Die Streichung des Paragrafen 175 vor 25 Jahren war ein wichtiges Ziel der deutschen Schwulenbewegung. (Bild: uranus / flickr / by-sa 2.0)
Bei der Vorstellung ihren neuen Doku-Projekte am Mittwochabend in Berlin kündigte die ARD auch einen Film über die Homosexuellenverfolgung in Deutschland ab. Die Dokumentation "Die 175er – Geschichte einer Verfolgung" von Marco Giacopuzzi soll im zweiten Quartal 2019 im Ersten gesendet werden. Dem Publikum Geschichte nahezubringen, gehöre zum öffentlich-rechtlichen Auftrag, so ARD-Programmdirektor Volker Herres.
In dem Film berichten laut Ankündigung Betroffene in Ost und West von ihren Alltagserfahrungen. Erinnerungen von Zeitzeugen wie Juristen, Polizisten, Wohnungsvermittlern oder Arbeitgebern sollen ein Bild vermitteln, wie die mehrheitliche Gesellschaft damals auf Homosexuelle geblickt hat und wie mühselig der Weg zur Gleichbehandlung und zur gesellschaftlichen Aufklärung war.
140.000 Verurteilte zwischen 1872 und 1994
Der Paragraf 175 des deutschen Strafgesetzbuches existierte vom 1. Januar 1872 (Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches) bis zum 11. Juni 1994. In diesem Jahr wird das 25. Jubiläum der Streichung begangen.
Unter Strafe gestellt wurden nur sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts. Die Nationalsozialisten verschärften 1935 den Paragrafen, der nach der Befreiung 1945 dann unverändert in Kraft blieb.
Die DDR kehrte 1950 zunächst zur alten Fassung zurück. Im reformierten Paragrafen 151 wurden im Osten Deutschlands ab 1968 erstmals auch sexuelle Kontakte zwischen erwachsenen und jugendlichen Frauen bestraft. 1988 wurde der Paragraf in der DDR gestrichen.
In der Bundesrepublik setzte Bundesjustizminister Gustav Heinemann (SPD) 1969 eine weitreichende Liberalisierung durch. Endgültig gestrichen wurde der Paragraf 175 jedoch erst von einer CDU-geführten Bundesregierung im Zuge der Rechtsanpassung mit der ehemaligen DDR. Insgesamt wurden etwa 140.000 Personen nach den verschiedenen Fassungen des Paragrafen verurteilt.
Im Jahr 2002 stimmte der Deutsche Bundestag gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP für die Aufhebung der Urteile gegen die im Nationalsozialismus verfolgten Schwulen. 2017 wurden schließlich auch die meisten der nach 1945 verurteilten Homosexuellen rehabiltiert, diesmal per einstimmigen Beschluss im Parlament (queer.de berichtete). Das Angebot einer finanziellen Entschädigung wird jedoch kaum genutzt (queer.de berichtete).
(cw/dpa)
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