Laute Diskussion ums stille Örtchen: In mehreren geplanten Grundschulen in Bayern sollen die Kinder künftig zwischen drei Toiletten wählen können: einer Toilette für Mädchen, einer für Jungen und einer für das sogenannte dritte Geschlecht. Während manche die zusätzlichen Toiletten für sinnvoll halten, betrachten andere die Wahlmöglichkeiten für Grundschüler*innen als kontraproduktiv.
Der Münchner Kinderpsychologe Klaus Neumann etwa bezeichnet das Thema eher als "nice-to-have". Ihm seien keine ernstzunehmenden Untersuchungen oder Studien bekannt, die nachweisen, dass bereits Grundschulkinder sich der Geschlechterdifferenzierung bewusst sind. Auch ließe sich Diskriminierung selbst bei mehr als drei Toiletten nicht aus der Welt schaffen. Praktischer und realistischer wären aus seiner Sicht Unisex-Toiletten. Aber statt sich auf Toiletten zu fokussieren, wäre ein offener, annehmender Unterricht über Sexualität und alle dazugehörigen Fragestellungen sinnvoller, so der Psychologe.
Deutsches Jugendinstitut für dritte WC-Option
Anders sieht das die Diplom-Psychologin Nora Gaupp vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. "Ein substanzieller Anteil von Jugendlichen und Erwachsenen, die sich als transgender bezeichnen, berichtet davon, schon als Kind ein gewisses 'Anderssein' gespürt zu haben. Das betonen auch Eltern von Transkindern."
Wenn Kinder schon im Grundschulalter lernten, dass Mädchen und Junge nicht die einzige Option sind, könne das dazu führen, dass Vorurteile abgebaut werden. Gaupp hält allerdings Sitz- und Steh-Toiletten für die deutlich praktikablere Lösung. "Die machen die Binarität von Frauen und Männern nicht mehr notwendig – und es ist auch baulich einfacher, wenn man einfach beide vorhandenen Toiletten zu solchen Toiletten umbaut." Über Pläne zu dritten Toiletten in geplanten Schulen in den oberbayerischen Gemeinden Taufkirchen, Garching und Pullach hatten zuvor der "Münchner Merkur" und die "tz" berichtet.
GEW: Dritte Toiletten schützen vor Diskriminierung
Als "schwieriges Thema" bezeichnet auch Henrike Paede, stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Elternverbandes, die Diskussion: "Einerseits ist es gut, wenn die Kinder frühzeitig das Bewusstsein dafür bekommen, dass es auch ein diverses Geschlecht gibt. Aber ich frage mich schon, ob betroffene Kinder das selbst in diesem Alter überhaupt schon wissen können. Das traue ich mich nicht abschließend zu beurteilen." Gleichzeitig sieht Paede die dritten Toiletten als Chance, Erfahrungen darin zu sammeln, wie kleine Kinder mit dem Thema umgehen.
Für Dorothea Weniger von der bayerischen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind die neuen Toiletten vor allem ein Zeichen der Anerkennung, dass es nicht nur Männer und Frauen gibt. "Mittlerweile kann das dritte Geschlecht in die Geburtsurkunde eingetragen werden. Damit müssen auch die Strukturen angepasst werden und dazu gehört auch eine dritte Toilette in der Grundschule." Nicht zuletzt werde so auch ein neues Denken in Gang gesetzt und Diskriminierung vorgebeugt – das sei schließlich auch eines der pädagogischen Hauptziele an Schulen.
Baden-Württemberg sieht keinen Bedarf
Das baden-württembergische Kultusministerium sieht dagegen keinen Anlass, Schultoiletten für das dritte Geschlecht einzurichten. "Es ist bei uns nicht angedacht, aber den einzelnen Schulen ist das freigestellt", sagte ein Sprecher von Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU) in Stuttgart. Ihm sei auch keine Schule bekannt, die dies plane.
Der Bundesvize-Chef des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, bezweifelt, dass junge Menschen sich outen würden, indem sie ein spezielles WC für das dritte Geschlecht aufsuchen. Für die, die das dennoch tun, würde es ein Spießrutenlaufen, sagt er voraus. "Das könnte zu einer Stigmatisierung führen." Außerdem sei die Finanzlage der kommunalen Schulträger so angespannt, dass sie die Schulen nur mit dem Nötigsten ausstatten könnten. Der Bedarf an solchen Toiletten sei aber verschwindend gering.
Beim Landeselternbeirat war noch kein Interesse an einer solchen Toilette angemeldet worden. Wenn die Frage an das Gremium herangetragen werde, werde es sich tiefergehend mit dem Thema auseinandersetzen, sagte LEB-Landeschef Carsten Rees. Brand, der auch VBE-Landeschef ist, will auch an der Trennung nach Jungen und Mädchen festhalten. Bei einer Freigabe könne es zu Belästigungen der Mädchen kommen. Und Jungen dürften sich nicht wohl fühlen, wenn sie am Pissoir von Mädchen beobachtet werden könnten. Der Umgang mit Menschen mit drittem Geschlecht bedürfe einer vorurteilsfreien Diskussion. "Dass Grundschulen da Vorreiter sein sollen, obwohl die Gesellschaft noch nicht so weit ist, halte ich nicht für sinnvoll."
Toiletten mit und ohne Pissoirs beim CSD Stuttgart
Auch der Geschäftsführer des Christopher Street Day (CSD) in Stuttgart, Christoph Michl, findet, eine möglichst wenig emotional aufgeladene gesamtgesellschaftliche Debatte über das Thema sei unverzichtbar. Es stelle sich die Frage: "Brauchen wir eine Einteilung in heutiger Zeit überhaupt noch?" Andererseits könne eine völlige Freigabe Menschen abschrecken, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. "Für sie stellt die Trennung einen Schutz dar." Dies in Grundschulen abzuwägen, halte er für mutig, es weise aber in die richtige Richtung. Eine Umsetzung setze eine Diskussion voraus, an die alle Beteiligten in der Schule einbezogen werden.
Er habe beim CSD in Stuttgart mit seinen 20.000 Teilnehmenden keinerlei Kritik an der Regelung gehört, Toiletten mit und ohne Pissoirs auszuweisen – also nicht nach Geschlecht getrennt. Das sei eine praktikable Lösung, die in schon bestehenden Einrichtungen aufwendige Umbauten vermeiden könne. (cw/dpa)
Zuerst einmal können sich alle Kinder egal was zwischen den Beinen ist hinsetzen beim toilettengang. Stehpinkeln muss keiner.
Braucht es unbedingt toileten für intersex und transkinder? Meiner meinung nach eben nicht wenn es Kabinen gibt. Von mir aus sind auch unisextoiletten ok.
Die sorte Toiletten die ich viel lieber sehen würde sind die für Körperlich behinderte Menschen und Schulen die auf rollstuhlfahrer vorbereitet sind.