Donald Trump hielt seine Rede zur Lage der Nation im US-Repräsentantenhaus – hinter ihm sitzen Vizepräsident Mike Pence und Oppositionsführerin Nancy Pelosi (Bild: Screenshot PBS Newshour)
LGBTI-Aktivisten haben die Rede zur Lage der Nation von US-Präsident Donald Trump mit großer Skepsis aufgenommen. Der 72-jährige Staatschef hatte am Dienstagabend (Ortszeit) 82 Minuten lang im US-Repräsentantenhaus gesprochen. Dabei appellierte er zwar an die Demokraten, Kompromisse zu schließen, beharrte aber gleichzeitig auf dem Bau einer Grenzmauer zu Mexiko ("Mauern funktionieren und Mauern retten Leben").
Obgleich Trumps "State of the Union Address" die längste seit 2000 ist, erwähnte er queere Menschen mit keinem Wort direkt. Er versprach allerdings, bis Ende der Zwanzigerjahre Aids zu besiegen: "Wissenschaftliche Durchbrüche haben einen einst weit entfernten Traum in Reichweite gebracht", so der Präsident. "In meinem Haushaltsvorschlag werde ich Demokraten und Republikaner bitten, die nötigen Mittel bereit zu stellen, um die HIV-Epidemie in den Vereinigten Staaten binnen zehn Jahren zu eliminieren. Gemeinsam werden wir Aids in Amerika besiegen."
LGBTI-Aktivisten erklärten nach der Rede, sie würden dieses Versprechen nicht ernst nehmen, da die Trump-Regierung in den letzten zwei Jahren nichts im Kampf gegen HIV getan habe, ganz im Gegenteil: Im vergangenen Jahr strich Trump laut der Gesundheitsbehörde CDC Gesundheitsprogramme um 17 Prozent zusammen. Die CDC erklärte damals, das führe unter anderem zu "weniger HIV-Tests" (PDF). Außerdem sind die beiden Beratungsgremien des Präsidenten zur Bekämpfung von HIV seit der Amtsübernahme Trumps noch immer unbesetzt (queer.de berichtete).
Twitter / LambdaLegal | Die LGBTI-Organisation Lambda Legal erinnert daran, dass nur 40 Prozent der HIV-positiven Menschen in den USA "Zugang zu lebensrettenden Medikamenten" hätten
"Diese Präsidentschaft wurzelt in Vorurteilen und Angstmache"
Die Human Rights Campaign, die größte LGBTI-Organisation der USA, rief dazu auf, die Trump-Regierung weiter zu bekämpfen: "Seit über zwei Jahren haben es Donald Trump und [Vizepräsident] Mike Pence zur Priorität ihrer Regierung gemacht, marginalisierte Gruppen zu attackieren", so HRC-Chef Chad Griffin. Als Beispiel nennt er die Aufweichung des LGBTI-Diskriminierungsschutzes, das Trans-Verbot im Militär und Einschränkungen bei der Krankenversicherung für diejenigen, die am meisten darauf angewiesen seien. "Diese Präsidentschaft wurzelt in Vorurteilen und Angstmache", so Griffin. Man kämpfe aber unerbittlich gegen diese Entwicklung – und hoffe, dass die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus Impulse setzen könne, indem sie etwa den "Equality Act", ein Antidiskriminierungsgesetz für LGBTI, beschließt.
Die Antwort der Demokraten auf die Präsidenten-Rede gab Stacey Abrams, die im vergangenen Jahr die Gouverneurswahl in Georgia knapp verloren hatte. Anders als Trump erwähnte die 45-jährige Hoffnungsträgerin der Oppositionspartei queere Menschen in ihrer nur elfminütigen Rede. Als sie über Bürgerrechte und die Notwendigkeit für den Kampf gegen Rassismus und andere Formen gruppenbezogenener Menschenfeindlichkeit sprach, sagte Abrams: "Wir [Amerikaner] haben uns zur Ehe für alle bekannt, und dennoch steht die LGBTQ-Community unter Beschuss."
Die Human Rights Campaign bezeichnete Abrams' Worte auf Twitter als "wahre Rede zur Lage der Nation". (dk)
Es wird diskriminiert, aber in der Öffentlichkeit totgeschwiegen.