38 Kommentare
- 22.02.2019, 16:47h
- "Er habe diese im Geheimen gelebt. Auf dieser Grundlage argumentierte das BAMF, dass "nicht davon ausgegangen werden [kann], dass der Antragsteller seine Homosexualität in einer Weise ausleben wird, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden führen wird."
Eine derartige Argumentation ist zynisch und perfide. Weil es ihm aufgrund von Verfolgung und Diskriminierung in seinem Herkunftsland nicht möglich war, seine Homosexualität offen und frei auszuleben (und er - wahrscheinlich - aus diesem Grund flüchten und in Deutschland psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen musste), kann also davon ausgegangen werden, dass es ihm auch weiterhin zugemutet werden kann, seine Homosexualität versteckt auszuleben. Ja ne, is klar...
Es ist dringend nötig, dass LGBTTIQ*Geflüchtete endlich bundesweit als besonders schutzbedürftige Personengruppe anerkannt werden, und die Anhörung beim BAMF von Personen durchgeführt wird, die besonders für die Asylbegehren dieser Personengruppe geschult ist. Ich wünsche ihm, dass er mithilfe des Queer Refugee Network erfolgreich gegen den Ablehnungsbescheid vorgehen und in Deutschland bleiben kann. - |
- 22.02.2019, 16:48h
- Mich würde einfach mal interessieren.
Auf wieviel bewilligten Asylanträgen mit Asylgrund sexuelle Orientierung kommen wieviel abgelehnte?
Einfach um mal abzuschätzen, ob es sich um immer mal wieder vorkommende unglückliche Einzelfälle handelt, oder wir von systemsthischen Fehlentscheidungen sprechen müssen.
Wie das Amt im genannten Fall zu seiner Entscheidung kommt, erschliesst sich mir nicht. - |
- 22.02.2019, 19:44h
- Da kann frau nur noch den Kopf schütteln.
Und es kann mir niemand erzählen, dass das ein Versehen sei. Dafür sind es zu viele, die einen Ablehnungsbescheid erhalten.
Ich brauche nur circa 2 Minuten um herauszufinden wie die Situation der LGBT in Kamerun aussieht.
Aber das BAMF in Leipzig schafft es nicht, sich zu informieren oder wollen es gar nicht? Oder was soll das?
Nochmal für das BAMF als Erinnerung:
Kamerun:
Homosexualität ist in Kamerun gesellschaftlich weitgehend tabuisiert und homosexuelle Handlungen strafbar.
Das Gesetz sagt, dass nur diejenigen verhaftet werden dürfen, die "in flagranti" erwischt werden. ABER: wer als homosexuell verdächtigt wird, der wird eben auch verhaftet und angeklagt, auch wenn das so nicht im Gesetz steht. Also auch Richter wenden das Gesetz falsch an.
----- merke: ein Verdacht genügt, um verhaftet und angeklagt zu werden!
Durch Polizeispitzeln, die sich in sozialen Netzwerken aufhalten, werden LGBT ausfindig gemacht, in die Falle gelockt und der Polizei übergeben. Sie erpressen sie oder ihre Familie um Geld.
---- merke: manche Homosexuelle werden sogar von ihrer Familie angezeigt um Nachteile und Ausgrenzung von der Gesellschaft und vom Staat zu vermeiden!
Da es durch die Gesetze keine LGBT Communities gibt, werden LGBT in den gesellschaftlichen Untergrund gedrängt. Diejenigen, die sich in Kamerun für die LGBT einsetzen, werden bedroht oder auch gefoltert oder ermordet.
Die Haftbedingungen sind sehr schlecht: Überbelegung, schlechte sanitäre Verhältnisse, mangelhafte medizinische und Essensversorgung.
---- merke: LGBT sind davon besonders betroffen, denn von der Familie wurden sie oftmals verstoßen - und die Familie versorgt ihre Familienmitglieder im Gefängnis mit Essen oder Geld! (Das Geld zum Beispiel für ein Bett, notwendige Medikamente, oder Arztkosten)
Sie werden aufgrund ihrer Identität als LGBT in Gefängnissen misshandelt, gefoltert. Es werden "Analuntersuchungen" vollzogen und die Täter bleiben straffrei.
Grundsätzlich können LGBT in Kamerun weder frei noch verdeckt leben - sie werden zuhause, im Hotel, auf der Straße und an öffentlichen Orten der Diskriminierung und der Verdächtigung ausgesetzt.
Hauptproblem dafür sind Christen und hochrangige Würdenträger, die gegen die LGBT Stimmung machen und mit Bibelzitaten falsch umgehen.
Es fehlt Aufklärung, die Auseinandersetzung mit Sexualität und die Auseinandersetzung mit Homosexualität.
Aber das BAMF in Leipzig hat keinerlei Bedenken mit der Abschiebung des schwulen kameruner Flüchtlings.
