Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?33505

Urteil des höchsten Gerichts

Stiefkindadoption für alle

Ohne Trauschein das Kind des Partners adoptieren – das ging bislang nicht. Künftig schon. Das Bundesverfassungsgericht fordert eine zeitgemäße Neuregelung.


Das Bundesverfassungsgericht hat seinen Sitz in Karlsruhe (Bild: Bankenverband - Bundesverband deutscher Banken / flickr)
  • 2. Mai 2019, 14:21h 9 3 Min.

Wer die Kinder seines Partners adoptieren will, muss bislang mit diesem verheiratet oder verpartnert sein. Künftig soll sich das ändern, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Durch die bisherige Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch sei das Grundrecht auf gleiche Behandlung von Stiefkindern in unehelichen Partnerschaften verletzt. Die Adoption des Stiefkindes müsse auch in einer beständigen Beziehung ohne Trauschein möglich sein.

Zwar goutierten die Karlsruher Richter die Absicht des Gesetzgebers, Kinder zu schützen und deshalb die Stiefkindadoption nur in stabilen Lebensgemeinschaften zuzulassen. "Sind die Eltern die Ehe eingegangen, spricht dies für einen über einen kurzfristigen Beziehungswunsch hinausgehenden Bindungswillen und damit für die Stabilität der Beziehung", betonten sie. Die gesetzliche Regelung werde aber dauerhaften nichtehelichen Stiefkindfamilien nicht gerecht.

"Die nichteheliche Familie hat sich mehr und mehr als weitere Familienform neben der ehelichen Familie etabliert", stellte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts fest. Es gebe keine Erkenntnisse, dass die Paarbeziehung einer nichtehelichen Stiefkindfamilie besonders fragil wäre.

Immer mehr Kinder mit unverheirateten Eltern

2017 wurden knapp drei Viertel der minderjährigen Kinder bei Ehepaaren groß, 17 Prozent wuchsen bei einem alleinerziehenden Elternteil auf, 10 Prozent bei einem unverheirateten Elternpaar. Doch die Zahl der Ehepaare mit Kindern sinkt kontinuierlich, während die Zahl der Alleinerziehenden und der nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern steigt: Gab es 2007 noch 6,3 Millionen Ehepaare mit minderjährigen Kindern, so waren es zehn Jahre später mit 5,7 Millionen zehn Prozent weniger. "Umgekehrt hat sich die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit minderjährigen Kindern von 675.000 im Jahr 2007 um 38 Prozent auf 934.000 im Jahr 2017 erhöht", heißt es im Beschluss.

Bis zum 31. März 2020 muss der Gesetzgeber nach Vorgabe des Gerichts nun neue Regeln erlassen. Die alten gelten schon jetzt nicht mehr. Verfahren zu nicht-ehelichen Adoptionen sind bis zur Neuregelung ausgesetzt.

Geklagt hatte ein heterosexuelles Paar

Damit war eine verwitwete Mutter und ihr Lebensgefährte vor den höchsten deutschen Richtern doch noch erfolgreich. Das Paar lebt seit 2007 mit den zwei Kindern der Frau und einem gemeinsamen Kind zusammen. Heiraten wollen die beiden nicht, weil die Frau sonst die Witwenrente verlieren würde. Mit der Adoption sollten die in die Beziehung gebrachten Kinder die Stellung gemeinschaftlicher Kinder bekommen.

Vor dem Oberlandesgericht Hamm und dem Bundesgerichtshof klagte das Paar zunächst erfolglos. Die Verfassungsrichter urteilten nun aber: Es sei mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar, dass der Stiefelternteil in nichtehelichen Familien die Kinder des anderen Elternteils nicht adoptieren kann (Beschluss vom 26. März 2019 – 1 BvR 673/17). Bisher war es so, dass die Verwandtschaft zu den leiblichen Eltern bei einer Adoption erlosch. Bei Familien mit Trauschein konnte dagegen bislang ein solches Kind auch rechtlich das Kind beider Eltern werden; seit einigen Jahren ist dies auch in einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft möglich.

Der Schutz des Stiefkindes vor einer nachteiligen Adoption lasse sich auf andere Weise sichern, so die Karlsruher Richter. Dabei könnten im neuen Gesetz statt oder neben dem Ehekriterium alternative Stabilitätsindikatoren verwendet werden – etwa die bisherige Beziehungsdauer.

