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- 02. September 2005 4 Min.
Interviews zur Bundestagswahl am 18. September, Teil 2: MdB Jürgen Gehb zur Homopolitik der Unionsparteien
Von Alexander Zinn
Herr Dr. Gehb, warum tun sich die Unionsparteien eigentlich so schwer mit der Anerkennung von Lesben und Schwulen?
In einer großen Volkspartei wie der Union gibt es eine größere Bandbreite an Einstellungen und Ansichten als in kleineren Spartenparteien. Wer offenen Auges die Entwicklung verfolgt, der wird aber wahrgenommen haben, wie viel sich in den letzten Jahren verändert hat. Dies ist für mich entscheidend.
Aus CDU und CSU hört man zurzeit sehr widersprüchliche Stimmen: Bayern will gegen die Stiefkindadoption klagen, Michaela Noll erklärt, eine unionsgeführte Bundesregierung werde am Lebenspartnerschaftsgesetz nichts ändern, Roger Kusch wiederum will Lebenspartner zumindest bei der Erbschaftssteuer besser stellen. Was gilt denn nun?
Bayern, Hamburg und jedes andere Bundesland können frei und unabhängig Initiativen aller Art ergreifen. Die Union im Bundestag wird am bestehenden Lebenspartnerschaftsgesetz nicht rütteln.
Zurzeit sind Rechte und Pflichten bei der Lebenspartnerschaft in einem erheblichen Ungleichgewicht: Im Sozialrecht müssen Lebenspartner füreinander einstehen, bei der Steuer werden sie behandelt wie Fremde. Ist das nicht ungerecht?
Ich bin sehr dafür, dass Rechte und Pflichten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen sollten.
Eigentlich entspricht die Lebenspartnerschaft doch konservativen Wertvorstellungen: Zwei Menschen übernehmen Verantwortung füreinander, unterstützen sich auch "in schlechten Zeiten", statt auf Vater Staat zu vertrauen. Müssten solche Lebensmodelle nicht steuerlich gefördert werden?
Im Zentrum unserer Politik steht die Verbesserung der Situation von Familien und Kindern. Hierauf sollte auch im Steuerrecht der Schwerpunkt gelegt werden. Als Rechtspolitiker setze ich mich beispielsweise für eine Reform des Unterhaltsrechts ein, die das Wohl des ehelichen wie nicht-ehelichen Kindes und dessen Betreuung in den Vordergrund stellt. Es wird auch gleichgültig sein, ob dieses Kind in einer hetero- oder homosexuellen Partnerschaft lebt.
Die FDP tritt inzwischen für die volle rechtliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe ein. Werden CDU und CSU den Liberalen bei möglichen Koalitionsverhandlungen Zugeständnisse machen?
Heute über das Ergebnis eines möglichen Koalitionsvertrages zu spekulieren ist müßig. Vor wenigen Wochen haben CDU und FDP in Düsseldorf aber einen Koalitionsvertrag geschlossen, der folgenden Passus enthält: "Gleichgeschlechtliche Paare dürfen nicht diskriminiert werden. Ihre Selbstorganisation werden wir weiterhin angemessen unterstützen". In Berlin werden vielleicht nach der Wahl auch wieder Projekte wie die Magnus-Hirschfeld-Stiftung in Angriff genommen, die Rot-Grün in dieser Legislaturperiode abgelehnt hat.
Lesben und Schwule werden noch in vielen Bereichen diskriminiert. Was will die Union dagegen unternehmen?
Jegliche Diskriminierung ist zu ächten und zwar ganz konkret – auch im laufenden Wahlkampf. Entpuppen sich nicht die hehren Worte zur Antidiskriminierungspolitik als Schall und Rauch, wenn Ottmar Schreiner, einer der prominentesten SPD-Politiker, zur Diffamierung eines politischen Gegners im Wahlkampf mal eben ganz tief in die Schmuddelkiste greift und dann den "Dr. Schwesterwelle" herausholt? Hier laut und öffentlich die rote Karte zu zeigen ist für mich aktive Antidiskriminierungspolitik.
Das Antidiskriminierungsgesetz haben die unionsgeführten Länder im Bundesrat gestoppt. Warum?
