Das Verbot männlicher Homosexualität in Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs steht nicht im Widerspruch zum Grundgesetz – dies urteilte 1957 das Bundesverfassungsgericht. Eine der skandalösesten Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts.
Bei der Aufzeichnung der ARD-Sendung "Im Namen des Volkes – Deutschland fragt zum Grundgesetz" konfrontierte unser freier Autor, Geschichts- und Filmexperte Erwin In het Panhuis, der am Montag als Gast eingeladen war, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle mit dem schwarzen Fleck auf der Karlsruher Weste. Für dieses Urteil müsse man sich "schämen", erklärte der fünfthöchste Amtsträger der Bundesrepublik unter großen Applaus des Publikums.
Weniger konkret antwortete Voßkuhle auf In het Panhuis' Frage, warum die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität noch immer nicht in Artikel 3 des Grundgesetzes geschützt sind. Aber das schaut euch am besten selbst an: Die von Sandra Maischberger und dem ARD-Rechtsexperten Frank Bräutigam moderierte Sendung wird am Mittwochabend um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt!
In dem Urteil 1957 hatte das Bundesverfassungsgericht unter anderem festgestellt, dass Paragraf 175 unter anderem nicht gegen das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit verstoße, "da homosexuelle Betätigung gegen das Sittengesetz verstößt und nicht eindeutig festgestellt werden kann, daß jedes öffentliche Interesse an ihrer Bestrafung fehlt". Die Richter entwickelten ein gesetzgeberisches "Bedürfnis nach einem Schutz gegen homosexuelle Verführung" und betonten, dass "das sittliche Empfinden die Homosexualität verurteilt". So sei von großem Gewicht, "dass die öffentliche Religionsgesellschaften, insbesondere die beiden großen christlichen Konfessionen, aus deren Lehren große Teile des Volkes die Maßstäbe für ihr sittliches Verhalten entnehmen, die gleichgeschlechtliche Unzucht als unsittlich verurteilen". (mize)
Warum wurde das Grundgesetz damals denn überhaupt eingeführt?