Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) trägt die politische Verantwortung für die nicht besetzte Führungsposition (Bild: Bundesregierung / Jesco Denzel)
Seit knapp einem Jahr ist die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ohne feste Chefin. Das SPD-geführte Familienministerium hat es bislang nicht geschafft, den Führungsposten zu besetzen. Auf eine parlamentarische Anfrage sagte das Ministerium am 25. März, Grund dafür sei "ein anhängiges Konkurrentenstreitverfahren, das eine Besetzung bislang nicht zugelassen hat". Konkret geht es um ein Gerichtsverfahren, das die Besetzung der Chefposition verzögert. Eine Bewerberin um den Posten hatte gegen das Familienministerium geklagt und nun Recht bekommen.
Christine Lüders war bis Mai 2018 Leiterin der Antidiskriminierungsstelle und wurde hier von Familienministerin Franziska Giffey aus dem Amt verabschiedet
Im Mai letzten Jahres verließ Christine Lüders nach zwei Amtszeiten die Antidiskriminierungsstelle. Daraufhin nahm das Familienministerium drei Bewerbungen um die Nachfolge als Leiterin entgegen. Nancy Böhning, zuletzt Bundesgeschäftsführerin der SPD, bekam den Posten zugesprochen. Die Bundesregierung beschloss im Juni in einer Kabinettssitzung, dass die Parteikandidatin künftig die Antidiskriminierungsstelle leiten soll. Doch dann klagte eine Mitbewerberin, die seit 2000 in dem Ministerium arbeitet. Nun rügte das Verwaltungsgericht Berlin das Auswahlverfahren. Es untersagte per einstweiliger Anordnung, Böhning zur Antidiskriminierungsbeauftragten zu ernennen. Darüber berichtete zuerst der Tagesspiegel.
Grüne fordern neues Auswahlverfahren
In dem richterlichen Beschluss, der queer.de vorliegt, heißt es, das Auswahlverfahren genüge nicht dem Prinzip der Bestenauslese. Laut Grundgesetz müssen Bewerber*innen um öffentliche Ämter nach Leistung und Eignung ausgewählt werden. Andere Gründe, wie Gefälligkeiten, sind für öffentliche Ämter demnach ausgeschlossen. Die Entscheidung für Böhning erweise sich als "ermessensfehlerhaft, weil sie auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage beruht", so die Richter*innen. Sie rügten, dass die ausgewählte SPD-Politikerin nicht einmal eine richtige Bewerbung abgegeben habe. Es entstehe der Eindruck, dass das Bewerbungsverfahren nicht "ergebnisoffen" genug geführt wurde, heißt es in dem Beschluss.
Die Grünen im Bundestag kritisieren, dass der Posten immer noch vakant ist: "Die Antidiskriminierungsstelle muss schellst- und auch bestmöglich besetzt werden", sagte die queerpolitische Sprecherin Ulle Schauws. "Verzögerungen und Kungelei der SPD bei der Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes müssen aufhören: das Bundesfamilienministerium soll ohne Verwaltungsstreitverfahren eine neue ordnungsgemäße Bewerberauswahl einleiten."
Bayram: Armutszeugnis der Bundesregierung
"Dass ausgerechnet die Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes diskriminierend gelaufen ist, ist ein Armutszeugnis dieser Bundesregierung", sagt Canan Bayram, Sprecherin der Grünen für Migrationspolitik. Derzeit wird die Antidiskriminerungsstelle kommissarisch von Bernhard Franke geleitet.
Bernhard Franke (links) leitet die Stelle derzeit kommissarisch; hier mit der Integrationsbeauftragten Annette Widmann-Mauz (Foto: Instagram)
In der vergangenen Woche legte die Antidiskriminierungsstelle ihren Jahresbericht vor. Dieser zeigte, dass sich 2018 mehr Menschen für eine Beratung an die Behörde gewandt hatten als im Vorjahr (queer.de berichtete). Unter Christine Lüders hat sich die Stelle immer wieder für die Gleichstellung von LGBTI stark gemacht (queer.de berichtete).
Aber wenn deshalb dieser so wichtige Posten schon seit einem Jahr unbesetzt ist, geht das wirklich zu weit.
Die sollen das ausschreiben und dann den besten Kandidaten oder die beste Kandidatin nehmen. Punkt.