Tolle Leistung! (Sarkasmus) - |
- 22.02.2019, 20:48h
- Die Chancen, gegen den Asylbescheid erfolgreich vorzugehen, dürften gut sein.
Dass bei der Asylentscheidung kein Sonderbeauftragter für geschlechtsspezifische Verfolgung hinzugezogen wurde, ist offenkundig ein Verfahrensfehler; bei geschlechtsbezogener Verfolgung (also auch bei LGBTIQ*-Verfolgung) muss ein solcher Sonderbeauftragter hinzugezogen werden.
Und die Argumentation der Asylbehörde, der Mann könne ja weiterhin seine Homosexualität im Verborgenen ausüben, wurde im Jahr 2013 vom EuGH als europarechtswidrig befunden.
Die Belege hierzu finden sich bei der Bundeszentrale für politische Bildung:
www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/280223/interv
iew?fbclid=IwAR3GEeyQYn-E111-1ws10mElCHWT7s5FgSlKvrTFrwBCN4V
XTfZmxzuVDiM
www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/280272/geschl
echtsbezogene-verfolgung-rechtlicher-schutz
Eine Abschiebung steht daher wohl zunächst mal nicht ins Haus. - |
- 22.02.2019, 21:00hTauroa Point
- ""Die Behörde argumentierte dabei unter anderem, er hätte seine Homosexualität trotz mehrerer mehrjähriger Beziehungen nicht offen genug ausgelebt. Daher drohe ihm zu Hause keine Gefahr""
Vielleicht oder gar logischer Weise hat das ja den Grund darin, dass er in seiner Heimat gar nicht offen schwul leben könnte, ohne ernsthafte Probleme und Gefahr für Leib und Leben fürchten zu müssen.
Man fragt sich immer wieder, wie diese Behördler eigentlich denken. Oder womit. Vermutlich mit dem Kuli. - |
- 22.02.2019, 21:05h
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Arbeitest du bei diesem BAMF oder woher kommt deine "Prognose?"
Solche Voraussagen gab es schon mehrmals von verschiedenen BAMF und schwupps, wurden sie kurzfristig abgeschoben.
Ich vertraue in diesen Situationen nur noch dem, was ich schriftlich als Nachweis lesen kann, und zwar von denen die verantwortlich sind. - |
- 23.02.2019, 07:09h
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Eine schnelle 2-Minuten-Recherche? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Der Anteil der Homosexuellen in einer Bevölkerung beträgt wohl mindestens 2-5 %. Es ist praktisch kaum möglich, jedem Homosexuellen aus einem Verfolgerstaat gewissermaßen automatisch ein Einreisevisum auszustellen, sondern die persönliche Verfolgungssituation muss schon irgendwie erkennbar werden. Das gilt ja sogar bei Kriegsflüchtlingen. Ich möchte nicht in der Haut eines BAMF-Beamten stecken und all diese menschlichen Schicksale entscheiden müssen.
Korrekt ist es, genau und kritisch auf die Verfahren zu schauen, Flüchtlingen Rechtsbeistand zu leisten, zweifelhafte Verfahren öffentlich zu machen etc.
Politisch gesehen wäre mir aber eine Diskussion wichtig, wie und ob sich die Situation von Homosexuellen in den Herkunftsländern verbessern lässt und mehr Informationen, wo sich Dinge bewegen. Hier ist mir der Blick der Community auf die Welt oft zu eurozentristisch. - |
- 23.02.2019, 09:20h
- Und die große Koalition aus Union, FDP, SPD und AfD will uns weiterhin weismachen, kein LGBTI würde in einen Verfolgerstaat abgeschoben.....
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- 23.02.2019, 09:34h
- Was bitteschön ist: seine Sexualität öffentlich ausleben? Muß er deshalb in seinem Heimatland mit seinem Partner auf den Marktplatz gehen und dort öffentlich herumvögeln?
Genausogut könnte man in unserem Land vor einer gleichgeschlechtlichen Ehe die öffentliche Vögelprüfung auf dem örtlichen Rathaus verlangen oder geht das nur, wenn man dabei als Mann einen Zweit- oder Erstnamen wie Olaf oder Detlev trägt.
Vielleicht wäre es auch ganz gut schon einmal wegen eines Vergehens gegen den Paragraphen 175 verurteilt worden zu sein.
Diese ganze Pseudoargumentation von wegen des öffentlichen Auslebens der Homosexualität ist an Infamie nicht zu überbieten. Ich gehe davon aus, daß dies immer wieder mal geschieht um auch uns europäischen LGBTI zu zeigen wo der Bartel den Most holt. Es fehlt nur noch der Zusatz, die müssen doch dankbar sein, daß sie überhaupt x x x
In diesem Sinne: Rang Zang Zang. - |
Und dann behaupten Union, SPD und FDP, dass das bei angeblich "sicheren Herkunftsländern", wo aber auch LGBTI nicht sicher sind, plötzlich anders sein soll?
Lachhaft. Mit diesem Status wird es noch leichter, verfolgter LGBTI abzuschieben.