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Partnerland-Debatte
Tourismusbörse weiter ohne Regeln für Menschenrechte
Reisen nach Malaysia, wo Lesben gefoltert wurden, seien förderlich für das Land. So offen antwortet der Berliner Senat auf die kritischen Fragen zum ITB-Skandal.

Hauptsache schöne Bilder vor und in den Berliner Messehallen: Bei der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) geht es in erster Linie ums Geschäft (Bild: Messe Berlin)
- Von Markus Kowalski
11. März 2019, 06:24h 3 Min.
Der rot-rot-grüne Berliner Senat hat kein Problem damit, Malaysia als Partnerland der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) zu bewerben. Das geht aus einer Antwort (PDF) auf eine Schriftliche Anfrage zum ITB-Skandal hervor. Darin heißt es, der Senat sei der Auffassung, dass "Tourismus in Ländern mit einer schwierigen Menschenrechtslage ein Instrument sein kann, den Austausch zwischen Menschen zu fördern und so Veränderungen in Gesellschaften herbeizuführen".
Homosexualität ist in Malaysia verboten. Im vergangenen Jahr wurden zwei Lesben mit je sieben Stockhieben bestraft (queer.de berichtete). Da die Frauen von einem Scharia-Gericht verurteilt wurden, gilt das als Folter. Doch Folter ist von der internationalen Staatengemeinschaft geächtet und niemals erlaubt.
ITB als "neutrale Präsentationsplattform"
Die Werbung für Malaysia auf der Berliner Reisemesse solle also gerade zur Verbesserung der Menschenrechtslage dienen, so der Tenor der Antwort des Senats. Anja Kofbinger und Sebastian Walter, die queerpolitischen Sprecher*innen der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, hatten die Landesregierung befragt. Denn die Messe gehört zu 99,7 Prozent dem Land Berlin. Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) ist erste stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats.
Die ITB bezeichne sich als "eine neutrale Präsentationsplattform über politische Grenzen hinweg", heißt es in der Antwort. Die Messe Berlin sei "an dieser Stelle keine Institution, die gesellschaftliche und politische Ländersituationen ihrer Aussteller bewertet bzw. sanktioniert". Man respektiere die Souveränität der Länder und der Partner. Dies ist nun pikant, da der malaysische Tourismusminister auf der ITB-Eröffnungspressekonferenz am vergangenen Dienstag behauptet hatte, es gebe keine Homosexuellen in seinem Land (queer.de berichtete).
Weiter unklar, wer über Partnerland entscheidet

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte ihren ITB-Besuch aus Protest gegen das Partnerland Malaysia kurzfristig ab (Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons / wikipedia)
Die Abgeordneten Kofbinger und Walter wollten wissen, wer Malaysia als Partnerland ausgewählt habe. Doch die Antwort bleibt vage. Eine "starke Präsenz" von Malaysia auf den Messen der letzten Jahre und eine "umfassende Marketingstrategie" seien entscheidend gewesen – die Rechte von LGBTI offenbar nicht. Eine wichtige Stimme sei der 14-köpfige ITB-Fachbeirat. Dort seien wichtige Reise-Firmen vertreten. "Die finale Entscheidung, welcher Bewerber den Zuschlag erhält, wird somit von der breiten Mehrheit der Reisebranche mitgetragen." Wer genau die Entscheidung für das Partnerland trifft, bleibt unbeantwortet.
Ebenso fragten die Grünen, wie viel Geld Malaysia an die Messe gezahlt hat, um den begehrten Partnerland-Status zu erhalten. Doch auch hier schweigt der Senat: "Zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses" könne die Messe Berlin GmbH keine Zahlen veröffentlichen. Wer sich noch um den Partnerland-Status beworben hatte, wird ebenso nicht verraten. Es sei "Vertraulichkeit" vereinbart worden.
Im kommenden Jahr ist Oman Partnerland der ITB
Die Angelegenheit ist brisant, da im kommenden Jahr wieder ein menschenrechtlich fragwürdiges Land den Partnerstatus der ITB hat. Im Oman drohen Homosexuellen bis zu drei Jahre Haft. "Die Antworten sehen wir sehr kritisch", sagt Anja Kofbinger. "Ich bin froh, dass sich Ramona Pop besonnen hat und nun den Äußerungen der Messe sehr kritisch gegenübersteht."
Nollendorfblogger Johannes Kram hatte die Entscheidung der Messe Berlin, Malaysia als Partnerland zu promoten, bereits vor einem halben Jahr kritisiert (queer.de berichtete). Wirtschaftssenatorin Pop hätte im Aufsichtsrat eine Absage an das Partnerland durchsetzen müssen, so Kram. Die Grünen Kofbinger und Walter forderten daraufhin, dass Pop mit der Messe verbindliche Kriterien für die zukünftige Auswahl der Partnerländer erarbeiten solle (queer.de berichtete). Einen gleichlautenden Antrag brachten die Abgeordneten am vergangenen Dienstag in der eigenen Fraktion ein. Er muss noch mit den Koalitionspartnern SPD und Linke abgestimmt werden.
Am Mittwoch dann die ersten Reaktionen. Die Wirtschaftssenatorin sagte ihren ITB-Besuch kurzfristig ab (queer.de berichtete). Auch Michael Müller, der Regierende Bürgermeister von Berlin, kritisierte die Auswahl von Malaysia indirekt. Doch ob es in Zukunft verbindliche Menschenrechtsstandards für die ITB geben wird, ist weiterhin unklar.
Links zum Thema:
» Die Antwort auf die Schriftliche Anfrage als PDF
Mehr zum Thema:
» Kommentar zum ITB-Skandal: Malaysias Eigentor (08.03.2019)














Ach ?
Dann hätte eine Art "Massenurlaub" von jüdischen Menschen aus aller Welt die Menschenrechtslage im Deutschem Reich nach 1933 nachhaltig beeinflussen können ?
Und die Olympischen Spiele 1936 waren eine Art
"Einladung an die Welt"
das Regime von seinem Irrweg abzubringen ?