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Im slowenischen Filmdrama "Konsequenzen" kommt ein junger Mann in eine Besserungsanstalt und verliebt sich prompt in einen dort ebenfalls untergebrachten Gangleader – im April in der Queerfilmnacht.
Hip-Hop Beats, Gangsterrap und zwei Jugendliche, die auf einer Hausparty miteinander rummachen. Er, in schwarz gekleidet, nimmt einen ausgiebigen Schluck aus einer Whiskeyflasche. Sie, in knappem Sommerkleid, nimmt ihn bei der Hand und zieht ihn mit in ein Schlafzimmer. Doch die Szene, die aus einem beliebigem Teenagerfilm stammen könnte, nimmt eine Wendung. Als es nämlich zur Sache gehen soll, bekommt er keine Erektion. Sie ist verärgert und schreit ihn an, er wird gewalttätig.
Mit dieser ersten Szene charakterisiert der Film "Konsequenzen" seinen Protagonisten Andrej gleich zweierlei: Als unkontrollierten und gewaltbereiten Jugendlichen; gleichzeitig wird hier auch eine Verletzlichkeit angedeutet: Andrej ist hinsichtlich seiner sexuellen Orientierung verunsichert. Es ist ein Motiv, das den gesamten Film über starken Einfluss auf die Motivationen und Handlungen Andrejs haben wird.
In erster Konsequenz findet er sich nun vor Gericht wieder. Die Liste an aufaddiertem Fehlverhalten – Übergriffen, Diebstählen und Handgreiflichkeiten; vorgetragen von seiner eigenen Mutter – führt dazu, dass die Richterin entscheidet, Andrej solle wochentags in einer Besserungsanstalt untergebracht werden. Ein strikter Zeitplan aus frühem Aufstehen, Arbeit verrichten und Sozialkompetenz-Training als Disziplinarmaßnahme, um ihn wieder auf den rechten Weg zu bringen.
Verliebt in den Gangleader
Was vielleicht in der Theorie nach einer guten Idee klingt, geht ziemlich spektakulär nach hinten los. Nicht nur, dass das Personal der Besserungsanstalt sehr begrenzt Autorität über die Problemjugendlichen hat – Andrej sieht sich innerhalb des Zentrums zudem Hierarchien bei den Jugendlichen untereinander ausgesetzt, die bedingen, dass er zunehmend häufiger in Konflikt mit dem Gesetz kommt.
Das ergibt sich vor allem daraus, dass es unerlässlich zu sein scheint, sich gut mit dem Alphamännchen Željko (Timon Šturbej) zu stellen, um sich keinen regelmäßigen Misshandlungen durch ihn und seine Handlanger ausgesetzt sehen zu müssen. Andrej wird aus Selbstschutz zu Željkos Schuldeneintreiber und Schoßhund. Als Teil einer Art Straßengang, bricht er immer wieder aus der Besserungsanstalt aus, stiehlt, bedroht und raubt, um Drogen und Partys zu organisieren.
Der Film zeigt die Maßnahmen, die für Problemjugendliche vorgesehen sind, als Teil eines Systems, das versagt. Die Isolierung einer Gruppe von gewaltbereiten Jugendlichen bedingt dabei, dass diese sich von allen äußeren Einflüssen, seien es die der eigenen Eltern oder der Sozialarbeiter*innen, komplett entfremden und sich stattdessen gegenseitig zu immer krasseren Straftaten anstacheln.
Dass sich Andrej so bereitwillig an Gangleader Željko hängt, auch wenn er bei manchen Aktionen Unwohlsein zu verspüren scheint, hat aber noch einen weiteren Grund: Er fühlt sich zunehmend offensichtlich zu ihm hingezogen. Daraus entwickelt sich im Film eine spannende Dynamik, denn auch wenn die Jugendlichen einerseits mit homophoben Schimpfworten um sich werfen, so bleibt Andrejs Begehren andererseits tatsächlich nicht unerwidert. Ausdruck schwuler Sexualität scheint in Ordnung zu sein, solange die Beteiligten zugedröhnt sind und es im Geheimen passiert.
Wer fühlt hier wie?
"Konsequenzen" ist ein sehr eindrücklicher Film über junge Menschen, die ihre Aggressionen nicht im Griff haben und gesellschaftlich nicht aufgefangen werden. Der Film bleibt bis zum Schluss spannend, was vor allem den beiden Darstellern Matej Zemljič und Timon Šturbej zu verdanken ist. Schließlich ist es die verquere zwischenmenschliche Beziehung ihrer beider Figuren, die den Film trägt.
Während in der Darstellung Andrejs immer auch mitschwingt, dass er ernsthaft mit sich und seinen Gefühlen zu ringen hat, so wird Željkos als unerschütterlich selbstsicher dargestellt. Doch verwundert die Souveränität, mit der er seine homoerotische Zuneigung so unbeschwert zulässt und wirft zum einen die Fragen auf, ob er nicht auch andere Vorteile daraus ziehen kann, dass er Andrej an sich gebunden hat, und zum anderen, was das in letzter Konsequenz für die beiden bedeuten wird.
Links zum Thema:
» Alle Kinotermine auf der Homepage der Queerfilmnacht
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
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