Sultan Hassanal Bolkiah ist nach der britischen Königin der zweitlängste regierende Monarch der Welt und will sein Land, auch als Premierminister, konservativer ausrichten (Bild: Proudbruneian / wikipedia)
Im Sultanat Brunei steht mehreren Menschenrechtsorganisationen zufolge eine Verschärfung des Strafrechts kurz bevor, die unter anderem zu einer Todesstrafe für homosexuelle Handlungen führen könnte.
Im Mai 2014 hatte der Staat mit rund 430.000 Einwohnern angekündigt, islamisches Scharia-Recht in sein Strafrecht zu übernehmene, das teilweise auch für die 33 Prozent der Bevölkerung, die Nicht-Muslime sind, und für Ausländer gelten soll. Mit der Einführung der Syariah Penal Code Order sollen unter anderem vor- oder außerehelicher Sex, Vergewaltigung, schwerer Raub oder Blasphemie mit Geldstrafen, Auspeitschen, Gefängnis oder dem Tode bestraft werden können. So droht Männern, die Sex mit Männern haben, die Steinigung, wenn sie Muslime und verheiratet sind; ansonsten drohen Haftstrafen und Auspeitschung. Für "unnatürlichem" Sex zwischen Frauen sind Geldstrafen oder Haft bis zu zehn Jahre und 40 Peitschenhiebe vorgesehen.
Nach einiger internationaler Empörung und Boykottandrohungen wurde die Einführung des Scharia-Rechts allerdings in mehrere Stufen aufgeteilt und zunächst nur die erste davon mit kleineren Bestrafungen umgesetzt (queer.de berichtete). Am Wochenende meldete die in Australien beheimatete Organisation "Brunei Project" allerdings, ihr lägen Informationen vor, wonach die Umsetzung der letzten beiden Stufen – und damit auch die der Todesstrafen – in den letzten Monaten klammheimlich vorbereitet wurde und bereits zum 3. April in Kraft treten soll.
Gegenüber Reuters bestätigten inzwischen zwei weitere Menschenrechts- und LGBTI-Organisationen mit Sitz in Manila, dass sie Informationen über entsprechende Pläne Bruneis hätten. Der Kleinstaat ließ allerdings Fragen der Nachrichtenagentur dazu bislang unbeantwortet.
Bislang keine Verurteilungen nach altem Recht
Unklar ist, ob die Einführung des Scharia-Rechts, von diskriminierenden und einschüchternden Wirkungen abgesehen, tatsächlich zu einer (tödlichen) Bestrafung Homosexueller führen würde. Die letzte Hinrichtung in Brunei gab es im Jahr 1957. Der Staat auf der Insel Borneo hat eine UN-Konvention gegen Folter unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.
Bereits jetzt können "Akte gegen die Natur" nach früherem britischen Kolonialrecht mit bis zu zehn Jahren Haft belegt werden – allerdings sind keine entsprechenden Urteile bekannt. Einige LGBTI aus der Region weisen darauf hin, dass für eine Verurteilung wegen homosexueller Handlungen nach dem neuen Scharia-Recht vier Zeugenaussagen nötig und Videoaufnahmen nicht zulässig seien – eine Verurteilung also unwahrscheinlich sei (1, 2, 3).
Allerdings hatte es rund um Brunei in den letzten Jahren ein verstärktes Vorgehen gegen Homosexuelle gegeben. Sowohl in Malaysia als auch Indonesien wurden mehrfach Homosexuelle nach Scharia-Recht ausgepeitscht.
Nach bereits in Kraft getretenen Scharia-Regelungen in Brunei ist es Männern und Frauen auch verboten, sich in der Öffentlichkeit als das jeweils andere Geschlecht auszugeben. Vergehen können mit Geldstrafen oder mehreren Monaten Haft bestraft werden. Im einzig bekannt gewordenen Verfahren wurde ein Mann 2015 zu einer Geldstrafe verurteilt.
Matthew Woolfe vom "Brunei Project" betont, man sei von der plötzlichen Eile Bruneis überrascht, die Strafverschärfung durchzusetzen. "Wir versuchen, Druck auf die Regierung auszuüben, erkennen jedoch, dass es einen sehr kurzen Zeitrahmen gibt, bis die Gesetze in Kraft treten." Regierungen sollten nun diplomatischen Druck auf das Land ausüben. Der indonesische LGBT-Aktivist Dede Oetomo zeigte sich gegenüber Reuters besorgt über die Pläne Bruneis und kommentierte, diese seien "schrecklich": "Die imitieren die konservativsten arabischen Staaten." (cw)