Polunin vor einigen Jahren am Set eines viralen Videos des schwulen Regisseurs David LaChapelle zu einem Song von Hozier, der die Homofeindlichkeit der katholischen Kirche kritisiert
Auch nachdem der in internationale Kritik geratene Balletttänzer Sergei Polunin am Montag bei einer Konferenz in München einige seiner menschenfeindlichen Äußerungen wiederholt hat, halten die Bayerischen Staatsoper und das Staatsballett an seinem Engagement fest. "Homophobe oder rassistische Tendenzen liegen ihm fern", so die neueste und bereits dritte Mitteilung des Hauses zum Thema unter Verweis auf "eingehende Gespräche", die man mit dem 29-Jährigen geführt habe.
Es sei "nicht seine Absicht, mit seinen Äußerungen Menschen anzugreifen oder zu verletzen", fasst die gemeinsame Erklärung von Nikolaus Bachler, Intendant der Bayerischen Staatsoper, und Igor Zelensky, Direktor des Bayerischen Staatsballetts, zusammen. "Er wollte mit seinen Kommentaren in den sozialen Medien provozieren und dadurch größere Aufmerksamkeit für Themen wie zum Beispiel Gesundheitsgefährdungen durch Übergewicht erzeugen."
In einem später gelöschten Eintrag bei Instagram hatte Polunin geschrieben, dass man "fette Menschen schlagen" sollte. In einem weiteren Eintrag hatte er männlichen Balletttänzern vorgeworfen, nicht männlich genug, "schwach" und "peinlich" zu sein: Man sollte sie schlagen, damit sie aufwachen. Männer sollten Wölfe, Kämpfer und Anführer der Familie sein. Stattdessen würden Frauen nun Männerrollen übernehmen, weil die Männer sie nicht fickten.
Zwei Einträge aus Polunins Instagram-Kanal: Jener zu männlichen Balletttänzern und einer mit seinem Putin- und dem älteren Kolovrat-Tattoo
Der Eintrag war allgemein als homophob kritisiert worden. Die Staatsoper geht in der Mitteilung vom Donnerstag nicht näher auf den Eintrag und den Vorwurf ein und ignoriert auch Kritik an Polunins Tattoos (eines von Präsident Wladimir Putin und eines mit einem bei Rechtsextremen beliebten, dehm Hakenkreuz ähnlichen Symbol). Auch Einträge, in denen der gebürtige Ukrainer Putin lobt, "Fake News" gegen ihn beklagt und einen Stopp der Russland-Sanktionen fordert, werden von der Staatsoper ignoriert. Die ukrainische Community in München hatte ihn als "nicht willkommen" erklärt.
Zwei Opernhäuser, zwei Haltungen
Anfang der letzten Woche hatte die Pariser Oper bekanntgegeben, Auftritte Polunins im Februar abzusagen – seine Botschaften seien nicht mit den Werten des Hauses vereinbar (queer.de berichtete). Damit nahm der Druck auf die Münchner Staatsoper zu, zwei für letztes Wochenende geplante Auftritte abzusagen.
Die Oper betonte hingegen, Polunin vor Gesprächen mit ihm nicht "voreilig stigmatisieren" zu wollen, weswegen man zumindest an diesen beiden Auftritten festhalte; danach schaue man weiter (queer.de berichtete). Vor einem der dann stattgefundenen Auftritte sagte Intendant Nikolaus Bachler gegenüber der BR-"Rundschau": "Es gibt nur einen Grund, jemanden den Beruf zu verbieten oder den Vertrag zu brechen – wenn der mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Konflikt kommt. Das ist nicht der Fall."
