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Entrechtung mit Hilfe der direkten Demokratie

Rumänien: Höchstes Gericht gibt grünes Licht für homophoben Volksentscheid

Anfang Oktober werden die Rumänen darüber abstimmen, ob sie ein Ehe-Verbot für Schwule und Lesben in ihrer Verfassung verankern werden.


Homophobe Demonstration in Rumänien

  • 17. September 2018, 17:46h 24 4 Min.

Der rumänische Verfassungsgerichtshof hat am Montag mit sieben gegen zwei Stimmen entschieden, dass es keine rechtlichen Bedenken gegen einen Volksentscheid gibt, bei dem die Rumänen über eine Verfassungsänderung entscheiden sollen, mit der die Begriffe Ehe und Familie rein heterosexuell definiert würden.

Damit sind 18,5 Millionen Wähler aufgerufen, voraussichtlich am 6. und 7. Oktober zu entscheiden, ob sie folgenden Satz in die Verfassung einfügen wollen: "Die Familie basiert auf der frei vereinbarten Ehe zwischen einem Mann und einer Frau." Nach Ansicht der Richter des "Curtea Constituțională a României" verstößt das zur Abstimmung vorgelegte Gesetz nicht gegen einen Artikel in der Verfassung, nach dem keine Verfassungsänderung Freiheiten von Bürgern einschränken darf.

Die Verfassung spricht bisher geschlechtsneutral davon, dass zwei Eheleute heiraten können. Bereits jetzt ist die Ehe aber per Gesetz als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert.

Anlass für die geplante Verfassungsänderung ist die Initiative "Koalition für die Familie", die insbesondere von der orthodoxen Kirche getragen wird. Sie hatte 2016 insgesamt drei Millionen Unterschriften gesammelt, um dem Ehe-Verbot für Schwule und Lesben Verfassungsrang zu geben (queer.de berichtete). Nach einem ersten Abnicken durch das Verfassungsgericht und einigem politischen Hin und Her landete das Anliegen im Parlament: Vor gut einer Woche votierte nach dem Unterhaus auch der Senat mit überwältigender Mehrheit – 107 zu 13 Stimmen – für ein entsprechendes Gesetz (queer.de berichtete).

Mit Zustimmung wird gerechnet

Laut Umfragen gehört Rumänien neben Bulgarien und Lettland zu den homophobsten Ländern in der Europäischen Union. Daher wird mit einer Zustimmung beim Volksentscheid gerechnet. Für den Erfolg des Referendums reicht eine einfache Mehrheit aus. Voraussetzung ist lediglich, dass sich 30 Prozent der registrierten Wähler an dem Plebiszit beteiligen und 25 Prozent eine gültige Stimme abgeben.

LGBTI-Aktivisten kritisierten die geplante Abstimmung scharf: "Bei diesem Volksentscheid wird praktisch gefragt, ob die Menschen ihre Nachbarn, Kollegen, Freunde und Familienmitglieder diskriminieren wollen", erklärte Katrin Hugenbdubel von der LGBTI-Organisation ILGA Europe. Das Plebiszit gefährde die Rechte vieler Regenbogenfamilien. Rumänische LGBTI-Organisationen raten Bürgern dazu, beim Referendum zu Hause zu bleiben – damit legitimiere man diese nicht und es bestehe die Chance, das Quorum, also die Mindesteilnahme, zu unterschreiten.

Grüne: Berlin und Brüssel sollen einschreiten

Kritik kommt auch von den deutschen Grünen, die sich eigentlich für eine Ausweitung der direkten Demokratie engagieren und nationale Volksentscheide für Deutschland fordern. "Es ist zu bedauern, dass Volksinitiativen dazu missbraucht werden, Stimmung gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen zu machen und menschenfeindliche Ressentiments zu schüren", erklärten Ulle Schauws und Sven Lehmann in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Die beiden Sprecher für Queerpolitik der grünen Bundestagsfraktion forderten die Bundesregierung und die Europäische Kommission auf, sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, "dass die Freizügigkeit gleichgeschlechtlicher Paare dadurch nicht beeinträchtigt wird". Sie verwiesen dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Juni, wonach auch gleichgeschlechtliche Partner von EU-Bürgern ein Anrecht auf Freizügigkeit innerhalb der Union haben – und zwar auch dort, wo Homo-Paare nach nationalem Recht nicht anerkannt werden (queer.de berichtete). Der verhandelte Fall stammte aus Rumänien.

