Joseph Edward Strickland, seit 2012 Bischof der katholischen Diözese im texanischen Tyler, hat am Wochenende in einem Tweet Nancy Pelosi, die derzeit ranghöchste demokratische Politikerin, wegen einer "ketzerischen" Aussage scharf kritisiert und ihr das Katholisch-Sein abgesprochen. Anlass war die Unterstützung der Kalifornierin für die gleichgeschlechtliche Eheschließung, die in den gesamten USA seit Juni 2015 möglich ist – und ihre Meinung, dass sie die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht mit ihrem katholischen Glauben in Einklang bringen könne.
"Eine weitere sogenannte katholische Politikerin", schrieb Bischof Strickland. "Diese Aussage ist ketzerisch. Die Ehe ist nach der katholischen Lehre eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau. PUNKT!"
Die Aussage, auf die sich Strickland bezieht, ist bereits dreieinhalb Jahre alt: Im Mai 2015, wenige Wochen vor der Ehe-Öffnung, erklärte Pelosi ihre Unterstützung für die Ehe für alle im Nachrichtensender MSNBC. In dem Interview sagte die Demokratin damals, dass sie als Katholikin jeden Menschen als wertvoll betrachte – und daher die Ehe für alle unterstütze. Sie sagte auch, sie habe ihre minderjährigen Enkelkinder zu einer Veranstaltung der LGBTI-Organisation Gay and Lesbian Victory Fund mitgenommen, damit auch diese mit dem Thema konfrontiert werden.
Nancy Pelosi gilt seit Januar, als sie den Chefposten im Repräsentantenhaus übernahm, als mächtigste Gegenspielerin von US-Präsident Donald Trump – und konnte im Streit um den Shutdown bereits einen Sieg gegen den Republikaner erringen
Pelosi unterstützt LGBTI-Rechte seit Jahrzehnten
Die 78-jährige Pelosi ist bereits seit 1987 für Kalifornien Mitglied des US-Repräsentantenhauses – ihr Wahlkreis liegt in San Francisco. Anders als viele ihrer Parteifreunde galt sie seit Beginn ihrer politischen Karriere als Verfechterin von LGBTI-Rechten – etwa auch, als ihre Partei in den Neunzigerjahren homophobe Gesetze wie den "Defense of Marriage Act" unterstützte, der die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen verboten hatte. Sie gab 1996 eine der wenigen "Nein"-Stimmen (das Endergebnis: 342 zu 67). Das "Gesetz zur Verteidigung der Ehe" wurde 2013 für verfassungswidrig erklärt (queer.de berichtete).
Pelosi war zwischen 2007 und 2011 und ist erneut seit dem 3. Januar 2019 Sprecherin (Speaker) des Repräsentantenhauses – sie ist damit die höchstrangige gewählte Frau in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. Als "Speaker" ist sie laut der US-Verfassung nach dem Vizepräsidenten die nächste Nachrückerin für das Präsidentenamt, sollte dieser sein Amt nicht mehr ausüben können oder wollen.
Die Attacke Stricklands ist keine Überraschung: Die Führung der amerikanischen katholischen Kirche gilt als äußerst LGBTI-feindlich. Bei Volksentscheiden gab die Kirche vor der Ehe-Öffnung 2015 Millionen von Dollar aus, um für die Beibehaltung des Ehe-Verbots zu werben. Das katholische Fußvolk ist dagegen weltoffener eingestellt: Laut Umfragen unterstützen inzwischen zwei Drittel der Katholiken die Ehe für alle – teilweise ist die Unterstützung sogar höher als unter Protestanten, da der größte Widerstand gegen die LGBTI-Gleichbehandlung von Evangelikalen kommt. (dk)
Mit Angstmachen wollen die sich die Menschen gefügig machen. Was anderes haben die nicht und die können sich nur so die Menschen gefügig machen.
Denn Freiheit, Liebe und eigenständiges Denken sind eine Gefahr für deren Geschäftsmodell.