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"Es braucht mehr Sichtbarkeit"
Bayerischer Landtagsabgeordneter outet sich als transgender
Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" spricht der Grünenpolitiker Markus Ganserer aus Nürnberg davon, auch als Frau zu leben. Für mehr Akzeptanz von Transpersonen brauche es mehr Sichtbarkeit.

(Bild: privat / wikipedia)
- 9. November 2018, 21:30h 3 Min.
Erstmals hat sich ein Abgeordneter eines deutschen Landtags als transgender geoutet. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte der Grünenpolitiker Markus Ganserer: "Ich bekenne mich heute dazu, Transgender zu sein". Er wolle damit ein Zeichen setzen, denn: "Es braucht mehr Sichtbarkeit für das Thema und eine breitere Akzeptanz."
Der 41-Jährige sitzt seit 2013 im Landtag und war bei der Wahl vor rund drei Wochen über die Landesliste erneut gewählt worden – bei den Erststimmen lag er im Wahlkreis Nürnberg-Nord mit 25,9 Prozent nur 1,9 Prozent hinter der erstplatzierten CSU-Kandidatin. Der Bezirksvorstand der Grünen Mittelfranken sagte der Zeitung laut einer Vorabveröffentlichung zu einem Portrait in der Samstagsausgabe, er wolle sich nicht zwischen den Geschlechtern entscheiden, sondern als Mann und als Frau leben. Eine Behandlung oder Geschlechtsangleichung komme für ihn daher nicht in Frage.
Derzeit lebe er seine weibliche Seite nur selten aus, in Gruppentreffen oder bei Gängen durch Nürnberg – dort lebt er mit seiner Frau, die positiv auf sein Coming-out ihr gegenüber reagiert habe, und zwei Söhnen. Vor zehn Jahren habe er erstmals bemerkt, dass er auch eine Frau sei, und das lange für sich behalten."Ich führte ein Schattendasein, an dem ich beinahe zugrunde gegangen wäre", so Ganserer gegenüber der Zeitung.
Sorge vor dummen Kommentaren
In seiner Tätigkeit als Politiker wolle er weiter als Mann auftreten, so Ganserer gegenüber der SZ. Angesichts der AfD graue ihm vor dummen Kommentaren. Dennoch habe er sich zum dem öffentlichen Coming-out entschlossen: "Die Erleichterung, endlich offen leben zu können, ist aber größer." Auf Twitter schrieb er zum verlinkten SZ-Beitrag: "Ich will leben, wie ich leben will, denn ich will ich sein, anders kann ich nicht sein. Hier bin ich, ich bin Trans*, ich kann nicht anders."
Twitter / GansGruenIch will leben, wie ich leben will,
Markus Ganserer (@GansGruen) November 9, 2018
denn ich will ich sein, anders kann ich nicht sein.
Hier bin ich, ich bin Trans*, ich kann nicht anders.#ZukunftWirdAusMutGemacht https://t.co/2BEF4gQQAj
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Demnächst wolle er sich auch queeren und speziell Trans-Themen widmen, meinte der mobilitäts- und forstpolitische Sprecher der Fraktion. Noch immer fehle gesellschaftliche Toleranz – "es sind vor allem Transmenschen, die darunter leiden", so Ganserer. In Bayern sei endlich ein Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie nötig, auf Bundesebene eine umfassende Reform des Trans- und Intersexuellenrechts statt der Minimallösung zur Umsetzung des Karlsruhe-Urteils zur Dritten Option.
Vor zwei Jahren war die Grünenpolitikerin Nyke Slawik in NRW als erste offen auftretende Transfrau zur Wahl in ein Landesparlament angetreten (queer.de berichtete), die Partei erzielte aber nicht genügend Sitze. Rund zehn Jahre zuvor schloss der ehemalige PDS-Bundestagsabgeordnete Christian Schenk eine Namensänderung und Geschlechtsanpassung ab. Auch in anderen Ländern gibt und gab es Trans-Politiker: Im polnischen Sejm saß etwa zwischen 2011 und 2015 die transsexuelle Abgeordnete Anna Grodzka.
