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Jerusalem
Erstmals offen schwuler Minister im israelischen Kabinett
Amir Ohana ist der erste offen homosexuelle Minister in der Jerusalemer Regierung. In der LGBTI-Community ist er aber umstritten.
- 6. Juni 2019, 10:03h 2 Min.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Freitag einen Abgeordneten seiner rechtskonservativen Likud-Partei zum neuen Justizminister ernannt. Der 43-jährige Anwalt Amir Ohana ist Israels erster offen schwuler Minister.
Ohana war Ende 2015 als erster offen schwuler Politiker seiner Partei ins Jerusalemer Parlament, die Knesset, eingezogen (queer.de berichtete). Der Reserveoffizier der israelischen Armee und ehemalige Agent des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet lebt mit seinem Partner in Tel Aviv und zieht mit ihm Zwillinge auf, die von einer Leihmutter in den USA auf die Welt gebracht worden waren.

Ohana (li.) mit seiner Regenbogenfamilie
In der Community ist Ohana umstritten, da er sich nur begrenzt für LGBTI-Rechte einsetzt. Gegen die LGBTI-feindlichen Positionen seiner Partei und ihrer Koalitionspartner sind queere Aktivisten mehrfach auf die Straße gegangen (queer.de berichtete). Erst am Dienstag hatten 23 gleichgeschlechtliche Paare in Tel Aviv mit einer symbolischen Massenhochzeit die Ehe für alle in Israel gefordert – bisher werden nur im Ausland geschlossene Ehen anerkannt.
Neue Übergangsregierung bis September
Der neue Justizminister gilt als Hardliner, der unter anderem die Zweistaatenlösung ablehnt. Außerdem zeigte er sich stets loyal gegenüber Netanjahu. Nach Medienberichten hat er sich unter anderem für Gesetzesänderungen ausgesprochen, die dem Regierungschef Immunität vor Strafverfolgung gewähren würden. Netanjahu muss in drei Fällen mit einer Korruptionsanklage rechnen. Eine Anhörung ist im Oktober geplant.
Ohana folgt im Amt auf Ajelet Schaked von der Partei "Die Neue Rechte", die Netanjahu zu Wochenbeginn gemeinsam mit Erziehungsminister Naftali Bennett entlassen hatte. Beide gelten als Rivalen des Regierungschefs im rechten Lager. Zunächst hatte der Abgeordnete Bezalel Smotrich von der nationalistischen Tkuma-Partei das Justizministerium für sich gefordert. Er disqualifizierte sich jedoch mit der Ankündigung, jüdisches religiöses Recht in Israel einführen zu wollen.
In der Vergangenheit arbeitete Ohana bei der Staatsanwaltschaft. Als Politiker hat er sich dafür ausgesprochen, die Macht des Justizsystems zugunsten der Exekutive einzuschränken.
Netanjahu steht bis zu einer Parlamentswahl am 17. September an der Spitze einer Übergangsregierung. Nach der letzten Wahl im April war es ihm nicht gelungen, eine tragfähige Mehrheit rechter und religiöser Parteien zu bilden. Daraufhin löste das Parlament sich auf. Hauptstreitpunkt bei den Koalitionsverhandlungen war ein Gesetz, wonach schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst verpflichtet werden sollen. (dpa/dk)















