Der offen schwule Politiker Evan Low setzt sich für ein Verbot von Homo-"Heilung" ein, will aber erst noch mehr sondieren (Bild: Twitter / @AsmReyes47)
Nach monatelangen Debatten hat der kalifornische Abgeordnete Evan Low (Demokratische Partei) den Gesetzentwurf AB 2943 überraschend gestoppt, der sogenannte Konversionstherapien zur "Heilung" von Homo- und Transsexuellen im bevölkerungsreichsten amerikanischen Bundesstaat verboten hätte. Das Gesetz war im April bereits in erster Lesung im Abgeordnetenhaus beschlossen worden (queer.de berichtete). Es sollte medizinischem Personal generell die "Heilung" einer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität verbieten – auch jegliche Heilung von nicht-medizinischem Personal gegen Geld sollte unter Strafe gestellt werden. Der Senat hatte im August zugestimmt. Beide Kammern werden von den Demokraten kontrolliert, die auch den Gouverneur stellen.
In einem auf Twitter veröffentlichten Kommentar erklärte Low, dass er mit vielen religiösen Anführern gesprochen habe, die anerkannt hätten, "wie gefährlich diese Praxis" sei. Allerdings sei noch mehr Dialog über das Thema notwendig, so der offen schwule Politiker. "Als Abgeordneter ist es meine Pflicht, bei dieser wichtigen Entscheidung einen gemeinsamen Nenner zu finden". Low versprach, weiter auf ein Totalverbot von Konversionstherapien hinzuarbeiten: "Der Pfad zur vollen Gleichbehandlung ist ein langer, aber man muss ihn am besten zusammen gehen. Ich lade Sie ein mitzumarschieren."
"Großer christlicher Sieg"
Homo-Gegner feierten den Rückzug als Erfolg. Die christlich-fundamentalistische Meinungsseite "Life Site News" meldete den Rückzug Lows mit der Überschrift "VICTORY" in Großbuchstaben, die "Christian Post" schrieb von einem "großen christlichen Sieg".
Daniel Peidra von der homophoben Lobbygruppe Freedom of Conscience Defense Fund erklärte: "AB 2943 hätte sogar normale religiöse Stellungnahmen über gleichgeschlechtliche Affinität kriminalisiert und hätte auch LGBT verboten, die sehr persönliche Entscheidungen zu treffen, eine Konversionstherapie auszuprobieren."
Viele evangelikale Aktivisten hatten bereits mit Klagen gedroht, sollte das Gesetz eingeführt werden. Sie argumentierten, dass es gegen den ersten Zusatz der US-Verfassung verstößt, der Rede- und Religionsfreiheit garantiert. Manche argumentierten sogar, durch das Gesetz könne die Bibel verboten werden, weil diese auch gegen Homosexuelle gerichtete Passagen enthalte. Low hatte diese Anschuldigungen zurückgewiesen und erklärt, dass Kirchen auch mit seinem Gesetz Freiheiten hätten, da es nur für medizinisches Fachpersonal und bei "Heilung" gegen Bezahlung gelte.
Kalifornien war Vorreiter beim "Heilungs"-Verbot für Jugendliche
Kalifornien hatte bereits 2012 als erster US-Bundesstaat "Konversionstherapien" bei Jugendlichen verboten (queer.de berichtete). Auch damals versuchten christliche Aktivisten, das Gesetz als Verstoß gegen die Religionsfreiheit zu stoppen, scheiterten aber vor Gericht. Das Gesetz machte Schule: Inzwischen gibt es ein derartiges Verbot in 14 der 50 Staaten, zuletzt beschloss Delaware ein derartiges Gesetz (queer.de berichtete). Rund ein Dutzend weiterer Bundesstaaten debattiert derzeit ein entsprechendes Vorgehen – allerdings hat sich bislang noch kein weiterer Staat an ein Total-Verbot von "Konversionstherapien" gewagt.
Weltweit haben bislang nur drei Länder derartige "Therapien" vollständig verboten – dabei handelt es sich um Brasilien, Ecuador und als einziges EU-Land Malta, das ein entsprechendes Gesetz Ende 2016 beschlossen hatte (queer.de berichtete).
In Deutschland gab es in den letzten Wochen Bewegung bei dem Thema: Mitte August bezeichnete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die "Heilung" von Homosexuellen als "Körperverletzung" (queer.de berichtete). Unterstützung für ein Verbot erhielt Spahn von Johannes Kahrs, Sprecher für die Belange von Lesben und Schwulen der SPD-Bundestagsfraktion, während die Bremische Bürgerschaft die Landesregierung einstimmig aufgefordert hat, sich im Bundesrat für ein Verbot der Konversionstherapien einzusetzen (queer.de berichtete). Auch in mehreren Petitionen (All Out, change.org) wird der Gesundheitsminister aufgerufen, aktiv gegen Homo-"Heiler" vorzugehen.
Experten sind sich einig, dass Homo-"Heilung" nutzlos und gefährlich ist: Psychologenverbände warnen etwa bereits seit Jahren davor, dass Lesben und Schwule mit Konversionstherapien in den Selbstmord getrieben werden könnten. Der Weltärztebund verabschiedete 2013 eine Stellungnahme, nach der derartige Behandlungen "die Menschenrechte verletzen und nicht zu rechtfertigen" seien (queer.de berichtete). (dk)