In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" (Paywall-Artikel) hat die ehemalige Bundesliga- und Nationalspielerin, DFB-Direktorin und Bundestrainerin Steffi Jones Verständnis dafür gezeigt, dass schwule Profispieler ihre sexuelle Orientierung verheimlichen. Die 46-Jährige hatte sich selbst 2013 beim "Ball des Sports" in Wiesbaden als lesbisch geoutet und ihre Partnerin vorgestellt, die Bankerin Nicole Parma (queer.de berichtete).
"Ich gehe nicht mit, wenn Leute meinen, Fußballer sollten sich outen. Das muss jedem selbst überlassen sein, weil es etwas sehr Persönliches ist", sagte Jones gegenüber dem Magazin. "Für uns war es ein schöner Moment, weil wir dadurch wahnsinnig befreit wurden. Bei homosexuellen Männern ist es anders, sie werden als unästhetisch angesehen."
Wenn ein Einzelner "Du schwule Sau" rufe oder sich diskriminierend verhalte, sei das "schon unwahrscheinlich verletzend", meinte Jones. "Aber wenn es das ganze Stadion brüllt – muss man sich das echt antun? Das ist doch keine Befreiung. Der Fußball ist da noch nicht so weit. Deshalb dürfen wir niemanden dazu auffordern, sich zu outen."
Jones beklagt "Neid und Missgunst" beim DFB
Gleichzeitig forderte die ehemalige Bundestrainerin den DFB dazu auf, sich bei persönlichen Angriffen gegen Spieler nicht wegzuducken, sondern klar zu positionieren. Sie selbst habe dies vermisst. "Als ich noch Bundestrainerin war, gab es mal einen Artikel mit der Überschrift: 'Jones muss weg – aber nicht weil sie schwarz oder lesbisch ist'", erklärte die gebürtige Frankfurterin. "Ich war der Meinung, dass da eine Grenze überschritten wurde. Beim DFB hat man mir gesagt: Ach, komm, das bringt nichts. Da wollte man keine Stellung beziehen. Auf Facebook haben sich die Leute mehr aufgeregt als mein DFB."
Der Deutsche Fußball-Bund sei ein von Männern geführter Verein, der mal "ordentlich Durchzug" brauchte, so Jones in dem "Spiegel"-Interview: "Was mich super nervt, ist dieses Klüngel-Klüngel beim DFB. Jeder sucht da immer erst seinen eigenen Vorteil." Jones kritisiert, dass es in den 21 Landesverbänden keine Präsidentin gebe: "Auch beim DFB müssen Frauen an die Spitze. Männerdomänen sind Vergangenheit."
Steffi Jones war im März als Bundestrainerin gefeuert worden (queer.de berichtete). Ihre Zeit als Trainerin bezeichnete sie als "die schwerste in meiner Karriere, weil sie von Anfang von Neid und Missgunst geprägt war". Alle wollten sich bestätigten sehen, dass sie versage. "Da kämpft man gegen Windmühlen, die man nicht besiegen kann."
Als Spielerin hatte Jones zu den erfolgreichsten Fußballerinnen der Welt gehört. Sie spielte 111-mal für die deutsche Nationalmannschaft und wurde mit ihr ein Mal Weltmeisterin und drei Mal Europameisterin. Mit ihren Teams FSV Frankfurt und 1. FFC Frankfurt gewann sie außerdem sechs Mal die deutsche Meisterschaft. (cw)