Schauws und Lehmann machten außerdem darauf aufmerksam, dass in dem Land Homo-Paare beispielsweise ihren Partner unter Umständen nicht im Krankenhaus besuchen und kein Aussageverweigerungsrecht vor Gericht erhielten, was die EU-Freizügigkeit für Homo-Paare weniger attraktiv mache. "Das schadet der Freizügigkeit und das schadet Europa", so die beiden Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen.

Bislang gibt es in der Europäischen Union sieben Länder, die ein ausdrückliches Ehe-Verbot für Schwule und Lesben in ihrer Verfassung aufgenommen haben – alle von ihnen befinden sich im ehemaligen Ostblock oder im ehemaligen Jugoslawien. Dabei handelt es sich um Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Ungarn und die Slowakei. Auch die EU-Beitrittskandidaten Montenegro und Serbien definieren die Ehe in ihren Landesverfassungen als Verbindung zwischen Mann und Frau. (dk)

#1 TimonAnonym
  • 17.09.2018, 18:30h
  • "Grüne: Berlin und Brüssel sollen einschreiten"

    Volle Zustimmung!

    Die EU hat (u.a. durch Druck aus Deutschland, weil deutsche Unternehmen, die neue Absatzmärkte witterten, dem schwarz-roten Kabinett Merkel-1 den Kurs diktierten) die ehemaligen Ostblock-Staaten vorschnell aufgenommen.

    Dann sollen die Verantwortlichen (EU, Union und SPD) jetzt auch dafür sorgen, dass in keinem EU-Staat Gesetze erlassen werden, die LGBTI diskriminieren!
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#2 SeeberAnonym
  • 17.09.2018, 18:55h
  • ......
    insbesondere von der orthodoxen Kirche
    ......

    Natürlich wieder mal Religioten, die Hass verbreiten. Wann erkennen die Menschen endlich, dass ALLE Religionen Unfrieden über die Menschheit bringen?!

    Religion ist das Krebsgeschwür der Menschheit, das die Menschen mit Hass vergiftet.
  • Direktlink »
#3 Alice
  • 17.09.2018, 20:43h
  • Sie können ihren Ehe-Begriff so einschränken doch werden diese Länder so etwas ähnliches wie die ehemalige Verpartnerung schaffen müssen.
    Außerdem ist davon auszugehen dass verheiratete EU-Bürger*innen in jedem EU Mitgliedsstaat verheiratet bleiben.
    Ein solcher Volksentscheid in der BRD vor ca. 30 Jahren wäre damals hier nicht viel anders ausgegangen.
    Es sitzt tief drin in den Köpfen gepaart mit Angst und die Kirchen tun ihr Übel dazu.
    Es geht die Kirchen im Übrigen nicht das geringste an was der souveräne Staat entscheidet oder Menschen für sich und ihr Leben. Sie können in ihrem Dunstkreis darüber befinden doch auch dort sind LSBTTIQ "drin" die haben Eltern, und Kinder und Verwandte und zunehmend aufgeklärte Menschen die erkennen, dass ihr Gott das offensichtlich so gewollt hat oder solche, die wie hier, ihrer "dummen" Kirche den Rücken kehren.
    Keine Religionsgemeinschaft tut sich auf lange Sicht damit einen Gefallen, sie rennen blind in ihr Vergessen statt sich einfach fair zu verhalten, dafür brauchen die nichts an ihrem Glauben ändern. Die verlangen heute ja auch nicht mehr, dass man Ehebrecher*innen zu Tode steinigen muss ebenso wie Kinder die sich wiederholt ihren Eltern widersetzen.
    Auch die einzelnen Staaten tun sich keinen Gefallen: Was wollen die mit mindestens dem Zehnten ihrer Bevölkerung machen die nun mal einfach LSBTTIQ sind - es kann nur Unrecht entstehen, eine Spaltung durch die Gesellschaft. Gerade die Ostblock-Staaten sollten wissen, dass man nicht ewig unterdrücken kann.
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