Nur ein kleiner Teil des von LGBTI-Organisationen gesammelten Hasser, der sich über Hassani ausschüttete (Bild: Stop Homophobie / Twitter)
Frankreichs Kandidat für den Eurovision Song Contest, Bilal Hassani, wehrt sich gegen den massiven Online-Hass, der ihm entgegen schlägt. Der 19-jährige schwule Sänger erstattete am Dienstag Anzeige gegen Unbekannt wegen "Beleidigungen, Aufrufen zum Hass und zur Gewalt sowie homophoben Drohungen", wie sein Anwalt mitteilte.
Seit der junge Franzose mit marokkanischen Wurzeln mit seinem Lied "Roi" (König) am ESC-Vorentscheid teilnahm, hagelte es Schmähungen in den sozialen Netzwerken. Diese hätten sich seit dem Finale am Samstag zu einer "Lawine" entwickelt, so der Anwalt.
Der Sänger werde als "Pädophiler", "Schwuchtel" oder als "Schande" für Frankreich oder den Islam beschimpft. Wie der Anwalt beklagte, gebe es zahlreiche Aufrufe zu Gewalt oder sogar Mord. "Wir werden diesen Hurensohn töten, das ist keine Belästigung, sondern Common Sense", lautete nur einer der Einträge.
Hassani hatte sich am Samstag gegen sieben weitere Teilnehmende des Vorentscheid-Finales durchgesetzt und wird damit das Land im Mai beim ESC in Tel Aviv vertreten (queer.de berichtete). Seine Markenzeichen sind eine platinblonde Perücke, auffällige Schminke und eine Nickelbrille. In seinem wechselweise auf Englisch und Französisch gesungenen Lied wirbt er für Akzeptanz. "Wenn ich träume, bin ich ein König", heißt es darin.
Über 200 Anzeigen noch vor Finale
Der Sänger hatte sich 2017 als schwul geoutet, in seinen erfolgreichen Kanälen in sozialen Netzwerken und Videoportalen. Bekannt wurde er 2015 durch seine Teilnahme bei "The Voice Kids" – bei den Auditions sang er "Rise Like a Phoenix" von ESC-Gewinnerin Conchita Wurst. Auch das Vorbild hatte lange mit Online-Hass zu kämpfen – fast vergessen scheint heute der große Protest, der sich gegen die Nominierung Wursts durch den ORF in Österreich regte und etwa in der Facebook-Seite "Nein zu Conchita Wurst" bündelte (queer.de berichtete).
Hassanis Vorgehen gegen Hass-Kommentare geschieht in Zusammenarbeit mit den Organisationen SOS Homophobie und Urgence Homophobie, die derzeit gezielt auf Online-Hetze aufmerksam machen. Sie hatten bereits am letzten Donnerstag bekannt gegeben, allein bei Twitter über 1.500 Einträge mit Beleidigungen, diskriminierenden Äußerungen und Bedrohungen zu dem Sänger gezählt zu haben. In dem Zusammenhang habe man bereits 213 Anzeigen gestellt und dazu Beweismaterial übergeben.
Das Ziel ist, dass man nicht länger "beleidigen, bedrohen und zum Mord aufrufen" könne, ohne dass das Konsequenzen hat, so Hassanis Anwalt. Das Strafrecht sehe für solche Fälle nicht ohne Grund deutliche Strafen vor: "Menschen, die glauben, dass sie an ihrem Computer durch die Anonymität geschützt sind, sollten sich Sorgen machen." Französische LGBTI-Organisationen hatten zuletzt eine Zunahme homo- und transfeindlicher Gewalt festgestellt. Auch deswegen hatte die französische Regierung am Montag eine Akzeptanzkampagne an Schulen gestartet (queer.de berichtete). (nb/afp)