Beatrix von Storch diese Woche bei Welt TV, Papst Franziskus auf der Rückreise von Dublin
Das zunehmend in kreuz.net-artiger Weise auffallende Portal "Freie Welt" aus dem Netzwerk der AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat den Vatikan für die Rücknahme einer Papst-Äußerung zum Thema homosexuelle Kinder scharf kritisiert.
Auf dem Rückflug vom Weltfamilientag in Dublin hatte Papst Franziskus am Sonntag auf eine Journalistenfrage betont, dass man Schwule und Lesben nicht aus der Familie ausschließen und verdammen sollte, aber auch gemeint: "Eine Sache ist, wenn es sich [die Homosexualität] in einem Kind zeigt. Es gibt viele Dinge, die man mit der Psychiatrie machen kann, um zu sehen, wie die Dinge sind. Etwas anderes ist es, wenn es sich ab dem Alter von 20 Jahren manifestiert" (queer.de berichtete). Die Aussage hatte weltweit zu Kritik geführt.
In der vom Vatikan am Montag veröffentlichten schriftlichen Fassung der Pressekonferenz fehlte die Psychiatrie-Aussage, was die Nachrichtenagentur AFP als Rücknahme der Äußerung bewertete (queer.de berichtete). Sie sei weggelassen worden, "um den Gedankengang des Papstes nicht zu verfälschen", sagte eine Vatikan-Sprecherin der AFP, Homosexualität sei keine Krankheit. Die Sprecherin betonte allerdings auch, der Papst habe gemeint, "dass man vielleicht schauen muss, wie sich die Dinge auf psychologischer Ebene darstellen". Die aktualisierte Aussage lässt ebenfalls weiter viel Spielraum: "Es gibt viele Dinge, die man machen kann, um zu sehen, wie die Dinge sind".
"Freie Welt" beklagt "hasserfüllte Reaktionen der Schwulenlobby"
Die Papst-Worte seien gestrichen worden, "um eine tobende Reaktion der LGBT-Lobby zu verhindern", beklagt nun hingegen die "Freie Welt". Die ursprüngliche Äußerung habe schließlich "sofort hasserfüllte Reaktionen der Schwulenlobby in Italien und weltweit" ausgelöst. Als einziges Beispiel für den "Hass" wird ein italienischer LGBTI-Aktivist mit den Worten zitiert: "Von Psychiatrie zu sprechen, verleitet katholische Eltern zu glauben, dass man mit der Psychiatrie Homosexualität heilen kann."
Die "Freie Welt" attestiert dem Vatikan "Angst vor der "Homo-Lobby"
Das Portal hält dem dagegen: "Als Gebot Nummer 1 der LGTB-Lobby (sic) heute gilt, dass homosexuelle Neigungen nicht mit psychologischer Therapie behandelt werden können. Widerspruch oder Argumente gegen diesen Glauben werden regelmäßig Hassattacken begegnet, um Kritiker zum Stillschweigen zu bringen."
Der mit "(jp)" gekennzeichnete Artikel vom Mittwoch verweist noch darauf, dass die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität bis 1992 als Krankheit ansah. Er fragt zum Schluss: "Hat die Lobby Einfluss auf die Pressearbeit des Vatikans?" Neben der Verschwörungstheorie einer weltweiten "Homo-Lobby" soll der Artikel vermutlich auch den Gedanken verstärken, in der Kirche gebe es ein Homosexuellen-Netzwerk – wie es einige erzkatholische Gruppen zuletzt für die Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche verantwortlich gemacht hatten (queer.de berichtete). Die "Freie Welt" hatte die Theorien auch in Artikeln aufgegriffen, etwa in einem Bericht über eine "Schwulen-Mafia" und "Homohäresie" im Vatikan.
Die Alternativen: Homosexualität therapieren oder nicht ausleben
Das rechte Portal "Freie Welt" enthält seit Jahren immer wieder homo- und transfeindliche Berichte. Erst vor wenigen Wochen hatte das Magazin einen Text veröffentlicht, der Homosexuellen ein "enthaltsames Leben" nahelegt (queer.de berichtete). Vor wenigen Tagen erschien auf der Webseite ein Text, in dem ein Professor nicht nur Homosexualität, sondern auch den Vorwurf an andere, homophob zu sein, auf frühkindliche Störungen zurückführte (queer.de berichtete).
Beatrix von Storch selbst interviewte auf "Freie Welt" u.a. den umstrittenen Biologen Ulrich Kutschera (inzwischen Kuratoriumsmitglied der AfD-Parteistiftung) und veröffentlichte erst vor wenigen Tagen einen Kommentar, in dem sie die Forderungen, die Attestpflicht bei Änderung des rechtlichen Geschlechts abzuschaffen, als "Gendergaga", "zynisch" und "menschenfeindlich" bezeichnete, da das Menschen mit "subjektiv empfundener Zugehörigkeit zu einem der angeblich vielen Geschlechter" auf eine Stufe stelle mit Intersexuellen bzw. Menschen mit einer "seltenen Chromosomen-Anomalie", die sich "ihr Schicksal nicht selbst ausgesucht" hätten.
Einige der homo- und transfeindlichen Texte waren zunächst auf der Webseite der "Initiative Familienschutz" erschienen, in der das Ehepaar von Storch seinen christlichen Fundamentalismus so richtig auslebt. Initiative und "Freie Welt" sind Projekte des Vereins "Zivile Koalition", offiziell verantwortet von Sven von Storch mit Ehefrau Beatrix als Vereinsvorsitzende.
Aus der Berliner Adresse der "Zivilen Koalition", bis heute auch Sitz des Abgeordnetenbüros der AfD-Politikerin, heraus entstand einst die inzwischen offiziell eigenständige Bewegung "Demo für alle", die aufklärende Schulaufklärung zur Akzeptanz von LGBTI als "Frühsexualisierung" verteufelt, LGBTI-Rechte bekämpft und mit "Marcel" mehrfach einen Redner bot, der mutmaßlich von "Homo-Heilern" bearbeitet und vom Applaus der Zuhörer begleitet davon sprach, aus Glaubensgründen seine Homosexualität nicht auszuleben (queer.de berichtete).
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Nach dem Motto: Was früher SS-Ärzte wie Carl Vaernet im KZ versuchten, kann heute nicht schlecht sein.
Es ist nach dieser Herrenmenschenmentalität natürlich ein Skandal, wenn Volkschädlinge, die von Opas Regierung ausgemerzt wurden, Bürgerrechte erkämpfen und erhalten.