Die frühere Verteidigungsministerin Karla Šlechtová während der Debatte – sie wiederholte dabei, Teil der LGBT-Community zu sein
Gut Ding will Weile haben: Das tschechische Parlament hat am frühen Dienstagabend erneut seine erste Lesung zu einem Gesetz zur Öffnung der Ehe für schwule und lesbische Paare vertagt. Nach rund vier Stunden Debatte stimmten die Abgeordneten für eine Fortführung zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt.
Der Entwurf zur Ehe für alle (#ManzelstviProVsechny) war nach mehreren Verschiebungen erstmals im letzten November debattiert worden; die damals gehaltenen Reden mit etlichen Interventionen sprengten aber die Tagesordnung und auch eine Neuansetzung brauchte vier Monate Zeit. LGBTI-Aktivisten hatten vor der zweiten Runde am Dienstag bereits befürchtet, dass bei angesetzten rund 30 Rednern erneut eine Vertagung drohen könnte. Als die erneute Verschiebung beschlossen wurde, waren noch acht Reden geplant.
Der Entwurf war im letzten Sommer von 46 Parlamentariern unter Führung von Radka Maxová eingebracht worden (queer.de berichtete), einer Abgeordneten der populistischen ANO-Bewegung (tschechisch für "Ja") von Ministerpräsident Andrej Babiš. Während die Regierung dem Gesetzentwurf im Vorverfahren zustimmte, ist die Partei in der Sache gespalten: Vor der ersten Debatte befürwortete Medienberichten zufolge ein Drittel der Abgeordneten die Ehe-Öffnung, ein Drittel überhaupt kein Gesetz und ein Drittel eine rechtliche Aufwertung der bestehende Lebenspartnerschaften – ein solcher Kompromiss scheint im weiteren Verlauf durchaus noch denkbar.
Hoffen auf den "Großen Schritt für Osteuropa"
Radka Maxová sprach in der Debatte von einem "großen Schritt für Osteuropa", sollte die Ehe für alle Gesetz werden. "Wir wären das erste Land, dass sich diesem Thema stellt und die Rechte von Homosexuellen gleichstellen will." Die frühere Verteidigungsministerin Karla Šlechtová (parteilos und von ANO nominiert) beklagte, wie sie sich als "Mitglied der LGBT-Community" von manchen Vergleichen mit Pädophilie oder Zoophilie beleidigt fühle.
Sie reagierte damit unter anderem auf eine homofeindliche Rede der Abgeordneten Monika Jarošová der rechtsextremen SPD. Von "Dingen, die absolut gegen die Biologie und die Natur" seien, sprach unter anderem mit Jaroslav Foldyna aber auch ein Abgeordneter der an der Regierung als Juniorpartner beteiligten Sozialdemokraten (ČSSD). Die meisten Parteien haben ihren Abgeordneten ein freies Mandat gegeben. Die sonst die Minderheits-Regierung stützenden Kommunisten (KSČM) wollen eine Zustimmung verweigern: Bereits die Lebenspartnerschaft sei vielen ihrer Wähler zu weit gegangen, betonte der Abgeordnete Pavel Kováčik; über ein Adoptionsrecht könne man aber reden.
Während Abgeordnete der Christdemokraten (KDU-ČSL) betonten, dass "Kinder nur bei Mann und Frau" aufwachsen sollten und die Ehe für alle "eine Fehlinterpretation des Familienrechts" sei, betonte eine Rednerin der unabhängigen, ebenfalls der europäischen Volkspartei angehörenden Partei STAN: "Als mögliche Großmutter möchte ich, dass mein Enkelkind, sollte es einen gleichgeschlechtlichen Partner oder eine Partnerin finden, die gleichen Rechte hat."
Ein von 37 Abgeordneten eingebrachter und vor allem von den Christdemokraten vertretener homofeindlicher Antrag, in der Charta der Grund- und Menschenrechte, die Verfassungsrang besitzt, die Ehe als Verbindung aus Mann und Frau zu definieren, wurde zeitgleich behandelt und galt wie manche Wortmeldungen als chancenloses Störfeuer. Die Ehe-Öffnung selbst würde durch einfachgesetzliche Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgen: Eine Ehe wird demnach zwischen zwei Personen statt zwischen Mann und Frau geschlossen. Damit erhielten die Paare auch ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht.
Nach einer positiven Abstimmung müsste der Entwurf noch in die Ausschüsse, zurück ins Abgeordnetenhaus und dann in den Senat. Anfang des Jahres hatte Präsident Miloš Zeman sein Veto gegen eine mögliche Ehe-Öffnung angekündigt, da Homosexuelle seiner Meinung nach keine Kinder aufziehen könnten (queer.de berichtete). Das Parlament könnte ihn überstimmen – wie es das auch 2006 gegen das Veto von Václav Klaus gegen die Einführung von Lebenspartnerschaften gemacht hatte. In der Bevölkerung gibt es Umfragen zufolge eine Mehrheit für die Ehe für alle. (cw)
im tsch. abgeordnetenhaus gibt es insgesamt 200 mitglieder,
im senat noch 81 mitglieder dazu, von denen laut bericht der tsch. zeitung lidove noviny auch nur eine minderheit den entwurf unterstützt,
um das veto des präsidenten zu überwinden braucht man mindestens 101 abgeordneten im unterhaus.
fazit: es läuft alles auf kompromiss an, indem eing. Partnerschaft aufgewertet, die Ehe aber nicht geöffnet wird.
die beste, ja die einzige lösung wäre insofern, ein referendum zu veranstalten, da schon mehrheit der tschechen in dieser frage einer anderen meinung als die meisten parlamentarier sind.