Nikolaus Bachle verteidigt das Engagement Polunins. Der Beitrag des BR mit Äußerungen des Opern-Intendanten und von Opernbesuchern lässt sich hier ansehen
Bei einem Interview im Rahmen der Konferenz "Digital-Life-Design" am Montag hatte sich Polunin weitgehend uneinsichtig gezeigt und viele Äußerungen, etwa zu Putin, wiederholt (queer.de berichtete). Der Spruch zu Übergewichtigen sei "nicht völlig ernst gemeint" gewesen. "Aber wenn ein tatsächlicher Schlag die Menschen aufweckt, wäre das toll. Es ändert ihr Leben", so Polunin. Der Eintrag zu Ballett-Kollegen habe nichts mit Schwulen und Lesben zu tun gehabt, sondern mit Stärke und Männlichkeit. "Ich persönlich möchte auf der Bühne keine Männer sehen, die keine Männer sind. Egal, ob du schwul oder hetero bist. Es gibt etwa Romeo und Julia: Ich möchte keine zwei Julias rumrennen sehen."
Trotz dieser Äußerungen und kritischen Medienechos ("Ich kann und ich will nicht um Entschuldigung bitten", zitiert ihn die Süddeutsche in ihrer Überschrift), stellt die Oper nun drei Tage später fest, man habe "beschlossen, an dem bestehenden Engagement von Polunin festzuhalten." Die "Diskussion über die aufgekommenen Fragen" sei damit nicht abgeschlossen und man werde "sich weiterhin mit der Problematik auseinandersetzen", so Bachler und Zelensky. "Themen wie die Frage nach der Grenze zwischen privater und öffentlicher Meinung, nach den Kriterien zur Beurteilung der Meinung Dritter und nach der Verantwortung einer Institution werden uns auch weiterhin beschäftigen."
Grüne beklagen "faschistoide Positionen"
Die Münchner Grünen forderten am Donnerstag hingegen in einer Presseerklärung, dass sich das Staatsballett klar von Polunin distanziert und er nicht erneut dort auftritt. "Wer mit faschistoiden Positionen sympathisiert und sich mit menschenverachtenden Aussagen brüstet, der hat auf einer Bühne in unserer Stadt nichts verloren", so Gudrun Lux, Vorsitzende der Münchner Grünen. "München hat ein schweres Erbe als sogenannte Hauptstadt der nationalsozialistischen Bewegung. Zur historischen Aufarbeitung, Erinnerungs- und Gedenkkultur gehört als Gegenstück, auch hier und heute stets dafür einzutreten, dass Menschenverachtung keinen Raum hat. Das erwarten wir auch vom Bayerischen Staatsballett."
Die "kritisierten menschenverachtenden, unter anderem homophoben Äußerungen" seien bei Polunin "kein Einzelfall", "sondern offenbar Teil eines kruden faschistoiden Weltbilds", so die Grünen. "Die Werte der Pariser Oper, die einem weiteren Engagement Polunins entgegenstehen, stünden auch dem Bayerischen Staatballett gut zu Gesicht", betonte Lux. "Doch statt hier klar Position zu beziehen und für Respekt und Toleranz einzustehen, hat sich die Leitung dieser Kulturinstitution des Freistaats bisher mit einer Mischung aus unkonkreter Distanzierung und vager Verteidigung versucht aus der Affäre zu ziehen. In einer weltoffenen Stadt wie München ist gerade in öffentlichen Einrichtungen kein Platz für Positionen, die sich aggressiv gegen Minderheiten richten und an faschistische Traditionen anknüpfen."
Das nächste Mal soll Polunin am 25. März in München zu sehen sein, in der Titelrolle in "Spartacus".
Natürlich nicht. Die Ursachen oder Einzelschicksale interessieren ihn sowieso nicht.
""Aber wenn ein tatsächlicher Schlag die Menschen aufweckt, wäre das toll. Es ändert ihr Leben", so Polunin."
Da hat er ausnahmsweise mal recht:
Ein "Schlag" kann tatsächlich das Leben eines Menschen nachhaltig verändern:
Depressionen, Rückzug, Isolation usw.
Aber das würde diesen mitleidslosen Misanthropen eh kalt lassen. Für ihn zählt nur sein Ego und seine Karriere.
Dafür ist er sicherlich schon über viele Leichen gegangen.