Erzbischof Dionisio García Ibáñez warnt die Kubaner davor, dass Ausländer Homosexuellenrechte ins Land bringen wollen
Die Führung der katholischen Kirche in Kuba nutzt ihre Macht, um die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben zu verhindern. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, bezeichnete Dionisio García Ibáñez, der Erzbischof von Santiago de Cuba und Chef der katholischen Bischofskonferenz, Pläne zur Ehe für alle als "Kulturimperialismus" und "ideologischen Kolonialismus", die Kuba von außen aufgezwungen werden würden. Reiche Länder würden versuchen, "Einfluss auf weniger entwickelte Länder zu nehmen, die Wirtschaftshilfe benötigen". Die Kubaner sollten "nicht ignorieren, was die Natur uns gegeben hat", so der Bischof weiter. Sollten die Kubaner nicht auf ihn hören, führe das zu "bedauerlichen Konsequenzen", warnte der 73-Jährige.
Anlass der Äußerungen ist ein Verfassungsentwurf, der im Juli von der Nationalversammlung in Havanna verabschiedet worden war und die Ehe als "freiwillig geschlossenen Bund zwischen zwei Personen" definieren soll – bislang ist in der Verfassung von der Ehe als "freiwilliger Bund zwischen einem Mann und einer Frau" die Rede (queer.de berichtete).
Neben der katholischen Kirche, der 60 Prozent aller Kubaner angehören, machen auch andere christliche Glaubensgemeinschaften Stimmung gegen die Gleichbehandlung von Homosexuellen. Fünf protestantische Kirchen haben etwa bereits erklärt, dass die Kubaner den aktuellen Verfassungsentwurf ablehnen sollten, weil "die Ehe eine exklusive Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau" sei.
Volksentscheid über Verfassung am 24. Februar
Der Verfassungsentwurf soll noch bis zum 15. November vom kubanischen Volk diskutiert und kommendes Jahr am 24. Februar in einem Volksentscheid zur Abstimmung vorgelegt werden – dabei sind erstmals auch "Nein"-Stimmen möglich. Die insgesamt 224 Artikel der neuen Verfassung sehen weitere Reformen vor, darunter die Anerkennung von Elementen des freien Marktes und das Ermöglichen von Privateigentum. Das derzeitige Verfassungsziel der Schaffung einer "kommunistischen Gesellschaft" wurde gestrichen.
Das kubanische Regime, das sich auf eine sozialistische Revolution im Jahr 1959 stützt, war über Jahrzehnte für die katholische Kirche auf dem richtigen Weg beim Thema Homosexualität: Der im November 2016 verstorbene Fidel Castro ließ zunächst Homosexuelle verfolgen und sogar in Internierungslager schicken, in denen viele zu Tode kamen. Der Diktator sah ursprünglich Homosexualität als ein böses Nebenprodukt des Kapitalismus an.
Erst 1979 wurde die gleichgeschlechtliche Liebe legalisiert, das Regime ließ aber Schwule und Lesben weiter wegen "antisozialen Verhaltens" verfolgen. Erst langsam bahnten sich Veränderungen an, die insbesondere von Castro-Nichte Mariela als Chefin des staatlichen Zentrums für Sexualaufklärung vorangetrieben wurden (queer.de berichtete).
Nach seiner Abdankung sprach Fidel Castro 2010 erstmals sein Bedauern über die von ihm angeordnete Verfolgung sexueller Minderheiten aus. Dies sei eine "große Ungerechtigkeit" gewesen (queer.de berichtete). (dk)