https://queer.de/?33684
Sieg für queere Aktivisten
Brasilien: Höchstgericht macht LGBTI-Diskriminierung zur Straftat
Rückschlag für den homophoben Präsidenten: Die brasilianischen Höchstrichter haben entschieden, dass Homo- und Transphobie genauso schlimm sind wie Rassismus.

Das Supremo Tribunal Federal in der Hauptstadt Brasília ist der Gerichtshof des 210 Millionen Einwohner zählenden Landes (Bild: Rob Sinclair / wikipedia)
- 24. Mai 2019, 14:16h 3 Min.
Die Mehrheit am höchsten brasilianischen Gerichtshof hat am Donnerstag dafür gestimmt, dass Diskriminierung gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten unter das Antidiskriminierungsgesetz fallen. Die Ungleichbehandlung von LGBTI wird damit mit rassistischer Diskriminierung auf eine Stufe gestellt, die bereits seit 1989 unter Strafe steht. Auch bei homo- oder transphober Gewalt hätten Opfer dann ein erweitertes Klagerecht.
Sechs der elf Richter haben erklärt, dass es verfassungswidrig sei, LGBTI aus dem Antidiskriminierungsgesetz auszuschließen. Das entsprechende Verfahren wurde daher bis zum 5. Juni unterbrochen. Zu diesem Zeitpunkt werden voraussichtlich die anderen fünf Richter ihre Entscheidung bekannt geben und eine Urteilsbegründung veröffentlicht.
Das Supremo Tribunal Federal hatte bereits mehrfach LGBTI-Rechte ausgeweitet. So entschieden die Richter bereits im Jahr 2011, dass das Ehe-Verbot für gleichgeschlechtliche Paare eine verfassungswidrige Diskriminierung darstelle (queer.de berichtete). Binnen zwei Jahren öffneten dann alle Bundesstaaten des bevölkerungsreichsten katholischen Landes die Ehe für Schwule und Lesben – lange, bevor dieser Schritt in Deutschland vollzogen wurde.
Druck auf LGBTI durch rechtsextreme Regierung zuletzt angewachsen
Die neue Entscheidung des Höchstgerichts hat für die LGBTI-Community eine besondere Bedeutung, weil der Rechtsextremist und Homo-Hasser Jair Bolsonaro seit Anfang des Jahres Präsident ist (queer.de berichtete). Eine Verurteilung zeigt, wie homophob der neue Staatschef ist: Vor seinem Wahlsieg war Bolsonaro von einem Gericht wegen Volksverhetzung zur Zahlung von umgerechnet rund 34.000 Euro verurteilt worden – Anlass war ein Interview aus dem Jahr 2011, in dem er unter anderem erklärt hatte, dass seine Kinder nie einen schwulen Sohn zur Welt bringen würden, weil sie eine "gute Erziehung" genossen hätten. Bei dem Interview fügte er hinzu, dass er einen schwulen Sohn nicht lieben könne: "Mir wäre lieber, er würde bei einem Unfall sterben", so Bolsonaro damals. Das Urteil gegen ihn wurde vor wenigen Wochen in bereits dritter Instanz bestätigt.
Laut LGBTI-Aktivisten könnte die Entscheidung der Höchstrichter nun die schlimmsten Auswirkungen der rechtsextremen Regierung verhindern. Nach Angaben der LGBTI-Organisation Grupo Gay de Bahia sind in diesem Jahr bereits mindestens 141 LGBTI-Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität getötet worden.
Seit Bolsonaros Amtsantritt hat sich die Atmosphäre gegenüber sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten in Brasilien extrem verschärft. Ende Januar floh deshalb sogar Jean Wyllys, ein schwuler Abgeordneter der Opposition, aus dem Land, weil er um Leben fürchtete (queer.de berichtete). Er ließ sich in Berlin nieder (queer.de berichtete).
Erst vergangenen Monat hatte Bolsonaro erklärt, dass sein Land kein "Urlaubsparadies für Schwule" werden dürfe. Das könne er als Präsident nicht zulassen (queer.de berichtete). Größter internationaler Verbündeter des Rechtsaußen-Politikers ist US-Präsident Donald Trump (queer.de berichtete). (dk)














