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Stillstand gebrochen?

Nordirland: Britisches Parlament stimmt für Ehe-Öffnung

Die Ehe für alle soll in Belfast & Co. bis zum 21. Oktober in Kraft treten – wenn bis dahin keine regionale Regierung zusammentritt.


Aktivisten am 18. Mai bei einer Demonstration für die Ehe-Öffnung in Belfast (Bild: Love Equality NI / twitter)

  • 9. Juli 2019, 18:22h 9 4 Min.

Rund fünf Jahre nach der Öffnung der Ehe in England und Wales sowie im Rahmen eines getrennten Verfahrens in Schottland – und rund vier Jahre nach der Gleichstellung in Irland – könnte auch Nordirland bald gleichgeschlechtliche Ehen ermöglichen. Am Dienstag stimmte das britische Parlament dafür, dass die britische Ministerin für Nordirland entsprechende Regularien erlassen soll, die bis 21. Oktober in Kraft zu setzen sind.

383 Abgeordnete stimmten für den Ergänzungsantrag des Labour-Abgeordneten Conor McGinn zu einem Gesetzentwurf zum Umgang mit der derzeit ausgesetzten Regierung in Nordirland, nur 73 dagegen – eine Abstimmung zum Gesamtpaket folgt noch am Dienstag. Seit Anfang 2017 konnten sich die beiden größten Parteien DUP und Sinn Fein nicht auf eine Regierung einigen, ohne die auch das regionale Parlament keine Sitzungen abhalten und eigene Entscheidungen treffen kann. Bereits im letzten Jahr war eine Entscheidung aus London unter anderem zur Ehe für alle debattiert worden, letztlich kam es aber aus Sorgen um Kompetenzen und eine Überstimmung der nordirischen Politik nur zu einer unverbindlichen Aufforderung, die Ehe zu öffnen (queer.de berichtete).

Twitter / ConorMcGinn
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Die Regularien zur nun beschlossenen Ehe-Öffnung müssen noch den beiden Kammern des britischen Parlaments vorgelegt werden – und die Umsetzung ist noch nicht sicher: Zu keiner Ehe-Öffnung durch die Vorlage kommt es, wenn die nordirische Regierung vor dem Termin wieder zusammentreten sollte. Ein später eingesetztes neues nordirisches Parlament könnte die Ehe-Öffnung wieder abschaffen.

John Penrose, Staatssekretär für Nordirland, hatte in der Debatte angegeben, Abgeordnete hätten neben Fragen von Menschenrechten und Parlaments-Kompetenzen auch zu berücksichtigen, dass bis Ende Oktober die Ehe-Öffnung nicht komplett umzusetzen sei. Alle Parteien, auch die Konservativen, hatten eine freie Abstimmung nach Gewissen ermöglicht, auch Penrose stimmte letztlich für den Antrag – die Gegenstimmen stammten von 65 Konservativen und acht DUP-Abgeordneten. Er war vorab von einigen Abgeordneten aus allen Fraktionen unterstützt worden.

Twitter / Love_EqualityNI
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Die freie Gewissens-Abstimmung galt auch für einen anderen Ergänzungsantrag, das britische Recht zu Abtreibungen aus dem Jahr 1967 auf Nordirland auszuweiten – hier stimmten 332 Abgeordnete zu und 99 dagegen. Bislang gilt in Nordirland ein striktes Abtreibungsverbot, das nur wenige Ausnahmen, etwa bei Gesundheitsgefahren der Mutter, zulässt – im letzten Berichterstattungsjahr betraf das zwölf Fälle. Frauen aus Nordirland können in England eine Abtreibung durchführen und erhalten diese seit 2017 auch durch den Gesundheitsdienst NHS erstattet. Im letzten Jahr hatte Irland sein striktes Abtreibungsverbot durch ein Referendum gelockert; auch die Ehe für alle war hier durch eine Volksabstimmung eingeführt worden.

Ein ungelöstes Problem von vielen

Die Frage der gleichgeschlechtlichen Ehe gilt als einer der großen Streitpunkte in der nordirischen Politik – die radikal-protestantische Partei Democratic Unionist Party (DUP), die im Londoner Parlament die britische Regierung stützt, lehnt den Schritt entschieden ab. Nachdem das nordirische Parlament seit 2012 vier Mal die Ehe-Öffnung ablehnte, stimmte es 2015 mit 53 zu 51 Abgeordneten knapp dafür – die DUP erklärte die Frage aber zu einer "Petition of Concern", womit eine Supermehrheit von 60 Prozent sowie Stimmen aus allen Parteien für die Verabschiedung eines Gesetzes notwendig gewesen wäre (queer.de berichtete).

