DEA-Generalsekretär Hartmut Steeb ist gerne in homophoben Zirkeln unterwegs – hier hält er etwa eine Rede bei einer "Demo für alle" 2016 in Stuttgart (Bild: Norbert Blech)
Die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) hat am Donnerstag in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten erklärt, dass mit dem geplanten Verbot der Homo-"Heilung" grundlegende Freiheits- und Persönlichkeitsrechte eingeschränkt werden würden. Damit wehrte sich das 1846 gegründete einflussreiche Netzwerk evangelikaler Christen gegen Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und des Bundesrates, "Konversionstherapien" zur "Heilung" von Homo- oder Transsexualität zu untersagen.
In dem zweiseitigen Brief argumentierten DEA-Vorsitzender Ekkehart Vetter und DEA-Generalsekretär Hartmut Steeb, dass das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auch den Wunsch von Menschen einschließe, "die sich mit ihren konflikthaft erlebten homosexuellen Impulsen und Gefühlen auseinandersetzen und dafür Beratung und therapeutische Angebote in Anspruch" nehmen würden. "Eine ergebnisoffene Beratung muss auch eine Entscheidung für den heterosexuellen Lebensentwurf zulassen", heißt es weiter. Homo-"Heilung" dürfe außerdem nicht kriminalisiert werden, denn "die sexuelle Orientierung der Hetero-, Bi- und Homosexualität kann mit gelingendem oder mit nicht gelingendem sexuellen Handeln verbunden sein."
Unter konservativen Christen gab es bereits zuvor Widerstand gegen die Initiative Spahns: Bereits im Februar hatte der Bibelbund davor gewarnt, dass ein Verbot von Homo-"Heilungen" den christlichen Konsens kriminalisiere (queer.de berichtete). Im Interview mit dem Sender RTL bekräftigte Bibelbund-Chef Michael Kotsch diese Woche die Haltung seiner Organisation. RTL-Reporter To Roxel kommentierte das Gespräch mit den Worten: "Vieles von dem, was Kotsch sagt, macht mich sprachlos. Es scheint, als spreche ich mit jemandem, der Schwulsein als falsch, als Krankheit sieht, die man heilen kann. Es ist ein Interview, das mich als Reporter sehr nachdenklich zurücklässt."
Twitter / Timon_Gremmels | Der SPD-Abgeordnete Timon Gremmels kritisierte auf Twitter das Schreiben der Evangelischen Allianz an die Bundestagsabgeordneten
Auch aus der katholischen Kirche kommen immer wieder Vorwürfe gegen Homosexuelle, dass diese keine gesunden Menschen seien. Erst am Donnerstag war etwa bekannt geworden, dass der Leiter der Priesterausbildung des Erzbistums Köln Schwule und Lesben pauschal als krank bezeichnet hatte und von "erfolgreichen" Therapien der Homosexualität sprach (queer.de berichtete).
Spahn-Kommission nimmt Arbeit auf
Unterdessen hat Gesundheitsminister Spahn am Mittwoch die erste Sitzung einer Kommission eröffnet, die Details über ein Verbot der Homo-"Heilung" debattieren soll. Dem Gremium gehören unter anderem LGBTI-Aktivisten, Wissenschaftler und Kirchenvertreter an (queer.de berichtete). Spahn erklärte zu Beginn der Konferenz in einem Statement, das auf der Twitterseite seines Ministeriums veröffentlicht wurde: "Homosexualität ist keine Krankheit und deshalb nicht therapiebedürftig. Deswegen muss Konversionstherapie verboten werden."
Psychologen sind sich heutzutage weitgehend einig, dass die "Heilung" Homosexueller nicht möglich ist und Lesben und Schwule mit "Konversionstherapien" in den Selbstmord getrieben werden könnten. Der Weltärztebund verabschiedete deshalb 2013 eine Stellungnahme, wonach derartige Behandlungen "die Menschenrechte verletzen und nicht zu rechtfertigen" seien (queer.de berichtete). (dk)
Ein Wort in eigener Sache
Hinter gutem Journalismus stecken viel Zeit und harte Arbeit – doch allein aus den Werbeeinnahmen lässt sich ein Onlineportal wie queer.de nicht finanzieren. Mit einer Spende, u.a. per
Paypal oder Überweisung, kannst Du unsere wichtige Arbeit für die LGBTI-Community sichern und stärken.
Abonnent*innen bieten wir ein werbefreies Angebot.
Jetzt queer.de unterstützen!
www.kirchenaustritt.de