Die Allianz "Glück für die nächste Generation" präsentiert stolz Kartons mit Unterschriften gegen die Ehe für alle (Bild: Facebook)
Gegner von LGBTI-Rechten in Taiwan wollen die Ehe für alle mit direkter Demokratie verhindern: Eine konservative Allianz mit dem euphemistischen Namen "Glück für die nächste Generation" hat daher am Dienstag der Wahlkommission 678.000 Unterschriften von Gegnern der Gleichbehandlung vorgelegt. Die Behörde prüft nun, ob diese Unterschriften gültig sind – sollte die Mindestzahl von 282.000 Unterschriften, die für einen Volksentscheid im Land notwendig sind, erreicht werden, wird das Wahlvolk voraussichtlich parallel zu den Kommunalwahlen im November über das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben abstimmen.
Der Hintergrund: Der taiwanische Verfassungsgerichtshof hatte im Mai 2017 angeordnet, dass die Regierung binnen zwei Jahren die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnen muss (queer.de berichtete). Taiwan wäre das erste asiatische Land, das die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht umsetzt. Konservative Aktivisten starteten wenige Monate nach dem Urteil mit Unterstützung der Nationalen Volkspartei, der zweitgrößten Partei des Landes, eine Unterschriftensammlung, um die Ehe-Öffnung doch noch zu verhindern (queer.de berichtete).
Homo-Gegner: Ehe für alle führt zu "Kollaps der Familienstruktur"
Tseng Hsien-ying, ein Sprecher der homophoben Allianz, erklärte nach dem Einreichen der Unterschriften, dass die Ehe für alle die Zukunft des Landes gefährde: "Das Fazit ist: Familienwerte sollten nicht aufs Spiel gesetzt werden. Der Kollaps der Familienstruktur wird der Gesellschaft erheblichen Schaden zufügen."
Die Gruppe reichte zudem ebenso viele Unterschriften für zwei weitere Volksentscheide ein – zum einen soll das Ehe-Verbot für gleichgeschlechtliche Paare in der Verfassung verankert werden, zum anderen soll das Thema Homosexualität aus öffentlichen Schulen verbannt werden. Für diese Vorhaben sammelte die homophobe Allianz eigenen Angaben zufolge 670.100 bzw. 678.500 Unterschriften.
In Taiwan sind Volksentscheide für die Regierung bindend. Um diese zu gewinnen, muss mindestens die Hälfte der an der Wahl teilnehmenden Taiwaner dafür stimmen. Außerdem gibt es ein Quorum von 25 Prozent – das heißt, jeder vierte Abstimmungsberechtigte muss unabhängig von der Wahlbeteiligung mit "Ja" votieren. Bis letztes Jahr lag das Quorum noch bei 50 Prozent. Bislang gab es wegen der hohen Hürden kein erfolgreiches nationales Referendum in Taiwan, seitdem dieses Element der direkten Demokratie 2003 eingeführt worden war.
LGBTI-Aktivisten zeigten sich besorgt über die Entwicklungen – auch sie sammeln derzeit für einen eigenen Volksentscheide Unterschriften. Sollten die Homo-Gegner am Ende das Plebiszit gewinnen, wird die Regierung voraussichtlich nur ein Lebenspartnerschaftsgesetz mit beschränkten Rechten erlassen, um das Urteil des Verfassungsgerichtshofs umzusetzen.
Laut Umfragen spricht sich die Mehrheit der Taiwaner für die Ehe für alle aus – Zustimmungsraten lagen zwischen knapp über 50 bis 70 Prozent. Allerdings befürchten LGBTI-Aktivisten, dass Gegner der Gleichbehandlung ihre Anhänger besser motivieren können, an die Wahlurne zu gehen, und das Ergebnis deshalb knapp ausfallen könnte. (dk)