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Abschiebung droht

Nicht schwul genug: BAMF lehnt schwulen Kameruner ab

Weil er nach Ansicht von deutschen Beamten seine Homosexualität im Verfolgerstaat Kamerun nicht ausreichend ausleben werde, könnte ein schwuler Flüchtling abgeschoben werden.


Immer wieder werden Entscheidungen des BAMF kritisiert: Die Behörde behauptet oft, dass ein Geflüchteter nicht verfolgt werde, wenn er sich in seinem Heimatland nicht zu schwul gibt (Bild: flickr / brx0 / by 2.0)

  • 22. Februar 2019, 16:12h 38 3 Min.

Am 15. Februar hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach Angaben des Queer Refugee Network in Leipzig einem homosexuellen Mann aus Kamerun einen ablehnenden Asylbescheid zugestellt. Die Behörde argumentierte dabei unter anderem, er hätte seine Homosexualität trotz mehrerer mehrjähriger Beziehungen nicht offen genug ausgelebt. Daher drohe ihm zu Hause keine Gefahr

Dabei sieht das Strafgesetzbuch des afrikanischen Landes eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren für Homosexualität vor – und manchmal fällen homophobe Richter sogar höhere Urteile und es kommt vor, dass Homosexuelle die Haftstrafe nicht überleben. Auch die gesellschaftliche Homophobie macht ein offen schwules Leben in dem 25-Millionen-Staat unmöglich.

Laut den Aktivisten des Queer Refugee Network, die den Geflüchteten unterstützen, gab dieser beim BAMF an, mehrere mehrjährige Beziehungen mit Männern geführt zu haben. Er habe diese im Geheimen gelebt. Auf dieser Grundlage argumentierte das BAMF, dass "nicht davon ausgegangen werden [kann], dass der Antragsteller seine Homosexualität in einer Weise ausleben wird, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden führen wird." Im Klartext: Die deutschen Beamten erkennen die Homosexualität des Flüchtlings zwar an, befinden aber, dass dieser nicht schwul genug sei, um verfolgt zu werden. Der Kameruner hat gegen den BAMF-Bescheid bereits Beschwerde eingelegt.

Queer Refugee Network: BAMF ignoriert psychische Situation des Geflüchteten

Weiter argumentierte das BAMF, die Schilderungen des Geflüchteten seien "arm an Details, vage und oberflächlich" und er würde "allgemeingültige Antworten" geben. Als Beispiel hierfür wurde angeführt, dass er eine seiner Beziehung als voller "schöner Momente" beschrieben habe, in der er und sein Partner füreinander gekocht hätten, sich die Hausarbeit geteilt und am Leben des anderen teilgenommen hätten. Das Queer Refugee Network kritisiert, das BAMF ignoriere mit diesen Ausführungen, "dass eine solche Schilderung nicht nur der psychischen Situation und den kognitiven und intellektuellen Gegebenheiten des Mannes entspricht, sondern auch, dass das jahrzehntelange Versteckt-halten-müssen sowohl die Beziehungsführung als auch die Fähigkeit, darüber zu sprechen, beeinträchtigt".

Zusätzlich seien in die Entscheidungsfindung keine Unterlagen zu einer langfristig bestehenden psychotherapeutischen Behandlung einbezogen worden, obwohl der kamerunische Mann davon berichtet habe, bei seiner Ankunft in Deutschland sehr traumatisiert gewesen zu sein, und erst durch seine weiterhin bestehende psychotherapeutische Behandlung in die Lage versetzt worden sei, über seine Homosexualität zu berichten.

Die Anhörung des Mannes zu seinen Asylgründen sei zudem nicht von einer Person durchgeführt worden, die besonders für die Asylbegehren von LGBTI-Geflüchteten geschult ist (sogenannten Sonderbeauftragten für geschlechtsspezifische Verfolgung). Dabei sei schon lange vor dem angesetzten Anhörungstermin die Lage des Kameruners bekannt gewesen. "Ausweislich des Bescheides wurde eine solche Person auch nicht bei der Entscheidung über den Asylantrag hinzugezogen", so das Queer Refugee Network.

Bei der Ablehnung handelt es sich nicht um einen Einzelfall: Bereits im Dezember 2017 sei ebenfalls in Leipzig ein schwuler Kameruner abgelehnt worden. Auch hier sei auf angeblich widersprüchliche oder detailarme Angaben verwiesen worden, während die Berücksichtigung der psychischen Verfassung des Antragstellers ausgeblieben sei. Nach einer Beschwerde beim BAMF sei zunächst eine erneute Anhörung mit erneuter Prüfung zugesagt worden. Dies sei jedoch kurzfristig seitens des BAMF abgesagt worden mit dem Verweis, dass ein neuer Termin anberaumt würde. Bis heute warte der Kameruner darauf. (pm/cw)

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#1 YannickAnonym
  • 22.02.2019, 16:20h
  • Da sieht man wieder mal, dass auch LGBTI ungehindert in Staaten abgeschoben werden, wo ihnen Gefängnis droht.

    Und dann behaupten Union, SPD und FDP, dass das bei angeblich "sicheren Herkunftsländern", wo aber auch LGBTI nicht sicher sind, plötzlich anders sein soll?

    Lachhaft. Mit diesem Status wird es noch leichter, verfolgter LGBTI abzuschieben.
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#2 CharlieAnonym
  • 22.02.2019, 16:47h
  • "Er habe diese im Geheimen gelebt. Auf dieser Grundlage argumentierte das BAMF, dass "nicht davon ausgegangen werden [kann], dass der Antragsteller seine Homosexualität in einer Weise ausleben wird, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden führen wird."

    Eine derartige Argumentation ist zynisch und perfide. Weil es ihm aufgrund von Verfolgung und Diskriminierung in seinem Herkunftsland nicht möglich war, seine Homosexualität offen und frei auszuleben (und er - wahrscheinlich - aus diesem Grund flüchten und in Deutschland psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen musste), kann also davon ausgegangen werden, dass es ihm auch weiterhin zugemutet werden kann, seine Homosexualität versteckt auszuleben. Ja ne, is klar...
    Es ist dringend nötig, dass LGBTTIQ*Geflüchtete endlich bundesweit als besonders schutzbedürftige Personengruppe anerkannt werden, und die Anhörung beim BAMF von Personen durchgeführt wird, die besonders für die Asylbegehren dieser Personengruppe geschult ist. Ich wünsche ihm, dass er mithilfe des Queer Refugee Network erfolgreich gegen den Ablehnungsbescheid vorgehen und in Deutschland bleiben kann.
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#3 africainAnonym
  • 22.02.2019, 16:48h
  • Mich würde einfach mal interessieren.

    Auf wieviel bewilligten Asylanträgen mit Asylgrund sexuelle Orientierung kommen wieviel abgelehnte?

    Einfach um mal abzuschätzen, ob es sich um immer mal wieder vorkommende unglückliche Einzelfälle handelt, oder wir von systemsthischen Fehlentscheidungen sprechen müssen.

    Wie das Amt im genannten Fall zu seiner Entscheidung kommt, erschliesst sich mir nicht.
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