Die rot-rot-grüne Landesregierung von Thüringen hat am Freitagabend ihrer geplante Diversitätsstudie gestoppt. Ursprünglich sollte in den kommenden Wochen ein 20-seitiger Fragebogen an alle rund 20.000 Landesbediensteten geschickt werden, in dem unter anderem nach sexueller Orientierung, Geschlechtszuordnung, ethnischer Herkunft, Behinderungen und Krankheiten gefragt wird.
Bei ethnischen Hintergründen kann in der Umfrage zwischen 17 Antwortmöglichkeiten ausgewählt werden, darunter Weiß, Schwarz, Jüdisch, Deutsch-Kasachisch, Afrodeutsch, Vietnamesisch-Deutsch, Polnisch-Deutsch, Russlanddeutsch oder Türkisch-Deutsch. Bei der sexuellen Orientierung können sich Umfrage-Teilnehmer*innen zwischen asexuell, bisexuell, lesbisch, heterosexuell, queer oder schwul entscheiden. Bei der Geschlechtszuordnung stehen männlich, weiblich, trans, inter und divers zur Auswahl.
Die über 300.000 Euro teure Studie mit dem Titel "Vielfalt entscheidet Thüringen" war in Kooperation mit dem Berliner Sozialunternehmen "Citizens for Europe" vorbereitet worden. Sie sollte Grundlage für ein neues Diversity-Management-Konzept in der Landesverwaltung sein. Die Regierung hatte Anonymität und die Freiwilligkeit der Teilnahme zugesichert.
CDU kritisiert "dreisten Angriff auf die Intimsphäre"
Vor allem bei der Opposition war die geplante Befragung kritisiert worden. Als "dreisten Angriff auf die Intimsphäre" bezeichnete der gleichstellungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Henry Worm, das Vorhaben der rot-rot-grünen Regierung. "Inwieweit diese sehr persönlichen Daten in irgendeiner Weise wichtig für das Funktionieren und die Arbeitsabläufe der Landesverwaltung sind, erschließt sich mir nicht."
Auch die AfD hatte das Vorhaben der Landesregierung kritisiert. "Damit setzt sie nicht nur völlig falsche Prioritäten und verschwendet Steuergelder, sondern dringt auch in bester DDR-Manier in die Privatsphäre der Landesbediensteten ein", meinte Stefan Möller, parlamentarischer Geschäftsführer der Rechtsaußen-Fraktion. Noch 2015 hatte die AfD selbst in einer Kleinen Anfrage von der Landesregierung wissen wollen, "wie viele Homosexuelle, Bi- und Transsexuelle, Transgender und intergeschlechtliche Menschen in Thüringen leben" (queer.de berichtete).
Bedenken hatte auch Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse geltend gemacht. Es müssten zahlreiche Details geklärt werden. "Wie läuft die Befragung ab? Wenn es – wie geplant – online geschehen soll: Welche personenbezogenen Daten fließen wohin?", nannte er als Beispiel zu klärender Fragen. Es müsse gesichert werden, dass zum Beispiel die Anonymität tatsächlich gewährleistet werden kann, wenn sich etwa Mitarbeiter von sehr kleinen Organisationseinheiten beteiligen.
Regierungssprecher: Umfrage wird "zunächst nicht weiterverfolgt"
"Die Kritik an der Befragung zeigt, dass es sinnvoll ist, zunächst die Befragungsmethode und Fragestellungen zu überprüfen, weshalb das Vorhaben zurückgestellt und zunächst nicht weiterverfolgt wird", erklärte Thüringens Regierungssprecher Günter Kolodziej am Freitag.
Der gemeinnützige Kooperationspartner Citizens for Europe bezeichnet die gestoppte Studie auf seiner Homepage als "differenzierte Erhebung von Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten entlang aller Vielfalts- und Diskriminierungsdimensionen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)". Es sei in Deutschland das erste Mal, "dass eine so große Anzahl Beschäftigter – sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende der oberen, mittleren, unteren Behörden sowie ausgewählten Einrichtungen – die Möglichkeit erhalten, ihre differenzierten Perspektiven auf sowie Erfahrungen mit Vielfalt und Diskriminierung zu teilen". (cw/dpa)
Wobei sich die CDU nicht so aufregen braucht... Gerade die sind doch die LGBTI-feindlichste Partei überhaupt.