Der Wiener Künstler Karl Iro Goldblat war nicht nur langjähriges, führendes Mitglied der legendären Kommune des Malers und Aktionisten Otto Muehl, sondern auch schwul. In einem Text von 1976 beschrieb Goldblat, wie er durch die Kommune von seiner Homosexualität "geheilt" wurde. Denn in der streng nach Prinzipien kommunistischen Gemeinschaftseigentums und der angeblich freien Liebe aufgebauten Gruppe galt Homosexualität als Krankheit, die es zu überwinden galt.
Längst geheilt von der "Heilung", veröffentlichte Goldblat Ende des letzten Jahres seine Autobiografie unter dem Titel "Als ich von Otto Muehl geheilt werden wollte" (Amazon-Affiliate-Link ) im Klagenfurter Ritter Verlag.
Freie Liebe nur für Heteros
Goldblats Autobiografie ist Ende 2018 im Ritter Verlag erschienen
Die von Muehl 1970 gegründete Kommune auf dem Friedrichshof, 60 Kilometer südöstlich von Wien gelegen, war eines der radikalsten gesellschaftlichen und künstlerischen Experimente, die es in Österreich je gab: freie Heterosexualität, Gemeinschaftseigentum, Förderung der Kreativität, gemeinsame Kindererziehung usw. Auf dem Höhepunkt der auch ökonomisch erfolgreichen Bewegung nahmen 700 Menschen daran teil – mit Ablegern in Berlin, Düsseldorf, München, Zürich, Paris und La Gomera.
Karl Iro Goldblat war als bildender Künstler und Pädagoge fast von Anfang an und bis zum bitteren Ende mit dabei, er gehörte zum engeren Kreis um Otto Muehl und hatte wichtige Funktionen in der Kommune inne, die von Josef Beuys bis Bruno Kreisky zahlreiche prominente Unterstützer fand. In seinem Buch beschreibt Goldblat das Scheitern der Bewegung aus der Sicht eines Beteiligten und – als Jude und Homosexueller – doppelten Außenseiters.
Seine Darstellung ist spannende Erzählung und schonungslose Selbsterforschung in einem. Goldblat versucht nicht nur die Verführungskraft der Kommune zu begreifen, sondern – und vor allem – die Mechanismen zu beschreiben, die zu ihrem grauenhaften Scheitern führten: Otto Muehl wurde 1991 "wegen Sittlichkeitsdelikten, Unzucht mit Minderjährigen bis hin zur Vergewaltigung, Verstößen gegen das Suchtgiftgesetz und Zeugenbeeinflussung" zu sieben Jahren Haft verurteilt, die er vollständig verbüßte. (cw/pm)
Infos zum Buch
Karl Iro Goldblat: Als ich von Otto Muehl geheilt werden wollte. Autobiografie. 218 Seiten. Ritter Verlag. Klagenfurt 2018. 18,90 €. ISBN: 978-3-85415-584-3
Links zum Thema:
» Mehr Infos zum Buch und Bestellmöglichkeit bei amazon.de
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
Informationen zu Amazon-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu amazon. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.