George Pell muss sich auf einen langen Gefängnisaufenthalt einstellen
Der australische Kardinal George Pell, der bis 2017 als vatikanischer "Finanzminister" die Nummer drei in der katholischen Kirchenhierarchie war, ist von einem Gericht in Melbourne des Kindesmissbrauchs für schuldig befunden worden. Er hat nach Ansicht der zwölf Geschworenen als Erzbischof der australischen Metropole in den Neunzigerjahren zwei 13-jährige Jungen missbraucht.
Die Höhe der Strafe muss noch festgelegt werden. Dem 77-Jährigen drohen nach australischem Recht bis zu 50 Jahre Haft. Über das Strafmaß soll es am Mittwoch eine Anhörung geben. Der Schuldspruch war bereits am 11. Dezember 2018 ergangen, allerdings hatte bis Dienstag eine Nachrichtensperre gegolten. Grund war, dass die Behörden noch weitere Fälle untersuchen und einen eventuellen weiteren Prozess nicht beeinflussen wollten.
Kardinal beteuert weiter seine Unschuld
Kardinal Pell beteuert über seine Anwälte nach wie vor seine Unschuld und will in Berufung gehen. Die ihm vorgeworfenen Taten bezeichnete der frühere Berater von Papst Franziskus als "schändliches und widerwärtiges Verhalten", das allem zuwiderlaufe, woran er glaube.
Die beiden Opfer waren Chorknaben am renommierten St. Kevin's College in Melbourne. Für sie hatte der Missbrauch dramatische Folgen: Einer der beiden starb vor rund fünf Jahren an einer Überdosis Heroin. Der andere brach ein Jahr später sein Schweigen und sagte auch im Prozess aus. Der Mann teilte schriftlich mit, dass für ihn der Fall "noch nicht vorbei" sei. "Wie viele Überlebende habe ich Scham, Einsamkeit, Depressionen und Kämpfe erlebt. Wie bei vielen Überlebenden hat es Jahre gedauert, bis ich die Auswirkungen auf mein Leben verstanden habe", heißt es in der Mitteilung. Er habe Menschen gefürchtet, denen er eigentlich hätte vertrauen müssen.
Pell stieg als homophober Hardliner in der katholischen Hierarchie auf
Pell hatte sich über Jahrzehnte als erzkonservativer Gegner von Abtreibung, Scheidung und LGBTI-Rechten gegeben, während er in der Kirchenhierarchie immer weiter aufstieg. Bereits 1990 sagte er zur Homosexualität:"Wir wissen, dass sie existiert. Wir glauben, dass eine solche Aktivität falsch ist und die Gesellschaft zu ihrem eigenen Wohl nicht dazu ermutigt werden sollte." In einer Messe weigerte er sich 2002, schwulen und lesbischen Gläubigen, die mit Regenbogenschleifen zum Gottesdienst erschienen waren, die Kommunion zu erteilen: "Gott hat Adam und Eva erschaffen und nicht Adam und Steve", sagte er in der Messe. Homosexuelle Aktivitäten seien gegen das Naturrecht.
Vor seinen Wechsel nach Rom galt Pell als einer der größten Kämpfer gegen die rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren in Australien. Die Ehe gehöre nicht dem Staat, sondern sei eine "Erfindung der Natur". Es sei ein "schweres Unrecht", wenn Kinder "einem Vater und einer Mutter entzogen" würden. Das Recht auf Ehe sei ein Menschenrecht, das aber beschränkt sei auf eine Verbindung aus Mann und Frau, die Kinder hervorbringe.
Zum Kampf gegen Aids empfahl Pell Enthaltung sowie Monogamie in der Ehe: "Kondome befördern Promiskuität. Sie ermutigen Unverantwortlichkeit", sagte er im Jahr 2009.
Die katholische Kirche steht derzeit in mehreren Ländern wegen Missbrauchsvorwürfen unter Druck. Zum Abschluss eines "Anti-Missbrauchs-Gipfels" im Vatikan hatte Papst Franziskus am Sonntag versprochen, dass solche Fälle nicht länger vertuscht werden. Wie die Kirche das erreichen könne, dazu sagte der Pontifex nichts. (dk)