Diese Regelung war eingeführt worden, damit die Minderheit bei kontroversen Auseinandersetzungen zwischen protestantischen Unionisten und katholischen Republikanern nicht andauernd überstimmt wird. Das Parlament in Stormont, die Northern Ireland Assembly, war im Zuge des Karfreitagsabkommens eingerichtet worden. Die Haltung der britischen Regierung der letzten Jahre war, sich unter anderem in der Frage der Ehe für alle nicht in die regionale Politik einzumischen. Die beiden konservativen Anwärter auf die Nachfolge von Premierministerin Theresa May, Boris Johnson und Jeremy Hunt, hatten angekündigt, dies beibehalten zu wollen. Penrose betonte am Dienstag zugleich, dass die erfolgte Parlamentsabstimmung bindend für die britische Regierung sei.

Vor zwei Jahren lehnte der Oberste Gerichtshof von Nordirland eine Ehe-Öffnung ab, da dies eine Frage der Politik sei (queer.de berichtete) – eine Berufung läuft noch. 2018 hat eine Umfrage ergeben, dass 76 Prozent der nordirischen Bevölkerung eine Ehe-Öffnung befürwortet. Nachdem die 29-jährige Journalistin und Aktivistin Lyra McKee im April bei Ausschreitungen in Derry erschossen wurde, hatte ihre Partnerin sich öffentlich für Friedensbemühungen eingesetzt und auch LGBTI-Rechte inklusive der Ehe für alle eingefordert.

Die Mehrheit für die Ehe für alle in Nordirland im britischen Parlament ist mit 310 Stimmen größer als 2013 bei der Abstimmung zu England und Wales, wo die gleichgeschlechtliche Ehe damals mit 400 zu 175 Stimmen mit einer Mehrheit von 255 durchgesetzt wurde. Inzwischen gilt die Ehe für alle auch auf den Kanalinseln mit Ausnahme von Sark, auf der Isle of Man und in zehn der vierzehn Überseegebiete. (nb)

#1 TimonAnonym
  • 09.07.2019, 18:49h
  • "2018 hat eine Umfrage ergeben, dass 76 Prozent der nordirischen Bevölkerung eine Ehe-Öffnung befürwortet."

    Bei so einer deutlichen Mehrheit gibt es eigentlich nicht mehr viel zu überlegen.

    Das Volk ist der Souverän! Die Politik hat den Willen des Volkes umzusetzen...
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#2 demokratieAnonym
  • 09.07.2019, 18:56h
  • ein referendum wie in der republik irland wäre auch ok gewesen.
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#3 tegddfgAnonym
  • 09.07.2019, 21:01h
  • Antwort auf #1 von Timon
  • Du sagst das Volk sei der Souverän und der Wille des Volkes umzusetzen.

    Dem widerspreche ich in Bezug auf Rechte von Minderheiten.

    Was wäre wenn 90 % der Bevölkerung wollen, dass eine gewisse Minderheit X weniger Rechte erhalten soll als die Mehrheit bzw. der Minderheit gleiche Rechte vorenthalten werden sollen?

    Da siehst du, dass das Volk nicht über die Rechte von Minderheiten entscheiden darf. Vielmehr muss es eine Verfassung geben, die Minderheitenrechte und gleiche Rechte für alle garantiert, eben damit die Mehrheit nicht einfach willkürlich aus Hass einer Minderheit Rechte entziehen oder vorenthalten kann.

    Insofern ist deine Aussage, dass der Wille des Volkes in Bezug auf Minderheitenrechte umzusetzen sei ziemlich minderheitenfeindlich.

    Ich halte nichts von Volksentscheiden über Minderheitenrechte. Nichts ist antidemokratischer als wenn eine Mehrheit über die Rechte einer Minderheit entscheiden soll. Theoretisch könnte die Mehrheit einer Minderheit dann sogar das Wahlrecht entziehen.

    Volksentscheide können nur dann demokratisch sein, wenn sie über einen Gegenstand entscheiden, der alle in der Bevölkerung in gleicher Weise betrifft.
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