Der Vatikan hat in einem offiziellen Dokument "Gender-Ideologie" kritisiert, die besage, Menschen könnten ihr Geschlecht wählen oder ändern. Transsexualität und Intergeschlechtlichkeit "führen zu einer männlich-weiblichen Zweideutigkeit, die auf widersprüchliche Weise diesen sexuellen Unterschied voraussetzt, den sie zu leugnen oder zu überwinden trachtet", heißt es in einem 30-seitigen Papier der Bildungskongregation für die katholische Lehre, das am Montag vorgestellt wurde.
Das Dokument namens "Als Mann und Frau schuf er sie" wendet sich gegen eine Tendenz, "die Unterschiede zwischen Mann und Frau auszulöschen, indem man sie als bloße historisch-kulturelle Konditionierung versteht". Die "fiktive Konstruktion eines neutralen oder dritten Geschlechts" stehe dem Prozess der Bildung einer reifen Persönlichkeit im Weg. Der Text ist als Leitfaden für Lehrer an katholischen Schulen gedacht.
Natur und Kultur gerieten "in einen Gegensatz"
Der Vatikan kritisierte insbesondere, dass "sexuelle Orientierung" vom biologischen Geschlecht losgelöst gesehen werde. "Natur und Kultur" gerieten immer mehr "in einen Gegensatz", wenn der Begriff Gender "von der subjektiven Haltung der Person abhängig gemacht wird, die auch ein Geschlecht wählen kann, das nicht ihrer biologischen Sexualität entspricht". Das Dokument weiter: "Dieses Oszillieren zwischen männlich und weiblich endet als bloße Provokation gegen die sogenannten traditionellen Vorstellungen." Zu Menschen, deren Geschlecht durch Chromosomen nicht eindeutig bestimmt wird, fordert die Bildungskongregation "therapeutische Interventionen". Diese sei nach "objektiven" Kriterien durch Mediziner zu erfolgen, nicht nach "beliebigen Entscheidungen" von Eltern oder Gesellschaft.
Der offizielle Leitfaden betont außerdem, dass die Ehe ein Bund zwischen Mann und Frau sei, und nennt die Familie "eine anthropologische Tatsache", die man vor "ideologisch motivierten Zersetzungsversuchen" schützen sollte. Kinder hätten ein Recht darauf, "in einer Familie aufzuwachsen, mit einem Papa und einer Mama".
Queere Katholiken: "Der Vatikan bleibt im Mittelalter"
Der Verband New Ways Ministry, der für die LGBTI-Rechte in der katholischen Kirche einsteht, kritisierte das Papier als "schädliches Werkzeug". Die "Fehlinformation in dem Dokument wird dazu führen, dass Familien ihre Kinder ablehnen" Lesben, Schwule und trans Menschen weiter diskriminiert würden. Das Geschlecht werde "nicht nur durch sichtbare Genitalien bestimmt", heißt es in einer Mitteilung, "sondern auch durch Genetik, Hormone und Chemie – Dinge, die bei der Geburt nicht sichtbar sind". "Der Vatikan bleibt im Mittelalter, fördert die falsche Lehre und stützt sich auf Mythen, Gerüchte und Unwahrheiten." (cw/dpa)