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Literatur
Authentische Figuren in der Dating-Hölle
Daniel Zomparellis erster Erzählband "Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich" vereint 32 Geschichten aus dem schwulen Leben, die irgendwie zusammenhängen – und irgendwie doch nicht.

Der kanadische Autor Daniel Zomparelli ist Gründer der Zeitschrift "Poetry Is Dead" und Co-Moderator des Podcasts "Can't Lit". Er lebt in Vancouver (Bild: Luke Fontana)
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30. Dezember 2018, 01:52h 3 Min.
"Ich mag Obstkuchen", "Date: Muskelmann" oder "Smiley mit rausgestreckter Zunge" heißen die Storys, die Daniel Zomparelli in "Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich" (Amazon-Affiliate-Link ) gesammelt hat. Einige sind nur wenige Sätze lang, eher Vignetten, ganz kurze Eindrücke, andere sind länger.
Ob kurz oder lang, die 32 Geschichten sind, oder könnten, irgendwie zusammenhängend sein. Zumindest tauchen immer wieder dieselben Namen auf – Ryan, Jacob, Dave, manche haben nur Buchstaben, R und C. Es geht um schwules Online-Dating, Freundschaft, Trennung und Verlust. Manche Geschichten bauen aufeinander auf, andere wirken völlig losgelöst vom Rest, fügen sich auch thematisch überhaupt nicht in den Erzählband.
Blasse Figuren, glaubhafte Dialoge

Für "Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich" wurde Daniel Zomparelli für den kanadischen Ethel-Wilson-Literaturpreis nominiert
Dass die Geschichten so unzusammenhängend wirken, liegt daran, dass Daniel Zomparellis Figuren völlig blass bleiben. Es entsteht kein Bild von diesem Ryan, von Jacob oder Dave, erst recht keine Empathie, sie haben keine besonderen Eigenschaften, sie haben nur ihre Handlungen und ihre Worte. Die Dialoge sind einfach, und gerade deshalb ungemein authentisch, sie sind die Stärke des Buches. Doch der Rest ist flach, sprachlich monoton, verworren – und frustrierend.
Denn, und vielleicht ist das die falsche Herangehensweise an dieses Buch, die Faust'sche Suche nach dem, was die Geschichten im Innersten zusammenhält, ist frustrierend, und es wird wohl keine Antwort geben. Mit jeder einzelnen Seite steigt die Hoffnung, doch noch im Zusammenhang das große Ganze zu erkennen – vergebens.
Einige der Geschichten, für sich betrachtet, bringen zum Schmunzeln, etwa wenn es um die klischeehaften, aber wahren "Hi wie geht's was suchst du wann kommst du vorbei"-Chats geht, wenn Zomparelli erste und zugleich letzte Dates beschreibt, wie sie direkt aus der Dating-Hölle zu stammen scheinen, wenn die eigenen Freunde einen zu Sexdates überreden wollen. Auch die Form, kurze Episoden, einzelne Gespräche und lange Geschichten aneinanderzureihen, dabei zwischen Personen und Perspektiven zu wechseln, ist für sich genommen eine interessante Erzählform, die aber in diesem Fall nur leider überhaupt nicht aufgeht.
Eine Dreierbeziehung mit Geistern
Dazu kommen immer wieder fantastische Elemente, eine Dreierbeziehung mit Geistern, die Grenzen zwischen Traum, Wirklichkeit und Träumerei verwischen immer mehr. Auch das hat irgendwie seinen Reiz, aber, wie so vieles in diesem Werk, nur irgendwie – denn insgesamt bleiben auch diese Episoden zu flach, wirr und reihen sich nicht wirklich in den Rest ein.
Das alles ist schade, denn die Geschichten könnten so aus dem Leben gegriffen sein, so viel Empathie erzeugen, Platz für Identifikation bieten – doch am Ende lässt "Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich" einen vor allem ratlos zurück.
Daniel Zomparelli: Die Welt ist schlecht und du bist echt unausstehlich. Storys. Übersetzt aus dem Englischen von Nicola Heine und Timm Strafe. 240 Seiten. Albino Verlag. Berlin 2018. Taschenbuch: 18 @ (ISBN 978-3-86300-260-2). Ebook: 11,99 €
Links zum Thema:
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» Besprechung des Buchs auf sissymag.de
» Homepage von Daniel Zomparelli
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