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Drohende Abschiebung

BAMF rät schwulem Kameruner zu heimlichen Beziehungen

In Kamerun kann Homosexualität mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden – dennoch lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge von zwei schwulen Flüchtlingen ab.


Erneut gibt es Kritik an Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bild: SPD Sachsen)

  • Von Norbert Blech
    19. Mai 2019, 14:39h 17 3 Min.

Erneut stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) negative Asylbescheide für zwei schwule Männer aus dem Kamerun aus – einem Land, in dem Homosexualität mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Darüber informierte in dieser Woche das Queer Refugees Network des Vereins RosaLinde Leipzig.

In einem Fall berichtete ein junger Mann davon, im Kamerun heimlich Beziehungen zu anderen Männern geführt zu haben. Hierbei habe er in ständiger Angst gelebt, dass sein Schwulsein öffentlich werden könne, auch sei er erpresst worden. Ein Bekannter habe gedroht, intime Fotos und Videos unter anderem an seine Familie zu schicken. Nachdem er einmal Geld bezahlt habe, sei es zu einem weiteren Erpressungsversuch gekommen. Aus Angst habe er dann den Kamerun verlassen.

Erpressung "keine flüchtlingschutzrelevante Verfolgung"

Das BAMF argumentiert im abgelehnten Asylbescheid, dass der Mann im Kamerun weiterhin Beziehungen zu anderen Männern führen könne, da ihm dies in der Vergangenheit versteckt bereits möglich gewesen sei. Darüber hinaus läge keine Gefährdung vor, da seine Familie nichts von seiner Homosexualität wisse und auch "im Übrigen kein Haftbefehl gegen [ihn] vorliege, sodass davon auszugehen ist, dass er nicht landesweit gesucht wird". Die Erpressungen bewertete des BAMF als "kriminelles Unrecht", welches "keine flüchtlingschutzrelevante Verfolgung" darstelle.

"Die Einschätzungen des BAMF sehen wir aus zweierlei Gründen als problematisch an", erklärte Anna Weißig vom Queer Refugees Network "Zum einen wird eine EU-Richtlinie übergangen, welche besagt, dass homosexuelle Menschen nicht gezwungen sein dürfen, versteckt leben zu müssen, um sich selbst zu schützen." Zum anderen ignoriere das BAMF, dass eine Erpressung in einem Land, welches Homosexualität kriminalisiert, sehr wohl flüchtlingsschutzrelevant sei: "Betroffene können sich in solchen Fällen nicht an die Polizei oder andere staatliche Stellen wenden, um sich vor diesen kriminellen Handlungen zu schützen, da sie befürchten müssen, von Seiten des Staates für ihre sexuelle Orientierung kriminalisiert zu werden. Ein Schutz ist hier also in keiner Weise möglich."

Im zweiten Fall hält das BAMF Homosexualität für vorgeschoben

In dem zweiten Fall argumentierte das BAMF, dass die Homosexualität des Flüchtlings nicht glaubhaft vorgebracht worden sei, da er diese nicht während der Asylanhörung angesprochen habe, sondern seine sexuelle Orientierung erst in einer nachgereichten ärztlichen Stellungnahme angegeben wurde. Laut BAMF "vermag die in der Anamnese aufgeführte Begründung, der Antragsteller habe sich vor dem Bundesamt nicht getraut, über seine Homosexualität zu berichten, da er Angst vor schwarzen Menschen habe, nicht zu überzeugen."

Auch diese Argumentation sei "hochgradig problematisch", kritisierte Anna Weißig vom Queer Refugees Network. Das BAMF ignoriere, dass homosexuelle Menschen verständlicherweise häufig große Ängste gegenüber Menschen aus dem eigenen Herkunftsland haben. auch gegenüber den Übersetzer*innen des Amts. "Des Weiteren ignoriert das BAMF auch hier eine EU-Richtline, welche besagt, dass ein verspätetes Vorbringen der eigenen sexuellen Orientierung nicht als einziger Grund herangezogen werden darf, um diese anzuzweifeln."

Auch die Fachärztin Gerda Matzel, die die erwähnte Stellungnahme verfasste, kritisierte die Begründung des BAMF: "Wie immer habe ich die Stellungnahme nach bestem medizinischen Wissen und aktuellen Fachkenntnissen erstellt", so die Internistin. In keinem anderen Bereich würden die Inhalte ihrer Expertisen so angezweifelt wie bei queeren Flüchtlingen. "Ich wehre mich dagegen, dass mir von Sachbearbeiter*innen medizinische Kompetenzen abgesprochen werden und erlebe dies von anderen Behörden nie." (cw/pm)

-w-

#1 Sven100Anonym
  • 19.05.2019, 18:43h
  • Man kann seine Homosexualität nicht an allen Orten der Welt offen ausleben. Selbst in Berlin gibt es Bezirke, wo man seine Homosexualität besser nicht offen zeigen sollte, zumindest nicht auf der Straße.
    In vielen Ländern der Welt müssen schwule Männer froh sein, wenn sie dort einigermaßen unbehelligt leben können, auch wenn sie dies mehr oder weniger heimlich tut müssen. Speziell in Afrika, Lateinamerika und Teilen von Asien ist an ein "Gay-Pride-Leben" -leider- nicht zu denken.
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#2 PeerAnonym
  • 19.05.2019, 19:49h
  • So viel zu den Lügen von Union und SPD, kein LGBTI würde in einen Verfolgerstaat abgeschoben.

    Und dann auch noch dieser Zynismus, dass die Opfer dann halt ein Leben im Verborgenen führen sollen...
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#3 YannickAnonym
  • 19.05.2019, 22:14h
  • Es wird höchste Zeit, dass Verfolgung aufgrund der geschlechtlichen Identität oder der sexuellen Orientierung endlich als genereller Asylgrund anerkannt wird.

    Für die Frage, ob jemand Asyl bekommt, sollte nur entscheidend sein, ob er verfolgt wird, ob ihm unschuldige Inhaftierung oder gar Folter oder Mord droht (egal ob vom Staat, der Familie, der Gesellschaft). Der Grund der Verfolgung sollte egal sein, egal ob man wegen politischer Anschauungen, Glaube, Hautfarbe, Ethnie, sozialer Herkunft oder eben wegen der geschlechtlichen Identität oder der sexuellen Orientierung verfolgt wird.
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