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Südamerika
Ecuador: Gericht öffnet die Ehe für alle
Das Verfassungsgericht folgte in einem mit Spannung erwarteten Urteil dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Eine Regenbogenflagge vor dem Verfassungsgericht in der Hauptstadt Quito
- 12. Juni 2019, 21:41h 3 Min.
Das Verfassungsgericht von Ecuador hat am Mittwoch gleichgeschlechtliche Eheschließungen ermöglicht. In einer knappen Entscheidung aus fünf zu vier Stimmen entschied das höchste Gericht des Landes, dass eine entsprechende Entscheidung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf das Land anzuwenden sei.
Ersten Medienberichten zufolge war mangels vorliegender Begründung zunächst noch unklar, ob sich das verbindliche Urteil nur auf die zwei klagenden Paare bezieht und für weitere Paare noch juristische oder politische Wege gefunden werden müssen, oder ob die Ehe sofort allen Paaren offen steht. LGBTI-Organisationen feierten das Urteil dennoch sofort als Meilenstein.
/ ODJEcuadorGracias a los cinco jueces de la @CorteConstEcu que votaron a favor del #MatrimonioIgualitarioEC !
ODJEcuador (@ODJEcuador) June 12, 2019
Jueces @dsalazaca @ravila67 @GrijalvaAgustin @AndradeqKarla, este país es un poquito más humano, gracias a ustedes. Hicieron historia#loveislove pic.twitter.com/ErzKTvphYp
Später verschickte das Gericht eine Pressemitteilung, wonach gleichgeschlechtliche Ehen anzuerkennen seien und die Verfassung entsprechend zu interpretieren sei, im Sinne des Interamerikanischen Gerichts und mit dem Gedanken von Gleichberechtigung und des Verbots der Diskriminierung. Das Parlament müsse mehrere für verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmungen zur Ehe ändern, um sie gleichgeschlechtlichen Paaren zu ermöglichen.
Ecuador hatte bereits 2008 mit der Einführung einer neuen Verfassung das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft zumindest theoretisch für schwule und lesbische Paare geöffnet, zugleich aber die Ehe als Verbindung aus Mann und Frau definiert. Während die Lebenspartnerschaft nach und nach um weitere Rechte erweitert wurde und 2015 auch in der Praxis für Homo-Paare möglich wurde, klagten mehrere gleichgeschlechtliche Paare auf die Eintragung einer Ehe.
/ tictocEcuador's highest court has granted 2 gay couples the right to marry in a landmark case seeking to expand #LGBT rights pic.twitter.com/CNPgPOtW2R
TicToc by Bloomberg (@tictoc) June 13, 2019
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Zwei Fälle aus unteren Instanzen landeten nun vor dem Verfassungsgericht, das bereits letzte Woche zusammenkam, aber sich damals bei einem abwesenden Richter noch nicht auf eine mehrheitliche Entscheidung einigen konnte. Die Minderheit der Richter argumentierte nun, für eine Ehe-Öffnung sei zunächst eine Verfassungsänderung auf parlamentarischem Wege nötig.
Urteil aus Costa Rica ebnete den Weg
In einem vorgelegten Fall hatte ein schwules Paar aus der Hauptstadt im letzten Jahr die Eintragung seiner Ehe beantragt – unter Verweis auf eine Entscheidung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Das internationale Gericht mir Sitz in San José (Costa Rica) hatte im Januar 2018 entschieden, dass Unterzeichner der Amerikanischen Menschenrechtskonvention gleichgeschlechtlichen Paaren Zugang ermöglichen sollten "zu allen bestehenden Formen innerstaatlicher Rechtssysteme, einschließlich des Rechts auf Eheschließung" (queer.de berichtete).
Die Entscheidung, die auch ein volles Adoptionsrecht vorsieht, hatte direkte Auswirkungen auf Costa Rica, das das Gericht angerufen hatte und bis 2020 die Ehe-Öffnung umsetzen will. Einige weitere Länder setzen Urteile des Gerichts automatisch um, andere entscheiden einzeln über jede Vorlage und einige wie Jamaika erkennen das Gericht gar nicht an. In Südamerika haben bereits Argentinien, Brasilien, Kolumbien und Uruguay sowie einige Landesteile von Mexiko die Ehe für alle geöffnet.
/ AFPespanolEcuador desafía su tradición conservadora y aprueba el matrimonio igualitario #AFP https://t.co/GTWeaGo79y pic.twitter.com/RMfkwApyhc
Agence France-Presse (@AFPespanol) June 13, 2019
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Im Zentrum der Hauptstadt Ecuadors gingen am Mittwochabend Ortszeit dutzende jubelnde LGBTI auf die Straße, um das Urteil zu feiern. Einer der Kläger, Efraín Soria, meinte laut AFP, nun sei endlich eine Gleichberechtigung erzielt. Der Anwalt Christian Paula, der mehrere homosexuelle Paare vertritt, sagte, Ecuador sei jetzt "gerechter als gestern": "Es wird anerkannt, dass die Menschenrechte ohne Diskriminierung für alle gelten müssen."
Ecuador, ein Land mit rund 17 Millionen Einwohnern im Nordwesten Südamerikas zwischen Kolumbien und Peru, hatte Homosexualität erst 1997 legalisiert, zuvor konnte sie mit bis zu acht Monaten Haft bestraft werden. Ein Jahr nach der Legalisierung wurde ein Antidiskriminierungsgesetz erlassen, das auch die Merkmale sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität umfasst. Seit 2016 haben Personen das Recht, ihren offiziellen Geschlechtseintrag ändern zu lassen.
Im Mai 2016 hatte das Verfassungsgericht entschieden, dass der Staat ein lesbisches Paar als gemeinsame Eltern einer Tochter in die Geburtsurkunde eintragen muss. In der Verfassung war eine gemeinschaftliche Adoption zuvor nur verschiedengeschlechtlichen Paaren erlaubt worden. (nb)