Schrittweise Gleichstellung von Lesben und Schwulen

Auch die Stiefkindadoption in eingetragenen Lebenspartnerschaften war nicht von Anfang an möglich. Verpartnerte Lesben und Schwule konnten erst seit 2005, also vier Jahre nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes, leibliche Kinder ihrer Partnerin bzw. ihres Partners adoptieren.

Vor sechs Jahren erklärte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der Stiefkindadoption adoptierter Kinder des gleichgeschlechtlichen Partners (Sukzessivadoption) für verfassungswidrig (queer.de berichtete). Der Bundestag brauchte dann über ein Jahr Zeit, die diskriminierende Regelung zu ändern (queer.de berichtete). (cw/dpa)

-w-

#1 Simon HAnonym
  • 02.05.2019, 17:01h
  • Und wieder mal muss das Bundesverfassungsgericht die Arbeit der Regierung machen, weil Union und SPD dieses Thema verschleppen und aussitzen wollen...

    Wieso haben wir überhaupt noch eine Bundesregierung, wenn die ganze Arbeit von Gerichten oder von Consulting-Firmen gemacht wird und Union und SPD das nur noch umsetzen, was andere ihnen auftragen... Diese Arbeit könnte auch ein dressiertes Äffchen erledigen.
  • Direktlink »
#2 deutlichAnonym
  • 02.05.2019, 19:04h
  • So, nun zeigt auch das Bundesverfassungsgericht, wohin der Hase hoppelt ;-) Und das vor den EU-Wahlen :'-D
    Das nenne ich gelungen.
    Eine schöne Klatsche für die Union und für die AfD.

    frei zitiert:
    "Es ist peinlich, vom Bundesverfassungsgericht vorgeführt zu werden." So ähnlich äußerte sich Barley.
    Insofern ist die CDU wieder die Blockade in Reinform(!)

    ©BuntesUndSchönes
  • Direktlink »
#3 Carsten ACAnonym
  • 02.05.2019, 19:26h
  • Antwort auf #1 von Simon H
  • Der Eindruck trügt nicht.

    Unsere schwarz-rote Bundesregierung ist ja nur noch Marionette irgendwelcher Konzern-Lobbyisten.

    Das sieht man ja auch in anderen Bereichen:

    Beispiel 1:

    Die Automobil-Industrie hat mit großer krimineller Energie zu Lasten ihrer Kunden, zu Lasten der Gesundheit aller Menschen und zu Lasten der Umwelt getrickst und manipuliert, dass man schon fast von mafiösen Strukturen sprechen muss. Aber statt zur Kasse gebeten zu werden oder mindestens die betreffenden Fahrzeuge alle entsprechend nachzurüsten oder durch Ersatz zu ersetzen, der die Versprechungen erfüllt, wird die Auto-Industrie geschont und die Kunden müssen die Zeche zahlen.

    Und wir alle zahlen mit unserer Gesundheit...

    Und gleichzeitig wird durch diese Politik der Ruf deutscher Produkte nachhaltig geschädigt, was langfristig tausend Arbeitsplätze kosten wird.

    Beispiel 2:

    Die ganze Welt hat uns mal um unser Rentensystem beneidet. Natürlich machte der demographische Wandel Reformen nötig, aber die hätten auch innerhalb des Systems geschehen können, denn wieso sollen private Konzerne, die Gewinn machen wollen, die Probleme besser lösen als ein Staat, der nicht Profiten, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet ist (wenn er es denn wäre).

    Aber man hat zunächst die staatliche Rente kaputt gemacht und dann die Riester-Rente eingeführt, weil privatwirtschaftliche Versicherungs-Konzerne, Finanz-Berater, etc. das große Geschäft gewittert haben und neue Geschäftsfelder erschließen wollten.

    Und deshalb hat damals die SPD unter ihrem Bundeskanzler Gerhard Schröder die Riester-Rente eingeführt.

    Heute weiß man, dass die Luftnummer den Rentnern schadet und nur ein paar Versicherungskonzernen nützt. Das wussten Experten auch damals schon. Aber auf die hört die Politik ja nicht, sondern lieber auf Lobbyisten.

    So könnte man dutzende weitere Beispiele nennen...

    Fazit:

    Union und SPD sind nur noch Marionetten und führen das aus, was Lobbyisten ihnen diktieren.

    Und dann müssen Gerichte wenigstens für das nötigste an notwendiger Politik neben reiner Lobby-Politik sorgen.
  • Direktlink »

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: