Primas Nicholas Okoh glaubt, dass böse Mächte aus dem Westen die nigerianische Jugend verschwulen wollen
Der anglikanische Erzbischof Nicholas Okoh, der Primas (Vorsitzende) der Church of Nigeria, erhebt schwere Vorwürfe gegen Schwule und Lesben: Im Rahmen der nationalen Debatte um Homosexualität erklärte der 65-Jährige gegenüber der Nachrichtenagentur NAN, die gleichgeschlechtliche Liebe würde die nigerianische Gesellschaft "nachweislich vergiften". Homosexualität trage zum "Verfall von gesellschaftlichen Werten und Kulturen" bei. Schuld an der Entwicklung sei der Einfluss des Westens, so der anglikanische Würdenträger, dessen eigene Kirche auf Missionierung durch die Engländer zurückgeht.
"Homosexualität hält den Fortschritt einer Nation auf", so Okoh weiter. Er machte Satellitenfernsehen für die Entwicklung verantwortlich, da damit westliche Werte nach Nigeria getragen werden würden: "Unsere Jugend wird jetzt von internationalen Medien hinters Licht geführt, indem ihr Werte gezeigt werden, die mit unserer Kultur und den Lehren unserer Religion nichts zu tun haben." Außerdem trage die Urbanisierung dazu bei, dass junge Menschen nicht mehr den Lehren ihrer "Ahnen, Eltern oder Häuptlinge" folgen würden.
Homosexuelle Handlungen können im bevölkerungsreichsten Land Afrikas nach einem "Unzuchts"-Paragrafen aus britischer Kolonialzeit mit bis zu 14 Jahren Haft belegt werden. Nach einer auch von anglikanischer und katholischer Kirche eingeforderten Strafverschärfung aus dem Jahr 2014 können auch gleichgeschlechtliche Küsse, die Teilnahme an einer gleichgeschlechtlichen Hochzeitszeremonie, die Arbeit für LGBTI-Organisationen oder der aktive Besuch von "Gay Clubs" entsprechend mit je nach Vergehen zehn oder 14 Jahren Haft bestraft werden (queer.de berichtete).
Immer wieder kommt es zu spektakulären Massenfestnahmen von mutmaßlichen Homosexuellen – vor zwei Wochen wurden etwa 57 Männer in Arrest genommen, die in einem Hotel "schwule Initiationsriten durchgeführt" haben sollen (queer.de berichtete)
Wahlkampf um Homosexuelle
Eine große Mehrheit der Nigerianer steht laut Umfragen hinter der Verfolgung Homosexueller. Das Thema kommt im gegenwärtigen Präsidentenwahlkampf immer wieder in die Schlagzeilen – allerdings sind die Reformbestrebungen eher gering: So erklärte der Kandidat Donald Duke, der frühere Gouverneur des Bundesstaates Cross River, vergangene Woche in einer Talkshow, dass er zwar homosexuelle Gefühle nicht verstehe, diese aber nicht länger unter Strafe stellen wolle. Nach scharfer Kritik zog er seine Aussage später zurück und erklärte in einem sozialen Netzwerk: "Homosexualität ist eine Straftat in Nigeria und das soll so bleiben."
Präsidentschaftskandidatin Eunice Atuejide, die Gründerin und Chefin der National Interest Party, zeigte sich in einer Web-Talkshow offen dafür, das Verbot von Homosexualität abzuschaffen. Gleichgeschlechtliche Liebe sei zwar "unmoralisch", aber "keine Straftat", so Atuejide.
Diese Woche trat erstmals auch ein schwules Ehepaar im nigerianischen Fernsehen auf. Der 43-jährige LGBTI-Aktivist Bisi Alimi ließ sich mit seinem britischen Ehemann Anthony Davis, mit dem er gemeinsam in London lebt, in der Satiresendung "The Report Card" interviewen, eine Art nigerianische Version der "Heute-Show". (dk)
Facebook | Ein seltenes Bild: ein schwules Paar im nigerianischen Fernsehen