Weil nicht alles, was gut gemeint ist, auch wirklich gut ist. Wo Anti-Diskriminierung draufsteht, muss im Ergebnis nicht unbedingt Anti-Diskriminierung drin sein. Im Zivilrecht ist im rot-grünen Entwurf eine massive Einschränkung der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Man legt Hand an den freien und mündigen Bürger, der auch das Recht hat, zu einem Vertragsabschluss nein zu sagen, und dies heute nicht begründen muss. Ich bin dafür, dass dies so bleibt.
Schwule und Lesben sind auch heute noch mit Vorurteilen und Hass konfrontiert. Ein verbreitetes Phänomen ist das "Schwulenklatschen" durch Jugendgangs, die sich darauf spezialisiert haben, Homosexuelle zusammenzuschlagen und zu berauben. Bedarf es nicht spezieller Präventionsprogramme, um die Sicherheit von Lesben und Schwulen zu gewährleisten?
Selbstverständlich muss der Jugendgewalt gegen Lesben und Schwule und gegen alle anderen Opfer entgegengetreten werden. Hier sind Prävention wie auch das Straf- und Jugendrecht gefragt. Und es macht sicherlich Sinn, in der Prävention spezifische Programme für die jeweils spezifischen Täter- und Opfergruppen zu haben. Schließlich soll Prävention auch erfolgreich sein.
Zum Abschluss eine persönliche Frage. Angenommen, Sie hätten einen Sohn, der einen
Mann heiraten will: bekäme er Ihren "Segen"?
Ja, denn Eltern sollten immer zu ihren Kindern stehen. Meine Frau und ich bemühen uns jedenfalls, dies gegenüber unseren beiden Söhnen auch einzulösen.
03. September 2005
Terminhinweis
Der LSVD veranstaltet eine Diskussionsrunde zur Bundestagswahl. Am 8. September findet um 19 Uhr die Diskussion im Rathaus Schöneberg (Raum 195, John F.-Kennedy-Platz) statt. Mit: Mechthild Rawert (SPD), Peter Kurth (CDU), Volker Ratzmann (Bündnis 90 / Die Grünen), Markus Löning (FDP) und Andreas Günther (PDS). Eintritt frei
Links zum Thema:
» Teil 1: Interview mit Olaf Scholz (SPD)
» Die Webseite des LSVD










Da gibt es im Bundesland Hamburg den Spitzenpolitiker Ole von Beust, da hat sich mittlerweile die LSU in der CDU gegründet, da gibt es ein Positionspapier, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassungsmäßigkeit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft anerkennt und da sind mittlerweile die zahlreichen Synodenentscheidungen in den protestantischen Landeskirchen der EKD, die Segnungsgottesdienste für standesamtlich, verpartnerte Paare ermöglichen (was einen erheblichen Einfluss auf die CDU hat).
So könnnen wir damit rechnen, dass auch unter einer CDU-Regierung die Eingetragene Lebenspartnerschaft uns erhalten bleibt. Mehr aber auch nicht....weitere Fortschritte werden durch die CDU "kaum zu erwarten sein". Immer noch ist das Steuerrecht für homosexuelle, verpartnerte Paare zutiefst ungerecht, insbesondere bei der Erbschafssteuer.
Auch werden immer wieder "kleine" Angriffe von einigen Leuten in der CDU auf homosexuelle Personen (siehe Fetisch-Festival in Berlin zu Herrn Wowereit) oder zur Thematik "Homosexualität" negativ aufgegriffen (siehe Handbuch in den Schulen in NRW).
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Daher es sind deutliche gute Veränderungen in der jetzigen CDU ersichtlich, aber wir sollten uns nichts "vormachen": die CDU wird keinen weiteren Handschlag freiwillig für uns rühren...da schneidet der künftige potentielle Koalitionspartner FDP "besser ab".
Es gibt bessere Parteien als die CDU aus homopolitischer Sicht....nur wohlgemerkt die CDU hat sich in den letzten Jahren positiv verändert: für das Kreuz bei der CDU reicht es aber "noch" nicht im Jahre 2005.