Deutschland hat seinen ersten offen schwulen Imam: Nach seiner Ausbildung am Institut CALEM im französischen Marseille übernimmt der Berliner Christian Awhan Hermann die klassischen Aufgaben eines muslimischen Seelsorgers. Der 48-Jährige, der sich zuvor schon als Gemeindekoordinator in der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit engagiert hatte, will zudem Ansprechpartner für queere Muslime in ganz Deutschland sein.
Seine Ausbildung erhielt Imam Awhan durch Ludovic Mohammed-Zahed, dem ersten offen schwulen Imam Europas, der sich seit vielen Jahren für einen inklusiven Islam einsetzt und CALEM 2008 gegründet hatte (queer.de berichtete). Das Institut in Frankreich will der Berliner künftig in der "Aus- und Weiterbildung weiterer Imam*innen und Multiplikator*innen" unterstützen, wie er am Dienstag gegenüber queer.de erklärte.
Erst seit einem Jahr Muslim
Christian Awhan Hermann, geboren 1970 in Koblenz, war erst im August 2017 in der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee zum Islam konvertiert. Im Alter von 19 Jahren war er aus der evangelischen Kirche ausgetreten, lebte jedoch nach eigenen Angaben "ohne persönliche Ritualistik" weiter mit Gott. Seit 2006 ist er als Aura Sortea Beneficia bei den Schwestern der Perpetuellen Indulgenz engagiert.
Warum der gelernte Industriekaufmann zum Islam konvertierte, berichtete er Anfang des Jahres der "taz". In einem Bericht über die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee schrieb die Zeitung über Christian Awhan Hermann: "Als er im Juli zum ersten Mal diese Moschee betrat, sich die Schuhe auszog, die Füße auf den weichen, weißen Teppich setzte, sah er eine Lichtbrechung, ganz klein, hervorgerufen durch einen schrägen Winkel in der Wand, genau da, wo Mekka ist. In dem Moment, sagt er, fühlte er sich am Ziel, zu Hause. Ihm wurde klar: 'Ich werde Muslim.'" (cw)