Die polnische Bischofskonferenz hat am Mittwoch davor gewarnt, dass die Gleichbehandlung von Homo- oder Transsexuellen die Zivilisation in Europa gefährden könne. Anlass für die gemeinsame Erklärung der Bischöfe ist eine Initiative des Warschauer Bürgermeisters Rafał Trzaskowski. Der christdemokratische Politiker hatte vor einem Monat eine sogenannte LGBT-Charta vorgestellt. Das Dokument sieht die Gleichbehandlung von LGBTI formal als Ziel der Stadt an – die Erklärung beinhaltet konkrete Schritte wie die Bereitstellung von LGBTI-Notunterkünften, die Eröffnung eines queeren Zentrums sowie die Erwähnung von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten im Sexualkundeunterricht.
Zwar wurde in dem katholischen Papier anerkannt, dass auch LGBT Würde verdienten. Gleichzeitig stellten die Bischöfe aber fest, dass Gott Mann und Frau erschaffen habe, damit diese einander heirateten – "alternative Visionen" über die menschliche Natur, also Homo- oder Transsexualität, seien nur "erfundene ideologische Ideen, die nicht nur der europäischen Zivilisation völlig fremd sind, sondern – wenn sie die gesellschaftliche Norm werden – eine Gefahr für die Zukunft unseres Kontinents darstellen". Denn damit würde man die "Geschlechtsunterschiede, die von Gott gemacht sind", missachten.
Bischöfe warnen vor "Gender-Ideologie"
Die Bischöfe erkannten immerhin an, dass die Initiative des Warschauer Bürgermeisters die Bekämpfung von Diskriminierungen vorsehe – allerdings zu dem Preis, "die Diskriminierung anderer zu fördern". So würde der Einfluss der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder geschmälert, wenn Homosexualität im Sexualkundeunterricht erwähnt wird, behaupteten die höchsten katholischen Würdenträger des Landes. Derartige Projekte seien schlicht "Gender-Ideologie", hieß es weiter. Einzige Aufgabe des Sexualkundeunterrichts sei es, die Schüler auf eine (heterosexuelle) Ehe vorzubereiten. Alles andere würde die kindliche Psyche "vergewaltigen".
Bürgermeister Rafał Trzaskowski (li.) unterzeichnet feierlich die LGBTI-Erklärung (Bild: Stadt Warschau)
Nicht nur die katholische Kirche, auch die rechtspopulistische Regierung der PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski macht kurz vor den Europawahlen im Mai und den nationalen Parlamentswahlen im November Stimmung gegen die LGBT-Charta. Parteichef Kaczynski kritisierte die Initiative des Warschauer Bürgermeisters auf einem Parteitag am Samstag scharf. Dieser Plan sei eine "Attacke auf Kinder" und bedeute "Frühsexualisierung".
LGBTI-Aktivisten befürchten angesichts der aggressiven Rhetorik der Homo-Gegner, dass die Zahl der Übergriffe gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten noch weiter zunehmen könnte. Anfang des Monats sorgte ein Droh-Banner bei einem Fußball-Erstligaspiel für Aufregung, auf dem zu lesen war: "Haltet Warschau schwuchtelfrei" (queer.de berichtete).
In Polen findet derzeit ein regelrechter Kulturkampf um LGBTI-Rechte statt. Der extrem homophoben PiS-Partei steht die gemäßigte christdemokratische PO gegenüber, der auch Bürgermeister Trzaskowski angehört. Das politische System wird außerdem seit einigen Wochen vom beliebten schwulen Politiker Robert Biedron aufgemischt: Der sozialliberale frühere Bürgermeister des pommerschen Słupsk liegt mit seiner neu gegründeten Partei "Frühling" laut Umfragen bereits auf Platz drei (queer.de berichtete). Die Partei fordert die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben. (dk)
Ansonsten nur ein weiterer Beweis für die erschütternden Folgen des Glaubens für das Denken.