Josi Melonie ist auch noch guter Dinge, nachdem die DSDS-Jury vier Mal "Nein" gesagt hat (Bild: josiemelonie / Instagram)
Am Samstag hatte Josi Melonie ihren großen Auftritt bei "Deutschland sucht den Superstar": Die 24-Jährige kam leicht bekleidet und mit zwei Melonen, die sie vor ihre Brüste hielt, zum Casting – und machte gleich eine anzügliche Bemerkung in Richtung Juror Pietro Lombardi: "Ich hab gehört, du bist kleiner als ich. Du hast ja die perfekte Größe für meinen Melonen."
"Poptitan" Dieter Bohlen fragte daraufhin: "Warst du mal ein Mann oder so?" – eine Frage, die von transsexuellen Aktivstinnen stets kritisiert wird, da die Geschlechtsidentität nicht durch Genitalien bestimmt werde. Josi nahm daran aber keinen Anstoß und antwortete: "Ja, ich bin als Junge geboren" – auch das eine umstrittene Formulierung, ebenso wie die weiteren Bohlen-Nachfragen ("Dann hast du dich ein bisschen umändern lassen?" sowie "Und unten biste auch schon alles…"). Auch Pietro Lombardi wollte sich noch etwas aufklären lassen. Der 26-Jährige fragte, ob Josi immer noch etwas festhalte, wenn sie "Pipi gehen" müsse. Josis Antwort: "Das habe ich nie gemacht."
"Schöne Zähne"
Rein äußerlich war die Jury mit Josi zufrieden. "Schöne Zähne", befand Bohlen. Mitjurorin Oana Nechiti ergänzte: "Schönes Gesicht auch". Doch dann gab die Kandidatin nach einer Warnung ("Das ist ein Ballermann-Song") und nach der Beschwerde, dass sie immer auf ihre Brüste reduziert werde, ihre Eigenkomposition "Zeig mir deine Melonen" zum Besten. Und mit dem gute Willen der Jury war es sofort vorbei: "Du gehst sehr offensiv mit der Geschichte um, aber du kannst nicht singen", urteilte Bohlen. Ein Lob gab der 64-Jährige der Kandidatin noch: "Ich würde mir wünschen, ich wäre auch so super drauf wie du."
Josi war aber offenbar mit ihrem Auftritt zufrieden. Ihr Lied ist auf verschiedenen Plattformen als Download für Ballermannpartys verfügbar – mit dem werbeträchtigen Zusatz, dass der Song "bekannt aus 'DSDS'" sei. (cw)
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Der Punkt ist ja auch: Man hat das nicht gerne, es ist übergriffig, aber man hat's nach zwei, drei Jahren mit dem Thema auch einfach so oft erlebt, dass man sich entweder aus den entsprechenden Situation komplett fernhält, oder submissiv damit umgeht. Dass das Umfeld mal den übergriffigen Menschen angeht statt dich, wenn du aufbegehrst und so ein Verhalten offenablehnst, gibt's nur in einigen Ecken von Twitter oder extrem begrenzten trans*positiven Räumen, und die sind so gut wie nicht vorhanden. Der Gruppendruck besteht insofern immer dahingehend, da schön brav mitzuspielen.
Was ich immer lustig finde: Trans*personen kommen in Filmen und Serien ja auch vorzugsweise in der Rolle als Mord- oder Gewaltopfer oder -täter vor. Bei der Täterrolle ist die "Haupt"-strafe am Ende gern "Sie werden niemals eine richtige Frau sein". Und ich würd mir an der Stelle mal so sehr eine Trans*person wünschen, die laut zu lachen anfängt und die Leute dann drauf hinweist: "Ja, oh, das hab ich noch niiie in meinem Leben gehört! So echt, gar nicht! Gut, dass Sie mich darauf hinweisen!"
Das sind alles so Minderheiten-Realitäten, denen man sich regelmäßig gegenüber sieht. Schön ist es insofern nicht, wenn man sich dem Bullshit-Bingo mal wieder stellen muss. Aber wer nach mehr als drei Jahren offen out ist, hat nicht wirklich die Wahl, mit sowas klarzukommen.
Das Lob der Cis-Leute darüber, dass Menschen ja auch brav sein können und sowas ohne Protest, Widerspruch und Gezicke, mit sowas wie Würde, ertragen, hör ich auch jetzt schon. Und die sind halt die Mehrheit. Von der Handvoll Trans*Leute, die sich die klare Kante gewünscht hätten, hat sie nichts, wenn diese Mehrheit verbal auf sie eindrischt.
Und mal sorry, aber: Wie viel Zickigkeit nichtmal von der eigenen Minderheitengruppe akzeptiert wird, haben wir an Fabrizios Beispiel doch gerade erst schön vorgeführt bekommen. Die meisten Trans*Leute wollen vielleicht nicht das Beispiel demonstriert bekommen, was alles okay sei. Aber einen vergleichbaren Shitstorm, vergleichbare Erklärungen und Distanzierungen dazu, dass wir ganz bestimmt nicht alle so schlimm wären, und was nicht alles noch mehr, wollen wir über unseresgleichen dann doch nicht erleben. Und das kommt halt dabei heraus, wenn man sich Schikane und Diskriminierung NICHT gefallen lässt: Die zickige, übertrieben empfindliche Person, die einfach keinen Spaß versteht, grundsätzlich übertreibt, und ganz offensichtlich überhaupt bloß den Entschluss gefasst hat, derart anders sein zu müssen, um Aufmerksamkeit abstauben und mit Rechthaberei nerven zu können.
Ich find's nicht gut, wenn man sich sowas gefallen lässt, und öffentlich ein Beispiel dafür setzt, was offensichtlich alles okay sei. Aber ich werd jetzt niemanden dafür hassen oder verurteilen, nachzugeben und damit das Glatteis zu vermeiden. Ich habe selbst nicht immer die Nerven, mich dem Gegenwind auszusetzen, manchmal hat man einfach nicht die Kraft dazu; und welche Qualitäten der Gegenwind ggf. annehmen kann, haben wir jüngst erst erlebt. Niemand sollte verpflichtet sein, für die eigenen Rechte einzustehen, wenn absehbar ist, dass der Preis dafür derart hoch ist. Bezahlen würden ihn auch von den Kritikern die wenigsten. Da zu singen ist auch so schon anstrengend und stressig genug.
Also ... schade, wär eine Chance gewesen, Akzeptanz zu beweisen. Aber halt nicht auf Verantwortung der Kandidatin. Sondern von Seiten der Jury.