Justizministerin Katarina Barley muss nach dem Willen der Opposition schnell ein Gesetz vorlegen (Bild: Deutscher Bundestag / Stella von Saldern)
Die Bundesregierung hat sich noch immer nicht auf einen Gesetzentwurf für das Verbot von geschlechtsangleichenden Operationen bei intergeschlechtlichen Kindern einigen können. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor (PDF). Wörtlich heißt es: "Fragen zu inhaltlichen Planungen für den […] Gesetzentwurf können derzeit noch nicht beantwortet werden, weil der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist."
Im Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und SPD ein Verbot dieser Operationen vereinbart: "Wir werden gesetzlich klarstellen, dass geschlechtsangleichende medizinische Eingriffe an Kindern nur in unaufschiebbaren Fällen und zur Abwendung von Lebensgefahr zulässig sind", heißt es in dem 175-seitigen Dokument (PDF). Allerdings ist darin kein Zeitrahmen angegeben – die Legislaturperiode endet spätestens im Oktober 2021. Aktivisten hatten bereits kritisiert, dass die Regierung das Thema nicht mit dem im letzten Dezember verabschiedeten Gesetz zur Einführung des "Dritten Geschlechts" angegangen war.
Jährlich 1.871 Operationen an Kindern
Druck auf die Regierung macht auch eine kürzlich veröffentlichte Follow-up-Studie der Ruhr-Universität Bochum über die "Häufigkeit normangleichender Operationen 'uneindeutiger' Genitalien im Kindesalter". Demnach gab es im Zeitraum zwischen 2005 und 2016 jährlich im Schnitt 1.871 "feminisierende" oder "maskulinisierende" Operationen bei Kindern unter zehn Jahren. Im letzten erfassten Jahr 2016 waren es sogar mehr als 2.000. In einem Vorwort bezeichnet Universitätsprofessorin Katja Sabisch diese OPs als Menschenrechtsverletzungen.
Die für die Reform verantwortliche Justizministerin Katarina Barley (SPD) hat sich bereits bei einer Fachtagung im Oktober 2018 für ein Verbot "schnellstmöglich" ausgesprochen. Damals sagte die Trierer Sozialdemokratin: "Geschlechtsangleichende Operationen an intersexuellen Kindern, die ohne medizinische Notwendigkeit vorgenommen werden, führen oft zu lebenslangem Leid für die Betroffenen. Diese Praxis wollen wir beenden."
FDP-Forderung: Gesetzentwurf bis Juni
Angesichts des Ausmaßes fordert die FDP von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) ein rasches Handeln. "Frau Barley muss ihren Ankündigungen nun Taten folgen lassen. Sie sollte noch im Frühjahr einen Gesetzentwurf vorlegen", erklärte Jens Brandenburg, der LGBTI-Sprecher in der liberalen Fraktion. "Geschlechtsangleichende Operationen an Kindern ohne medizinische Notwendigkeit müssen endlich wirksam verboten werden."
"Geschlechtszuweisende Operationen an intersexuellen Säuglingen und Kindern ohne medizinische Notwendigkeit sind eine schwere Menschenrechtsverletzung. Sie führen zu einem lebenslangen körperlichen und psychischen Leiden für die Betroffenen", sagte auch Sven Lehmann, der queerpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion. Seine Partei erhebe diese Forderungen bereits seit Jahren. "Die Zeitverzögerung bei der gesetzlichen Verankerung eines Verbotes dieser Operationen ist nicht hinnehmbar, denn sie nimmt weitere Betroffene in Kauf. Die Bundesregierung muss endlich handeln", so Lehmann. (dk)
Genau wie auch beim (nicht minder wichtigen und nicht minder drängenden) Verbot von Gehirnwäsche-"Therapien" selbsternannter "Homoheiler". Auch das lehnen Union und SPD bisher kategorisch ab.
Ich glaube nicht, dass Union und SPD diese Dinge jetzt plötzlich anders sehen.