waren sie gerade einmal drei Jahre alt. Das Alter der Mehrzahl der Opfer habe zwischen elf und 14 Jahren gelegen.
Eleganti verweist auf Papst Franziskus
Mit seinem Verweis auf Homosexuelle als Täter in der Kirche wolle er eine "neue Nüchternheit" erreichen, so Eleganti weiter, "bevor wir einfach die Homosexualität als eine ebenso wertvolle Variante der Schöpfung anschauen wie die heterosexuelle Ehe." Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf Papst Franziskus, der vor kurzem gesagt habe, dass Menschen "mit einer tief sitzenden homosexuellen Neigung" nicht ins Priesterseminar aufgenommen werden sollten (queer.de berichtete).
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Elegantis Churer Bistum ist für Homophobie bekannt: In der Stadt in Graubünden ist Vitus Huonder Diözesanbischof – der 76-Jährige hatte 2015 erklärt, dass die Bibel die Todesstrafe für Homosexuelle vorsehe (queer.de berichtete).
Bistum St. Gallen: Eleganti verletzt "homosexuelle Menschen in ihrer Würde"
Die Aussagen des Weihbischofs führten sogar innerhalb der Kirchenhierarchie zu Kontroversen. Am Montag kritisierte das Bistum St. Gallen auf Facebook ungewöhnlich deutlich die Äußerungen: "Wir widersprechen und distanzieren uns deutlich von der Aussage von Weihbischof Marian Eleganti. Es ist unerträglich, dass die Thematik der Übergriffe mit dem Thema der Homosexualität verbunden wird", so das Bistum. Die Aussage des Churer Weihbischofs sei "das Gegenteil von seriösen Anstrengungen, künftig sexuelle Übergriffe zu verhindern und die geschehenen schlimmen Taten an Opfern aufzuarbeiten." Außerdem verletzten die Aussagen "homosexuelle Menschen in ihrer Würde". Das sei "nicht akzeptabel".
Wir widersprechen und distanzieren uns deutlich von der Aussage von Weihbischof Marian Eleganti. Es ist unerträglich,…
Gepostet von Bistum St. Gallen / Switzerland am Montag, 27. August 2018
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Innerhalb der Kirche gibt es bereits seit längerem hochrangige Würdenträger, die ihre Verantwortung für den Missbrauchsskandal auf Homosexuelle abschieben wollen. Der amerikanische Kardinal Raymond Leo Burke machte etwa kürzlich die "homosexuelle Kultur" für den innerkirchlichen Missbrauch verantwortlich (queer.de berichtete). Zuletzt veröffentlichte Robert Baker, der Bischof der US-Metropole Birmingham im Bundesstaat Alabama, eine Stellungnahme (PDF), in der er "hauptsächlich homosexuelles Verhalten und homosexuellen Missbrauch" als Grund für die Übergriffe in der amerikanischen Kirche nannte.
Auch Papst Franziskus sorgte mit einer homophoben Aussage am Sonntag für Aufregung: Auf seinem Rückflug vom Weltfamilientag empfahl der Pontifex bei homosexuellen Kindern die Psychiatrie (queer.de berichtete). Nach Kritik veröffentlichte der Vatikan eine Stellungnahme, in der seine Kommentare teilweise zurückgezogen wurden (queer.de berichtete). (dk)
